Phantasie - Kant

KANT begründet die Unterscheidung der (reinen, apriorischen) produktiven, Einheit der Erkenntnis ermöglichenden, von der reproduktiven, auf Erfahrung fußenden Einbildungskraft. »Die Einbildungskraft (facultas imaginandi), als ein Vermögen der Anschauungen auch ohne Gegenwart des Gegenstandes, ist entweder produktiv, d. i ein Vermögen der ursprünglichen Darstellung des letzteren (exhibitio originaria), welche also vor der Erfahrung vorhergeht, oder reproduktiv, der abgeleiteten (exhibitio derivativa), welche eine vorher gehabte empirische Anschauung ins Gemüt zurückbringt« (Anthropol. I, § 26). Die produktive Einbildungskraft verbindet Anschauung (Sinnlichkeit) und Verstand (Begrifflichkeit), ermöglicht die Anwendung der Kategorien (s. d) auf den Anschauungsinhalt vermittelst des »transzendentalen Schematismus« (s. d.). So ist sie eine der »subjektiven Erkenntnisquellen« (Krit. d. r. Vern. S. 126), welche als »reine Synthesis« (s. d.) aller Verbindung der Vorstellungen zugrunde liegt (l. c. S. 127), als »eine Bedingung a priori der Möglichkeit aller Zusammensetzung des Mannigfaltigen in einer Erkenntnis« (l. c. S. 128): als »produktive Synthesis«, denn die »reproduktive« »beruht auf Bedingungen der Erfahrung« (l. c. S. 129). Transcendental (s. d.) ist die Einbildungskraft, »wenn ohne Unterschied der Anschauungen sie auf nichts als bloß auf die Verbindung des Mannigfaltigen a priori geht« (l. c. S. 129). Sie bringt »das Mannigfaltige der Anschauung in ein Bild« (l. c. S. 130). »Wir haben also eine reine Einbildungskraft, als ein Grundvermögen der menschlichen Seele, das aller Erkenntnis a priori zum Grunde liegt. Verrnittelst deren bringen wir das Mannigfaltige der Anschauung einerseits mit der Bedingung dar notwendigen Einheit der reinen Apperzeption anderseits in Verbindung. Beide äußerste Enden, nämlich Sinnlichkeit und Verstand, müssen verrnittelst dieser transzendentalen Funktion der Einbildungskraft notwendig zusammenhängen, weil jene sonst zwar Erscheinungen, aber keine Gegenstände eines empirischen Erkenntnisses, mithin keine Erfahrung geben würden« (l. c. S. 133). »Einbildungskraft ist das Vermögen, einen Gegenstand auch ohne dessen Gegenwart in der Anschauung vorzustellen. Da nun alle unsere Anschauung sinnlich ist, so gehört die Einbildungskraft, der subjektiven Bedingung wegen, unter der sie allein den Verstandesbegriffen eine korrespondierende Anschauung geben kann, zur Sinnlichkeit. sofern aber doch ihre Synthesis eine Ausübung ihrer Spontaneität ist, welche bestimmend und nicht, wie der Sinn, bloß bestimmbar ist, mithin a priori den Sinn seiner Form nach der Einheit der Apperzeption gemäß bestimmen kann, so ist die Einbildungskraft sofern ein Vermögen, die Sinnlichkeit a priori zu bestimmen, und ihre Synthesis der Anschauungen, den Kategorien gemäß, muß die transzendentale Synthesis der Einbildungskraft sein, welches eine Wirkung des Verstandes auf die Sinnlichkeit und die erste Anwendung desselben (zugleich der Grund aller übrigen) auf Gegenstände der uns möglichen Anschauung ist« (l. c. S. 673). - J. G. FICHTE bestimmt die Einbildungskraft als vorbewußte, Objekte (s. d.), Anschauungs- und Denkformen (s. Kategorien) setzende Tätigkeit des Ich (vgl. Gr. d. g. Wissensch. S. 415. ähnlich SCHELLING, Syst. d. tr. Ideal. S. 223).


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