Assoziation - Aristoteles, Spinoza, Kant


Die »Assoziationsgesetze« der Späteren sind schon bei ARISTOTELES angedeutet, der Ähnlichkeit, Kontrast, Koëxistenz und Sukzession als Verbindungsprinzipien bestimmt (De insomn. 3). Hotan oun anamimnêskômetha, kinoumetha tôn proterôn tina kinêseôn' heôs an kinêthômen meth' hên allou tinos, kai aph' homoiou ê enantion ê tou synengys sia touto ginetai hê anamnêsis (De memor. 2). MAXIMUS VON TYRUS nimmt Sukzession, Nebeneinander, inneren Zusammenhang als Erinnerungsgrundlagen an (Dissert. 16, 7). Auf Koëxistenz von Vorstellungen gründet die Assoziation SPINOZA: »Si corpus humanum a duobus vel pluribus corporibus simul affectum fuerit semel, ubi mens postea eorum aliquod imaginabitur, statim et aliorum recordabitur« (Eth. II, prop. 18). So auch MALEBRANCHE (Rech. II, 23). Die Lehre von der »Ideenassoziation« (Assoziation of ideas) begründet LOCKE (Ess. II, C 33, § 5 f.). Er kennt nur Berührungsassoziationen (wie auch HOBBES) und interpretiert sie auch physiologisch durch Bewegungsreihen der »Lebensgeister« (s. d.), »d.ie, wenn sie einmal einen Weg genommen, diesen fortbehalten; durch das ofte Betreten wird er zu einem glatten Pfade, und die Bewegung vollzieht sieh so leicht, als wenn sie eine natürliche wäre« (l.c. § 6). Die Lehre erfährt ihre Ausbildung durch HARTLEY. Die Ursache der Assoziation besteht darin, daß oft wiederkehrende Wahrnehmungen Veränderungen im Gehirn hervorbringen (Observ. I, S. 3, 11). »Wenn einige Sensationen A, B, C... zureichend oft miteinander assoziiert sind, so erhalten sie eine solche Gewalt über die ihnen entsprechenden Ideen a, b, c..., daß eine dieser Sensationen A, wenn sie allein abgedrückt wird, vermögend ist, b, c... oder die Ideen der übrigen Sensationen in der Seele hervorzubringen. Es sind aber Sensationen assoziiert, wenn ihre Eindrücke entweder genau in dem Zeitpunkte oder in den unmittelbar folgenden Zeitpunkten geschehen« (l.c. S. 14). Es gibt synchronistische und sukzessive Assoziationen, Assoziationen vom Teil aufs Ganze, durch den Namen u.s.w. (l.c. S. 14 ff.).

Durch Assoziation entstehen zusammengesetzte Ideen und Vorstellungsreihen (trains) (l.c. S. 18). Physiologisch wird die Assoziation auch von PRIESTLEY und BONNET begründet. Letzterer führt sie auf die Leichtigkeit der Reproduktion mittelst der Anlagen in den Gehirnfibern zurück (Ess. de Psych. C. 6). Zum Prinzip des geistigen Lebens macht die Assoziation HUME, der (nebst HARTLEY) als Begründer der »Assoziationspsychologie« (s. d.) angesehen werden kann. Ihm ist die Assoziation eine Art »Anziehung in der geistigen Welt« (ähnlich später J. ST. MILL) (Treat. I, sct. 4, S. 23). Die Assoziation ist das »Prinzip des erleichterten Überganges von einer Idee zur andern« (On pass. 2). Die »connexion or Assoziation of ideas« ist das verknüpfende Band der Vorstellungen (l.c. S. 21). Sie erfolgt nach Ähnlichkeit (ressemblance), räumlichem oder zeitlichem Zusammensein (Berührung, contiguity in time or place), Kausalität (cause and effect) (l.c. S. 21). Die Assoziation ist die Quelle des Kausalbegriffs (s. d.) An HARTLEY und HUME schließen sieh an REID, DUGALD STEWART, ERASMUS DARWIN (Zoonom. u. Templ. of Nat.). JAMES MILL sucht die Ähnlichkeitsassoziation aus der Assoziation durch Berührung abzuleiten. Die Assoziation ist ein Grundprincip, eine »law of inseparable Assoziation« (»law of frequency«) (Anal. of