Erklärung

Erklärung: 1)- Definition (s. d.). So sind nach PLATNER Erklärungen »wörtliche Ausdrücke passender deutlicher Begriffe« (Phil. Aphor. I, § 535). Es gibt empirische und philosophische Erklärungen (l. e. § 537). G. E. SCHULZE versteht unter Erklärung »die Angabe der einem Begriffe zukommenden Merkmale« (Gr. d. allg. Log.3, S. 224). 2) - Aufzeigung des Zusammenhanges, aus dem eine Tatsache zu begreifen ist, Darlegung nicht bloß des »Was« hoti, wie bei der Beschreibung, s. d.), sondern auch des »Warum« dioti, des zureichenden Grundes einer Tatsache, der Gesetzmäßigkeit eines Geschehens.

In der älteren und scholastischen Philosophie nimmt die Erklärung meist eine spekulativ-konstruktive (begriffliche) Form an (rationale Erklärung). Später tritt die kausale Erklärung auf. So schon bei HOBBES, GALILEI, KEPLER, DESCARTES u. a. Nach BERKELEY heißt erklären »zeigen, warum wir bei bestimmten Anlässen mit bestimmten Ideen affiziert werden« (Princ. I), Zurückführen des einzelnen Geschehens auf allgemeine Regeln (l.c. CV). CHR. WOLF: »Wenn ein deutlicher Begriff ausführlich, das ist so beschaffen wird, daß er nicht mit mehreren Dingen als von einer zukommet, und sie daher durch ihn von allen andern ihres gleichen zu allen Zeiten können unterschieden werden, so nenne ich ihn eine Erklärung« (Vern. Ged. von d. Kr. d. m. Verst.9, S. 44). KANT definiert: »Erklären heißt von einem Prinzip ableiten« (Krit. d. Urt. § 78). Nach FRIES wird etwas erklärt, »wenn nicht nur nachgewiesen, was sich ereignet hat, sondern bewiesen wird, warum es nach allgemeinen Gesetzen sich gerade so ereignen mußte« (Syst. d. Log. S. 297). SCHOPENHAUER bestimmt: »Eine Sache erklären heißt ihren gegebenen Bestand oder; Zusammenhang zurückführen auf irgend eine Gestaltung des Satzes vom Grunde, der gemäß er sein muß, wie er ist« (Vierf. Wurz. § 50). COMTE versteht unter Erklärung die Unterordnung besonderer Tatsachen unter allgemeinere Tatsachen (Cours de phil. posit. I, 1ère leç.). VOLKMANN nennt »Erklärung der psychischen Phänomene« die »Zurückführung der allgemeinen Klassen der bloß zeitlichen Erscheinungen unserer Innenwelt auf das ihnen zugrunde liegende wirklich Geschehene und die Aufstellung der Gesetze, denen gemäß jene aus diesem hervorgehen« (Lehrb. d. Psychol. I4, 2). Nach HELMHOLTZ ist Erklärung »Zurückführung der einzelnen Fälle auf eine unter Bestimmten Bedingungen einen bestimmten Erfolg hervorrufende Kraft« (Vortr. u. Red. II4, 187). Eine Erscheinung erklären bedeutet nach LAZARUS, »ihre Bedingungen oder das Gesetz ihrer Entstehung nachweisen.« (Leb. d. Seele I2, S. VI). HUSSERL: »Erklären im Sinne der Theorie ist das Begrifflichmachen des Einzelnen aus dem allgemeinen Gesetz und dieses letzteren wieder aus dem Grundgesetz« (Log. Unt. II, 20). PAULSEN: »Eine Erscheinung erklären, heißt in den Naturwissenschaften überall nichts anderes, als eine Formel finden, unter der sie als Fall begriffen ist, mit deren Hilfe sie vorhergesehen, berechnet, unter Umständen auch herbeigeführt werden kann« (Einl. in d. Philos. S. 82). WUNDT versteht unter Naturerklärung die »Feststellung der regelmäßigen Beziehungen, welche sich durch die experimentelle und vergleichende Untersuchung zwischen den Objekten der Beschreibung ergeben«. Sie findet da statt, »wo von einem Gegenstande Beziehungen logischer Abhängigkeit irgend welcher Art ausgesagt werden« (Phil. Stud. XIII, 99). Wundt ist gegen die Zurückführung der Erklärung auf bloße Beschreibung (s. d.). So auch R. GOLDSCHEID (Zur Eth. d. Gesamtwill. I. 28).

Eine Reihe von Forschern führt den Begriff der Erklärung auf den der (vollständigen) »Beschreibung« (s. d.) zurück. So R. MAYER, dem eine Tatsache erklärt ist, wenn sie »nach allen ihren Seiten hin bekannt ist«, so KIRCHHOFF. Nach ihm ist es die Aufgabe der Mechanik, »die in der Natur vor sich gehenden Bewegungen zu beschreiben, und zwar vollständig und auf die einfachste Weise zu beschreiben«, d.h. anzugeben, »welches die Erscheinungen sind, die stattfinden, nicht aber darum, ihre Ursachen zu ermitteln« (Vorles. üb. d. math. Phys.2, 1877, Vorr.). So auch H. HERTZ, E. MACH, OSTWALD. REINKE: »Die Natur erklären heißt sie beschreiben« (Welt als Tats. S. 48 ff.). Auch die Aufzeigung der nächsten Ursachen ist ein Stück Beschreibung (l.c. S. 56). NIETZSCHE bemerkt: »Erklärungen nennen wir's: aber ›Beschreibung‹ ist es, was uns vor älteren Stufen der Erkenntnis und Wissenschaft auszeichnet. Wir beschreiben besser - wir erklären ebensowenig wie alle Früheren« (WW. V, 112). H. CORNELIUS: »Überall wird die Erklärung dadurch zuwege gebracht, daß das Vereinzelte als Glied eines größeren Zusammenhanges aufgefaßt wird und dadurch den Charakter des Ausnahmsweisen verliert, uns als ein in diesem Zusammenhange Notwendiges verständlich wird.« Es wird so stets eine »Vereinfachung unserer Erkenntnis« bewirkt (Einl. in d. Philos. S. 30 f.). Die »wissenschaftliche Erklärung« bleibt innerhalb der Grenzen der Erfahrung, sie besteht in einer begrifflichen Zusammenfassung von Merkmalen, ist »rein erfahrungsmäßige oder empirische Erklärung« im Gegensatze zu »dogmatischen« Erklärungen (l.c. S. 36). Jede empirische Erklärung ist »zusammenfassende Darstellung oder Beschreibung einer größeren Reihe von Erfahrungen unter einem einheitlichen Gesichtspunkt«, »vereinfachende zusammenfassende Beschreibung unserer Erfahrungen« (l.c. S. 38; Psychol. S. 4 f.). Vgl. Psychologie.


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