Idee - Aristoteles, Cicero, Plotin


Nach XENOKRATES ist die Idee aitia paradeigmatikê tôn kata physin aei synestôtôn (vgl. Prokl. in Plat. Parmen. 136 C). Die Ideenlehre bekämpft ARISTOTELES. Die Ideen seien bloß unnütze Verdoppelungen der Sinnendinge, ferner sei das »Teilhaben« der Dinge an den Ideen nur ein Bild ohne ontologischen Wert, endlich bestehe kein verständlicher Kausalzusammenhang zwischen Ideen und Dingen. Die gesonderte Existenz des Allgemeinen folgt nicht aus der Tatsache der Erkenntnis. Das Wesen und dasjenige, dessen Wesen es ist, können nicht voneinander getrennt existieren (doxeien an adynaton, einai chôris tên ousian kai hou hê ousia, Met. I 9, 991 a 11 squ., XIII bis XIV). Die Idee, als Einzelwesen gedacht, müßte mit den ihr unterstellten Einzeldingen ein gemeinsames Urbild haben, z.B. die einzelnen Menschen und die Idee des Menschen (autoanthrôpos) einen »dritten Menschen« (tritos anthrôpos, Met. I 9, 990 b 15; VII, 13; De soph. elench. 22). Das Allgemeine ist, als »Form« (s. d.) den Dingen immanent. - CICERO übersetzt idea durch »species«, »idea« (Acad. I, 8). »Nec vero ille artifex (Phidias) cum faceret Jovis formam, contemplabatur aliquem, e quo similitudinem duceret, sed ipsius in mente insidebat species pulchritudinis eximia quaedam, quam intuens, in eaque defixus, ad illius similitudinem artem et manum dirigebat. Ut igitur in formis et figuris est aliquid perfectum et excellens, cuius ad cogitatam speciem imitando referuntur ea, quae sub oculos ipsa cadunt: sic perfectae eloquentine speciem animo videmus, effigiem auribus quaerimus. Has rerum formas appellat ideas Plato, easque gigni negat, et ait semper esse ac ratione et intelligentia contineri« (Orat. C. 3). Bei den Stoikern werden die Ideen zu subjektiven Gedanken ohne eigene objektive Existenz, zu ennoêmata, phantasmata psychês (Stob. Ecl. I 12, 332; Plut., Plac. I, 10, Dox. D. 309). Einige Verwandtschaft mit den Ideen und Entelechien (s. d.) haben die logoi spermatikoi (s. d.).

Unkörperliche, geistige Kräfte als aktive selbständige Wesen sind die Ideen bei PHILO. Gott bedient sich ihrer zur Gestaltung der Materie (tais asômatois dynamesin, hôn etymon onoma hai ideai, De sacrif. II, 126; vgl. ZELLER, Philos. d. Griech. III 28, 362 f.). Die höchste Kraft ist der logos (s. d.), der Ort der Ideenwelt (ho ek tôn ideôn kosmos, De mundi opificio I, 4). Nach NIKOMACHUS sind die Idealzahlen Urbilder im göttlichen Geiste, Gedanken Gottes (Arithm. intr. I, 6). Nach PLUTARCH VON CHAERONEA gibt es Ideen als Urbilder der Dinge (Quaest. conv. VIII, 2, 4). LONGINUS nimmt die vom nous getrennte Existenz der Ideen an. Nach PLOTIN enthält der (objektive) Geist (nous) die Ideenwelt (Enn. III, 9; V, 5), welche das Reich des intelligiblen, wahren Seins ist. Die Ideen sind dem nous immanent hoti ouk exô tou nou ta noêta (Enn. III, 9; V, 1,1). Als Teilinhalte des nous sind die Ideen selbst noi, noerai dynameis, geistige Potenzen in den Dingen (Enn. IV, 8, 3). Das Seiende liegt im Denken, das Denken ist Denken des Seienden: holos men ho nous ta panta eidê, hekastos eidos nous hekastos (Enn. V, 9, 8). Ideen gibt es auch von Einzeldingen als solchen (Enn. V, 9, 12).


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