Mensch (manisco, das Denkende): der höchstdifferenzierte irdische Organismus, das sprachbegabte, denkende, reflexionsfähige, selbstbewußte, persönliche, aktiv wollende, Ideen realisierende, vollbewußte Wesen, der Abschluß der organischen Entwicklung auf Erden, der Idee nach und potentiell schon in die »Anfänge« zu setzen; in der Zeit als Entwicklungsprodukt eines »Urmenschen« (»homo primigenius alalus«, HAECKEL) und tieränlicher Vorfahren zu betrachten. Im Menschen kommt die Natur zur Besinnung ihrer selbst, in ihm tritt sie sich selbst (als höhere Natur) gegenüber. Der Mensch ist das Culturwesen, das soziale Wesen par excellence, das Wesen, das eine wahre Geschichte hat.
ARISTOTELES nennt den Menschen ein: zôon politikon (Polit. I, 2). Die Stoiker erklären den Menschen als zôon logikon, thnêton, nou kai epistêmês dektikon (Sext. Empir. Pyrrh. hypot. II, 26; Stob. Ecl. II, 132). Nach PHILO ist der Mensch Gottes Ebenbild.
Nach dem Alten und Neuen Testament ist der Mensch das Ebenbild Gottes, das geistbegabte, vernünftige, sittliche Wesen, das zum Herrn der Erde bestimmt ist. Das Wesentliche im Menschen ist die Seele (wie auch bei PLATO): »Quid enim magis est homo, quam anima?« (HUGO VON ST. VICTOR, De sacr. II, 1, 11). Einen übersinnlichen Urmenschen (Adam) nehmen die Gnostiker an, auch die Kabbala (»Adam Kadwon«, s. d.), auch MANI. Nach JOH. SCOTUS ERIUGENA ist der Mensch als intelligibles Sein Ebenbild Gottes (De div. nat. IV, 7). Er faßt als Intelligibles alle Creaturen in sich (l.c. II, 4; III, 39). »Homo est notio quaedam intellectualis in mente divina aeternaliter facta« (l.c. V, 7; vgl. Adam Kadmon). ALBEBTUS MAGNUS betont: »Homo inquantum homo solus est intelleclus« (De intell. II, 8; Sum. th. II, 9). Nach THOMAS u. a. besteht der Mensch »ex spirituali et corporali substantia« (Sum. th. I, 75, 1). Der Mensch ist »animal rationale« (Contr. gent. III, 39; De pot. 8, 4 ob. 5). - Nach PARACELSUS besteht der Mensch aus Materie, ätherischem und göttlichem Wesen, er hat an allen drei Welten (s. d.) teil (Paragr. 2). Nach J. B. VAN HELMONT ist der Mensch ein in einem Körper wohnender Geist (Venat. scient. p. 25 f.).
Nach LEIBNIZ ist der Mensch ein kleiner Gott (Theod. I. B., § 147). Nach BONNET ist er ein »être mixte« aus Leib und Seele (Ess. analyt. I, 1, 4). HOLBACH sagt vom Menschen: »C'est un être matériel, organisé ou conformé de manière à sentir, à penser, à être modifié de certaines façons propres à lui seul, à son organisation« (Syst. de la nat. I, ch. 6, p. 80). LAMETTBIE nennt den Menschen eine »Maschine« (L'homme mach.). - Nach SWEDENBORG ist der Mensch seinem Innern nach ein Geist (De coelo, § 432 ff.). Nach DE BONALD »une intelligence servie par des organes«.
KANT betrachtet den Menschen (der außer dem empirischen einen »intelligiblen« Charakter, s. d., besitzt) als »Subjekt des moralischen Gesetzes«, als »Zweck an sich selbst«; »niemals bloß als Mittel« darf er behandelt werden (W. W. V, 91 f., 137 f.). Für die reflectierende Urteilskraft ist der Mensch der letzte Zweck der Natur (Krit. d. Urt. § 83). Die Menschheit in ihrer moralischen Vollkommenheit ist Gottes eingeborener Sohn (WW. VI, 155). SCHILLER sagt: »Alle andern Dinge müssen; der Mensch ist das Wesen, welches will« (WW. XII, 192); seine Freiheit betätigt er auch im Spiel (s. d.), in der Kunst. Der individuelle Mensch hat die Bestimmung, den »reinen idealischen Menschen« zu realisieren (Ästhet. Erz. 4. Br.). Eine sittliche Bestimmung hat der Mensch nach J. G. FICHTE, SCHLEIERMACHER U. a. »Die vollkommene Übereinstimmung des Menschen mit sich selbst... ist das letzte höchste Ziel des Menschen« (FICHTE, Bestimm. d. Gelehrt. 1. Vorl., S. 13). Nach TROXLER besteht der Mensch aus Geist, Seele, Leib, Körper (Blicke in d. Wes. d. Mensch. S, 30 ff.). CHR. KRAUSE setzt die Bestimmung des Menschen darin, »da, er seine eigene Wesenheit ( seinen Begriff) in der Zeit wirklich mache oder gestalte, in unendlicher Bestimmtheit, individuell, als ein Individuum.. Oder: daß er ein ganzer, vollwesentlich und vollständig, gleichförmig ausgebildeter Mensch...werde« (Abr. d. Rechtsphilos. S. 5). Es gibt eine »Allmenschheit«, »Menschheit des Weltalls« als Idee (Urb. d. Menschh. S. 147, 164 ff.). Alle Menschen sind ursprünglich ein Wesen (l.c. S. 7). Die Menschheit ist ein Organismus (l.c. S. 59), sie soll sich zu einem »Menschheitsbund« vereinigen (l.c. S. 287 ff.). »Die Menschheit des Weltalls ist ein organisches Wesen in Gott, als das eine Vereinwesen der Vernunft und der Natur, von Gott ewig geschaffen« (l.c. S. 287; vgl. S. 18, 25). Nach J. H. FICHTE ist der Mensch ein geschichtsbildendes Wesen (Psychol. II, S. XX). Aufs höchste werten den Menschen L. FEUERBACH, COMTE (die Menschheit ist das quasigöttliche »grand être«), M. STIRNER, NIETZSCHE (S. Übermensch). - Nach verschiedenen Philosophen ist der Mensch ein »Mikrokosmos« (s. d.). Vgl. SUABEDISSEN, Lehre von d. Mensch. 1829; B. VETTER, Die mod. Weltansch. u. d. Mensch, 4. A., 1903 GUTBERLET, Der Mensch2, 1903. Vgl. Teleologie, Anthropologie, Übermensch.