Wert

 

Wert ist das Korrelat, der Niederschlag, die Setzung des Wertens (Schätzens). Dieses besteht in der gefühlsmäßig-unmittelbaren oder urteilenden (beurteilenden) Beziehung eines Objekts auf ein (wirkliches oder mögliches, einzelnes oder allgemeines) Wollen, Bedürfen, Zwecksetzen. Wert ist (hat) etwas, insofern es in irgend einem Grade als begehrbar erscheint seiner Brauchbarkeit für einen zwecksetzenden Willen wegen. Ohne zwecksetzenden Willen, ohne Bedürfnis kein Wert. An sich (im erkenntnistheoretischen Sinne) gibt es keine Werte, aller Wert ist subjektiv und relativ, insofern er ein Subjekt überhaupt voraussetzt. Aber es gibt außer den individuell-subjektiven auch allgemein-objektive (allgemeingültige, anerkannte) Werte, d.h. Werte, die es für jedes gleichorganisierte Wesen sind oder sein sollen. es gibt ferner eingebildete und echte, wahre Werte, je nachdem die Wertung auf zufälligen Impulsen und Erwägungen, oder auf einem Werte beruht, dem die gesetzte Beziehung auf einen Zweck auch wirklich entspricht, und es gibt Eigen- und Fremdwert. Dasjenige, um dessentwillen etwas gewertet wird, ist das Wertfundament (die Wertgrundlage). Indirekten (mittelbaren) Wert hat alles, was geeignet ist, Wertobjekte zu schaffen. »Wert« heißt sowohl die Wertsetzung als auch das als wertvoll Beurteilte. Wertgefühle sind Gefühle, die sich an Wertungen knüpfen, die zu Wertungen gehören. Werturteil ist ein Urteil, in welchem (primär, oder reflexiv-sekundär) etwas als wertvoll (bezw. wertlos) gesetzt oder anerkannt wird. Nach der Qualität gibt es wirtschaftliche, ethische, ästhetische u. a. Werte. Die Art und die Intensität des Wertens macht innerhalb der geschichtlichen Entwicklung einen Wandel durch. Werten und Wert sind kausale Faktoren der Kulturentwicklung. Unwert ist negativer Wert, nicht bloßer Wertmangel. Bewerten ist Beurteilung des Wertgrades.