the Phenom.). TH. BROWN, der die Assoziation dem Begriffe »simple suggestion« unterordnet, anerkennt nur ein Assoziationsgesetz. J. ST. MILL setzt das Assoziationsgesetz dem Gravitationsgesetz an Bedeutung gleich und spricht von einer »psychischen Chemie«, vermöge deren durch die Verbindung von Vorstellungen neue entstehen (Exam. p. 190). A. BAIN nimmt zwei Grundformen der Assoziation an: durch Kontiguität und Similarität. Er unterscheidet einfache und zusammengesetzte, sowie »constructive« Assoziationen. Die »law of contiguity« lautet: »Actions, sensations and states of feeling, occurring together or in close suggestion, tend to grow together, or cohere, in such a way that, when any one of them is afterward presented to the mind, the others are apt to be brought up in idea« (Sens. and Int.3, p. 327 ff.; als »Gesetz der Ordnung« schon bei PLATNER, als »Princip der identischen Reihenfolge« bei LIEBMANN, Analys. d. Wirkl.2, S. 449); H. SPENCER erklärt, »wenn irgend zwei psychische Zustände in unmittelbarer Aufeinanderfolge auftreten, so wird eine derartige Wirkung hervorgebracht, daß, sobald später der erste Zustand wiederkehrt, eine bestimmte Tendenz wirksam ist, auch den zweiten darauf folgen zu lassen« (Psychol. § 189, S. 443). Die Kontiguität löst sich auf in Ähnlichkeit der Beziehung, im Raum oder in der Zeit oder in beiden (l.c. § 111 ff. 120, S. 279). SULLY (Handb. d. Psychol. S. 165 ff.), LADD betonen die Kontiguität als assoziatives Grundgesetz. BALDWIN stellt ein »Gesetz der Korrelation« auf (Handb. of Psychol. I, 201). JAMES begründet die Assoziation physiologisch durch die »law of neural habit« (Princ. of Psychol. I, 553 ff., 566) und betont, Assoziation finde nur zwischen Vorstellungs elementen (Empfindungen) statt (l.c. S. 591 ff.; so auch WUNDT, s. unt., und VILLA, Einl. in d. Psychol. S. 347). JAMES ist Gegner des Assoziationismus. - Im Gegensatze zur Assoziationspsychologie betont HAMILTON die Ativität des Ich. Er führt die Assoziationsgesetze auf eine »law of redintegration« zurück, nach welcher Vorstellungen, die Teile eines Zusammenhangs bildeten, die Tendenz haben, einander zu reproduzieren. Vgl. HODGSON, Phil. of Reflect. I, 283 ff.

Die englische Assoziationspsychologie hat die deutsche (und französische Psychologie) stark beeinflußt. Wir betrachten hier erst die Bestimmungen des Assoziationsbegriffes vor dem Auftreten der eigentlichen Assoziationspsychologie. CHR. WOLF: »Si quae semel percepimus et unius perceptio denuo producatur..., imaginatio producit et perceptionem alterius« (Psych. emp. § 104). Das »Gesetz der Totalität« (Reproduktion eines Komplexes durch seine Teile) wird schon von Wolf ausgesprochen. Nach TETENS ist die Assoziation ein Gesetz der Phantasie und der Reproduction der Vorstellungen (Phil. Vers. I, 751). M. HERZ findet den Grund der Assoziation in der »Fertigkeit, welche jede Kraftäußerung auf der Stelle in der Seele erzeugt, dieselbe Tätigkeit mit minderer Anstrengung und folglich unter kleinerer Weile zu wiederholen« (Vers. üb. den Schwindel 1791, S. l24). KANT nennt die Assoziation den »subjektiven und empirischen Grund der Reproduktion nach Regeln« (Kr. d. r. V. S. 131). »Das Gesetz der Assoziation ist: Empirische Vorstellungen, die einander oft folgten, bewirken eine Angewohnheit im Gemüte, wenn die eine erzeugt wird, die andere auch entstehen zu lassen« (Anthr. I, § 29). PLATNER nimmt Ähnlichkeit, Gleichzeitigkeit, Ordnung als Assoziationsprinzipien an (Ph. Aphor. I, § 350 ff.), MAAS Koexistenz (Vers. üb. d. Einbild. 