Unsterblichkeit - Lotze, Czolbe

LOTZE erklärt: »Nichts kann uns... hindern, die Sterblichkeit der Seelen im allgemeinen zu behaupten. aber es kann sein, daß die zurücknehmbare Position einer Seele im Laufe der Welt dennoch nicht zurückgenommen wird« (Med. Psychol. S. 164). »Ist in der Entwicklung eines geistigen Lebens ein Inhalt realisiert worden von so hohem Werte, daß er in dem Ganzen der Welt unverlierbar erhalten zu werden verdient, so werden wir glauben können, daß er erhalten wird« (ib.). Sicher ist nur, es werde alles, was entstanden, »ewig fortdauern, sobald es für den Zusammenhang der Welt einen unveränderlichen Wert hat, aber es werde selbstverständlich wieder aufhören zu sein, wenn dies nicht der Fall ist« (Grdz. d. Psychol. S. 74. Met.2, S. 487). Nach PLANCK kann »nur in der selbstlos universellen Betätigung, nicht in der eigenen (individuellen) Fortdauer« der höchste Zweck des Geistes liegen (Testam. ein. Deutschen, S. 501). Das ist auch die Ansicht von WUNDT. Die individualistische Unsterblichkeitsidee ist egoistisch, hedonistisch (Syst. d. Philos.2, S. 671 ff.). Gefordert wird mit Recht nur, »daß alle geistigen Schöpfungen einen absoluten, unverstörbaren Wert besitzen« (l. c. S. 674, vgl. S. 670 ff.). Jede geistige Kraft behauptet ihren unvergänglichen Wert in dem Werdeprozess des Geistes (l. c. S. 673 f.). Nach E. v. HARTMANN ist nicht das Ich, sondern das metaphysische Subjekt unsterblich (Philos. d. Unbew.3, S. 707). so auch A. DREWS (Das Ich, S. 299 ff.). An Stelle der Unsterblichkeit setzt NIETZSCHE die »ewige Wiederkunft« (g. Apokatastasis). - Nach FECHNER ist das Jenseits »nur die Erweiterung des diesseits schon in Gott geführten Lebens« (Tagesans. S. 39). Das sinnliche Anschauungsleben als solches erlischt, es folgt ein »Erinnerungsleben im höheren Geist« (l. c. S. 41. Zend-Av. II, 191), wobei die Individualität der Seele erhalten bleibt (Zend-Av. II, 192 ff.). Der Tod ist eine zweite Geburt (l. c. S. 200). Die Wirkungen des Leibes leben (als der »geistige Leib« des Paulus) weiter (l. c. S. 202). Eine Gemeinschaft der Geister im Jenseits, im Allgeist besteht (I. c. S. 222). Teilnahme am Selbstbewußtsein des höheren Geistes findet statt (l. c. S. 215). Himmel und Hölle sind »Gemeinsamkeiten verschiedener Zustände und Verhältnisse« (l. c. S. 222 ff.. vgl. Büchl. vom Leb. nach d. Tode5, 1887). Ähnlich lehrt BR. WILLE (Offenbar. d. Wachholderb. II, 49 u. ff.). Nach RENAN lebt der Mensch, wo er wirkt. »Das menschliche Leben zeichnet wie eine Zirkelspitze durch seine moralische Kehrseite eine kleine Furche in den Schoß der Unendlichkeit.« »In dem Gedächtnisse Gottes sind die Menschen unsterblich« (Dial. u. Fragm. S. 101 ff.). Nach DURAND DE GROS ist die Seele substantiell, nicht ihrem Bewußtsein nach, unsterblich (Ontolog et Psychol. physiol. 1871). Nach SCHUPPE ist das allgemeine, zeitlose Bewußtsein unsterblich (Grdz. d. Eth. S. 393). Tod und Geburt »betreffen nur die Korektion des einen in allen identischen Bewußtseins überhaupt in einem Leibe« (l. c. S. 395). Nach H. CORNELIUS ist »die Behauptung der Verstörung unseres psychischen Lebens durch den Tod wissenschaftlich so wenig berechtigt, als die Behauptung der Fortdauer unseres psychischen Lebens nach dem Tode« (Einl. in d. Philos. S. 321). - Nach L. FEUERBACH ist der Gedanke der Unsterblichkeit der Ausdruck eines Wunsches (WW. X, 209 ff.). »Ewig ist der Mensch, ewig ist der Geist, unvergänglich und unendlich das Bewußtsein, und ewig werden daher auch Menschen, Personen, Bewußte sein. Du selbst aber als bestimmte Person, nur Objekt des Bewußtseins, nicht selbst das Bewußtsein, trittst notwendig einst außer Bewußtsein und an deine Stelle kommt eine neue frische Person in die Welt des Bewußtseins« (WW. III, 72). Ähnlich ehrt D. FR. STRAUSS (Der alte u. d. neue Glaube). B. CARNERI betont: »Der Geist ist unzerstörbar wie die Materie. aber der einzelne Geist ist zerstörbar wie der einzelne Körper« (Sittlichk. u. Darwinism. S. 341f.). CZOLBE meint: »Nimmermehr die Unsterblichkeit, nur der Tod auf ewig ist ein wahrhaft befriedigender Abschluß des Lebens, ist für den Begriff der Harmonie der Welt notwendig« (Gr. u. Urspr. d. menschl. Erk. S. 180). E. HAECKEL erklärt: »Unsterblichkeit im wissenschaftlichen Sinne ist Erhaltung der Substanz«. »Der ganze Kosmos ist unsterblich« (Der Monism. S.24. Welträtsel). Ahnlich L. BÜCHNER und andere Materialisten (s. d.). Nach GIZYCKI ist Unsterblichkeit Leben im Geiste anderer Menschen (Moralphilos. S. 365 ff.). - Vgl. FERGUSON, Grdz. d. Moralphilos. S. 105, 118. B. H. BLASCHE, Philos. Unsterblichkeitslehre, 1831. J. ROYCE, The Idea of Immortality, 1900. V. BERNIES, Spiritualité et immortalité, 1901. MÜNSTERBERD, Grdz. d. Psychol. I, 397 (vgl. Seele). SPIESS, Entwicklungsgesch. d. Vorstellungen vom Zustand nach dem Tod 1877. HENNE AM RHYN, Das Jenseits, 1880. E. RHODE, Psyche. B. TEMPLER Die Unsterblichkeitslehre bei d. jüd. Philosophen d. Mittelalters, 1895. Vgl. Tod, Seelenwanderung.


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