Gebrauchs- und Tauschwert unterscheidet AD. SMITH: »The word value, it ts to be observed, has two different meanings and sometimes expresses the utility of some particular objekt, and sometimes the power of purchasing other goods, which the possesion of that objekt conveys. The one may be called ›value in use‹, the other ›value in exchange‹« (Wealth of Nat.4, 1855, p. 13). - Nach KANT hat nur der sittliche Wille absoluten Wert. »Die Nützlichkeit oder Fruchtlosigkeit kann diesem Werte weder etwas zusetzen noch abnehmen« (Grundleg. zur Met. d. Sitt. 1. Abschn., S. 22 f.). - Nach G. E. SCHULZE richten sich die Werturteile immer nach den Gefühlen (Psych. Anthropol. S. 329). Auch nach FRIES bestimmt das Gefühl Wert und Unwert der Dinge (Psych. Anthropol. § 46). gut ist, »was nach Begriffen gefällt« (l. c. § 47). Nach BIUNDE ist das Gefühl das Prinzip aller Wertbestimmung der Dinge. Auf einem sinnlichen oder vernünftigen Gefallen beruht alle Wertschätzung. Das Gefühl für Kraft ist das höchste Wertungsprinzip (Empir. Psychol. II, 228 ff.). BENEKE erklärt: »Wir schätzen die Werte aller Dinge nach den (vorübergehenden oder bleibenden) Steigerungen und Herabstimmungen, welche durch dieselben für unsere psychische Entwicklung bedingt werden. Diese Steigerungen und Herabstimmungen aber können sich auf dreifache Weise für unser Bewußtsein ankündigen: 1) In ihrem unmittelbaren Gewirktwerden. 2) In ihren Reproduktionen als Einbildungsvorstellungen. Hierdurch wird die Wertschätzung der Dinge oder die praktische Weltansicht begründet. 3) In ihren Reproduktionen als Begehrungen, Wollungen etc., welche namentlich die Gesinnung des Menschen und die Grundlage seines Handelns bilden. In allen drei Formen messen wir die Werte der Dinge gegeneinander unmittelbar in dem Nebeneinandersein der durch sie bedingten Steigerungen oder Herabstimmungen, meistenteils ohne daß wir dies noch wieder in einem besondern Bewußtsein reflektierten« (Lehrb. d. Psychol.3, § 256). »Die Höhe der Steigerungen und Herabstimmungen, welche in uns entstehen, wird bedingt teils durch die Natur unserer Urvermögen, teils durch die Natur der Reize oder Anregungen, teils endlich durch die den tiefsten Grundgesetzen der psychischen Entwicklung gemäß erfolgenden Aneinanderbildungen der aus den Verbindungen beider hervorgehenden Akte. Inwieweit nun diese Faktoren für alle Menschen auf gleiche Weise gegeben sind, insoweit müssen auch ihre Produkte, d.h. die Wertschätzungen und Wollungen, in allen Menschen auf gleiche Weise gebildet werden: die einen mit höherer, die anderen mit niederer Steigerung und Spannung. Vermöge der hierdurch bedingten Abstufungen, welche sich bei allen Gütern und Übeln (Steigerungen und Herabstimmungen) mit der größten Klarheit und Entschiedenheit nachweisen lassen, ist eine für alle Menschen gültige praktische Norm gegeben. Inwiefern, in Kraft jener bei allen Menschen gleichen Entwicklungsmomente, eine Steigerung als eine höhere bedingt ist: insofern ist auch der Wert, welcher durch sie vorgestellt wird, allgemeingültig ein höherer« (l. c. § 257. vgl. Grundlin. d. Sittenlehre I, 231 ff.. Grundlin. d. Naturrechtes... I, 41 ff.). Diese allgemeingültige Norm ist das Sittliche. »Die völlig reine und ungestörte Entwicklung aller Wertvorstellungen und Begehrungen würde zugleich eine voll kommen sittliche sein, und die Vorschrift für das sittliche Handeln in der Formel ausgedrückt werden können, daß man in jedem Falle dasjenige tun solle, was nach der (objektiv- und Subjektiv-) wahren Wertschätzung als das Beste (das Natürlich- Höchste) sich ergibt« (Lehrb. d. Psychol. § 258. Grundlin. d. Sittenlehre II, 411 ff.. vgl. I, 89 ff.). Die Abweichungen von der sittlichen Norm sind der »übermäßige Schätzungsraum« (Lehrb. d. Psychol. § 259). Die richtige Wertschätzung kündigt sich mit dem Gefühl der Pflicht, des Sollens an (l. c. § 260 ff.. über Recht vgl. § 264 u. Grundlin. d. Naturrechtes... S. 84 ff., 102 ff.). Nach LOTZE ist ein unbedingt Wertvolles ein Widerspruch (Mikrok. II2, 314. vgl. S. 319). So auch nach L. KNAPP (Syst. d. Rechtsphilos. S. 173) u. a. Nach FECHNER ist Wert der »Maßstab der Güte« (Vorsch. d. Ästhet. i, 24). Im Werten kommt das Webersche Gesetz (s. d.) zur Geltung (Elem. d. Psychophys. I, 236). Nach ULRICI hat einen Wert für uns, was »zu unseren Wünschen und Absichten, Zwecken und Zielpunkten in Beziehung steht« (Gott u. d. Nat. S. 604). M. CARRIERE bemerkt: »Alles, was wir erfahren und tun, empfinden oder vollführen, bestimmt unser inneres Wesen und erweckt damit Lust oder Unlust unseres Selbstgefühls. dadurch ergibt sich uns sein Wert für uns, indem die Dinge, die Handlungen nicht gleichgültig sind, sondern unser Selbst hemmen oder fördern« (Sittl. Weltordn. S. 165). CZOLBE erklärt: »Der Wert jeder objektiven Sache besteht... in dem subjektiven Glücke, was man dafür erreicht« (Gr. u. Urspr. d. menschl. Erk. S. 11). ÜBERWEG bestimmt: »Wertunterschiede knüpfen sich unmittelbar an die psychischen Funktionen selbst, mittelbar aber an alles, was eben diese psychischen Funktionen bedingt. Ein Gut ist dasjenige, was solche psychischen Funktionen möglich macht, welche sich durch Lust- oder Achtungsgefühle als etwas Wertvolles bekunden« (Welt- u. Lebensansch. S. 433). Nach PAULSEN liegt der Wert in der Sache selbst, nicht in der Lust (Syst. d. Eth. I5, 266).

 


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