Metaphysik - Kant

Gegen die ontologische, aus Begriffen die Realität der Dinge an sich vermeintlich herausanalysierende, hierbei apodiktisch auftretende Metaphysik kämpft KANT in seiner Vernunftkritik, deren Ergebnis ist, daß eine transzendente Metaphysik eine Scheinwissenschaft sei und daß es nur eine kritisch-immanente Metaphysik, als Wissenschaft von den allgemeinsten, apriorischen (s. d.), der Erfahrung zugrunde liegenden, transzendentalen (s. d.) Begriffen (»Transzendentalphilosophie«, s. d.) geben könne. Früher definiert er: »Philosophia autem prima continens principia usus intellectus puri est metaphysica« (De mundi sens. sct. II, § 8). Den Übergang zur kritischen Periode bildet folgende Bemerkung: »Die Metaphysik, in welche ich das Schicksal habe verliebt zu sein,... leistet zweierlei Vorteile. Der erste ist, den Aufgaben ein Genüge zu tun, die das forschende Gemüt aufwirft, wenn es verborgeneren Eigenschaften der Dinge durch Vernunft nachspäht. Aber hier täuscht der Ausgang nur gar zu oft die Hoffnung... Der andere Vorteil ist der Natur des menschlichen Verstandes mehr angemessen und besteht darin: einzusehen, ob die Aufgabe aus demjenigen, was man wissen kann, auch bestimmt sei, und welches Verhältnis die Frage zu den Erfahrungsbegriffen habe, darauf sich alle unsere Urteile jederzeit stützen müssen. Insofern ist die Metaphysik eine Wissenschaft von den Grenzen der menschlichen Vernunft« (Träume ein. Geisterseh. II. T., II. Hpst., WW. II, 375). In der Vernunftkritik spricht Kant von der Metaphysik als von einer »ganz isolierten spekulativen Vernunfterkenntnis, die sich gänzlich über Erfahrungsbelehrung erhebt, und zwar durch bloße Begriffe« (Krit. d. r. Vern., Vorr. II, S. 16). Die Metaphysik ist eine »Philosophie über die ersten Grunde unserer Erkenntnis« (WW. II, 291), »man will vermittelst ihrer über alle Gegenstände möglicher Erfahrung (trans physicam) hinausgehen, um womöglich das zu erkennen, was schlechterdings kein Gegenstand derselben sein kann« (WW. VIII, 576). Die Apriorität der Metaphysik steht fest, sie ist »Erkenntnis a priori, oder aus reinem Verstande und reiner Vernunft«, sie muß »lauter Urteile a priori enthalten«, die insgesamt synthetisch (s. d.) sind; die metaphysische ist »jenseits der Erfahrung liegende« Erkenntnis (Prolegom. §1, 2, 4). »Gott, Freiheit und Seelenunsterblichkeit sind diejenigen Aufgaben, zu deren Auflösungen alle Zurüstungen der Metaphysik, als ihrem letzten und alleinigen Zwecke, abzielen« (Krit d. Urt. II, § 91). Die Frage: ist Metaphysik als Wissenschaft möglich? wird im transzendenten Sinne verneint (s. Dialektik), im immanenten, transzendentalen bejaht. Die »Kritik der reinen Vernunft« ist die »notwendige vorläufige Veranstaltung zur Beförderung einer gründlichen Metaphysik als Wissenschaft« (Krit. d. r. Vern., Vorr. II, S. 29). »Alle wahre Metaphysik ist aus dem Wesen des Denkungsvermögens selbst genommen und keineswegs darum erdichtet, weil sie nicht von der Erfahrung entlehnt ist, sondern enthält die reinen Handlungen des Denkens, mithin Begriffe und Grundsätze a priori, welche das Mannigfaltige empirischer Vorstellungen allererst in die gesetzmäßige Verbindung bringt, dadurch es empirisches Erkenntnis, d.h. Erfahrung, werden kann« (WW. IV, 362; Prolegom. § 57). Metaphysik (im guten Sinne) ist also »das System aller Prinzipien der reinen theoretischen Vernunftbegriffe durch Begriffe; oder kurz gesagt: sie ist das System der reinen theoretischen Philosophie« (Üb. d. Fortschr. d. Met. S. 99). Metaphysik ist eine »Wissenschaft von den Gesetzen der reinen menschlichen Vernunft und also Subjektiv«, »philosophia pura«, »Philosophie Über die Form« (Reflex. S. 106, 110). Das Übersinnliche, Jenseitige ist nur Gegenstand des Glaubens, der praktisch vernünftigen Betrachtung (l.c. S. 156). Die Metaphysik, d.h. materiale reine (apriorische) Philosophie, ist Metaphysik der Natur (Met. Anf. d. Naturwiss., Vorr. S. VII) und Metaphysik der Sitten (Moral). Sie soll »die Idee und die Prinzipien eines möglichen reinen Willens untersuchen« (WW. IV, 238). - Nach REINHOLD ist die Metaphysik »die Theorie der a priori bestimmten Gegenstände« (Theor. d. Vorstell. II, 486).

Nach KANT erhebt sich die Metaphysik häufig wieder zu einer Lehre vom Transzendenten (s. d.), das man durch intellektuelle Anschauung oder durch Dialektik (s. d.), teilweise gestützt auf die Annahme der Identität (s. d.) von Denken und Sein, erfassen zu können glaubt. - Anthropologisch (psychologisch) begründet die Metaphysik FRIES (Syst. d. Philos. 1804). CALKER nennt die Metaphysik »Urgesetzlehre« des Wahren, Guten, Schönen (Urges. 1820). -


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