1797, S. 445) er erklärt (wie IRWING) die Assoziation physiologisch. FRIES versteht unter Assoziation die »Wiederverstärkung der geistigen Tätigkeiten durch ihre Beigesellung« und erklärt sie aus der Einheit des Lebens und Bewußtseins (Syst. d. Log. S. 56). Ihr Gesetz ist das der »Belebung unseres ganzen Innern durch die erhöhte Tätigkeit eines einzigen Teils« (Neue Kr. I, 159). Nach HEGEL ist die Assoziation der Vorstellungen als »Subsumtion der einzelnen unter eine allgemeine, welche deren Zusammenhang ausmacht, zu fassen« (Encykl. § 456). - HERBART bringt die Assoziation in Beziehung zum Begriffe unmittelbarer und mittelbarer Reproduktion (s. d.) und zu dem der »Reihen« (s. d.). Nach STEINHAL ist Assoziation »nur ein Verhältnis des Bewußtwerdens, Leitung der Bewußtheit, nämlich die durch eine andere, bewußte Vorstellung vermittelte Erhebung einer Vorstellung zur Höhe des Bewußtseins« (Einl. in d. Psych. S. 141). - J. H. FICHTE findet in der Vorstellungsassoziation nur die Wirkung der aneignenden Vorstellungstätigkeit des Geistes (Psych. I, 43. ff.). Nur ein Assoziationsgesetz gibt es. »Vorstellungen, welche... derselben Vorstellungsreihe angehören, erneuern sich gemeinsam, wenn eine aus der Reihe... reproduziert wird« (l.c. I, 437). CZOLBE bemerkt, daß der Kontrast als Assoziationsprinzip wegen der in ihm liegenden Ähnlichkeit (»die Extreme berühren sich«) wirkt (Gr. u. Urspr. d. m. Erk. S. 223). LOTZE erklärt Assoziation als »das gegenseitige Haften der Eindrücke aneinander«. (Mikrok. I, 235). LIPPS: »Um Dispositionen zu erregen, müssen Vorstellungen dazu in geeigneten Verhältnissen oder Beziehungen stehen. Wir bezeichnen diese Verhältnisse oder Beziehungen als Assoziationen« (Gr. d. Seel. S. 96). Es gibt »ursprüngliche« und »gewordene« Assoziationen. Die Prinzipien derselben sind Ähnlichkeit (Kontrast) und Gleichzeitigkeit (l.c. S. 96 ff.). HORWICZ betrachtet die Assoziation als Urphänomen des Zusammenhangs psychischer Vorgänge (Psych. Anal. I, 281, 369 f.). Jede Assoziation ist ursprünglich die Verknüpfung eines Triebes mit einer Empfindung, Bewegungsassoziation (l.c. II, 168 f.). ZIEHEN definiert die Assoziation als »Vorgang der Aneinanderreihung der Vorstellungen« (Leitf. d. ph. Psych.2, S. 140). Ihr Grundgesetz lautet: »Jede Vorstellung ruft als ihre Nachfolgerin entweder eine Vorstellung hervor, welche ihr inhaltlich ähnlich ist, oder eine Vorstellung, mit welcher sie oft gleichzeitig aufgetreten ist. Die Assoziation der ersten Art bezeichnet man auch als innere, die der zweiten auch als äußere Assoziation« (l.c. S. 194). Ziehen ist ausgesprochener Assoziationspsycholog. Früher war dies auch MÜNSTERBERG, der jetzt eine (vermittelnde) »Aktionstheorie« aufstellt (s. Apperzeptionspsychologie). JODL dehnt den Begriff der Asseeiation auf alle Bewußtseinsphänomene aus. »Von jedem erregten Teile des Bewußtseins pflanzt sich die Erregung stets auf diejenigen unbewußten Elemente fort, welche am stärksten mit demselben verbunden oder eins sind. Diesem Gesetze gemäß bezeichnet man die Wiederbringung des einen Bewußtseinselements durch das andere auch als Assoziation.« Es gibt Ähnlichkeits und Berührungs-Assoziationen (Lehrb. der Psych. S. 476 f.).


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