Methode - Kant

KANT versteht unter Methode »die Art und Weise, wie ein gewisses Objekt, zu dessen Erkenntnis sie anzuwenden ist, vollständig zu erkennen sei. Sie muß aus der Natur der Wissenschaft selbst hergenommen werden« (Log. S. 16). »Die scientifische oder scholastische Methode unterscheidet sich von der populären dadurch, daß jene von Grund- und Elementar- Sätzen, diese hingegen vom Gewöhnlichen und Interessanten ausgeht« (l.c. S. 228). »Die analylische Methode ist der synthetischen entgegengesetzt. Jene fängt von dem Bedingten und Begründeten an und geht zu den Prinzipien fort (a principiatis ad principia), diese hingegen geht von den Prinzipien zu den Folgen oder vom Einfachen zum Zusammengesetzten. Die erstere könnte man auch die regressive, sowie die letztere die progressive nennen« (l.c. S. 230). »Die syllogistische Methode ist diejenige, nach welcher in einer Kette von Schlüssen eine Wissenschaft vorgetragen wird« (l.c. S. 230 f.). Nach FRIES ist die Methode »eine Handelsweise, die an notwendige Regeln gebunden ist« (Syst. d. Log. S. 508). Nach HEGEL ist die Methode »der sich selbst wissende, sich als das Absolute... zum Gegenstand habende Begriff«, »der reine Begriff, der sich nur zu sich selbst verhält«, der »sich begreifende Begriff« (Log. III, 330, 352). Ähnlich K. ROSENKRANZ (Syst. d. Wiss. S. 123 ff.). Nach HINRICHS ist die Methode »das Wissen, das sich sowohl als Sein als auch als Denken... gegenständlich ist«. Sie ist nicht bloß ein Äußerliches. Analysis und Synthesis sind in ihr unzertrennlich (Grundlin. der Philos. d. Log. S. 232 ff.). HERBART bestimmt die Methode als »die allgemeine Angabe der Art und Weise, aus Prinzipien etwas abzuleiten« (Lehrb. zur Einleit. in d. Philos. § 13). Nach BACHMANN ist die Methode das sichere, kunstgerechte Fortschreiten in der Wissenschaft (Syst. d. Log. S. 358). »Die wahre Methode der Wissenschaft ist analytisch und synthetisch zugleich, aber nicht aus ihnen zusammengesetzt, sondern als Indifferenz, so daß diese beiden nur die besonders hervorspringenden Pole derselben sind. Von Tatsachen ausgehend, sucht sie die absoluten Prinzipien der Erkenntnis, sowohl der Form als des Gehalts, und aus den gefundenen ist sie bemüht, synthetisch die ganze Fülle der Wissenschaft hervortreten zu lassen« (l.c. S. 361). Das ist die kritische Methode (l.c. S. 362). »Die Methode in ihrer lebendigen Bewegung sowohl von den Gegebenen zur Idee, als von der Idee zu ihrer Offenbarung in den einzelnen Momenten, ist die Dialektik«, d.h. »die Wissenschaft in ihrer organischen Entwicklung« (l.c. S. 371). - Nach W. HAMILTON ist die Methode »the regulated procedure towards a certain end« (Lect. on Met. and Log. IV, XXIV ff., p. 3). Nach TEICHMÜLLER ist die Methode »a priori bestimmt, weil sie aus der Natur des Denkens und nicht aus der Natur der zufällig gegebenen Gegenstände des Denkens herstammt« (Neue Grundleg. S. 240). Die Methode ist »diejenige Ordnung der geistigen Funktionen, durch welche die objektiven Coordinaten einer gesuchten Erkenntnis zum Bewußtsein gebracht werden« (l.c. S. 324). Von einer »sachlogischen« Methode spricht E. DÜHRING. Nach GUTBERLET bezeichnet »Methode« »eine solche Zusammenordnung der Mittel, daß durch dieselbe das Ziel am besten erreicht wird« (Log. S. 136). Nach HAGEMANN zeigt die heuristische Methode »den Weg, auf welchem der Stoff einer Wissenschaft in möglichster Genauigkeit und Vollständigkeit zu finden ist« (Log. u. Noet.5, S. 106). Nach B. ERDMANN ist die Methode »die Art und Weise einer Wissenschaft, gültige Urteile über ihren Gegenstand zu gewinnen« (Log. I, 11). Nach M. PALÁGYI gibt es nur zwei wissenschaftliche Methoden: die »Methode der direkten Besinnung« ( physische M., Induktion) und die »Methode der conträren Besinnung« (metaphysische oder logische M., Deduktion) (Log. auf dem Scheidewege S. 241 f.). H. COHEN (Log.) und NATORP (Plat. Ideenl.) fassen die »Methode« erkenntniskritisch als gesetzmäßige Vereinheitlichung der Erfahrungsinhalte durch die synthetische Tätigkeit des Denkens auf. - HUSSERL betont, »daß alle wissenschaftlichen Methoden, die nicht selbst den Charakter von wirklichen Begründungen... haben, entweder denkökonomische Abbreviaturen und Surrogate von Begründungen sind, die, nachdem sie selbst durch Begründungen ein für allemal Sinn und Wert empfangen haben, bei ihrer praktischen Verwendung zwar die Leistung aber nicht den einsichtigen Gedankengehalt von Begründungen in sich schließen; oder daß sie mehr oder weniger komplizierte Hilfsverrichtungen darstellen, die zur Vorbereitung, zur Erleichterung, Sicherung oder Ermöglichung künftiger Begründungen dienen« (Log. Unt. I, 23).

J. ST. MILL stellt vier Methoden induktiv- wissenschaftlicher Forschung auf: 1) Methode der Übereinstimmung (»Method of agreement«): »Wenn alle beobachteten Fälle einer zu erforschenden Naturerscheinung nur einen einzigen Umstand gemein haben, so ist dieser Umstand, in welchem allein alle Fälle übereinstimmen, der betreffenden Erscheinung wesentlich, entweder Ursache oder Wirkung derselben.« 2) Methode der Unterscheidung (Differenzmethode, »Method of difference«): »Wenn ein Fall, in welchem die zu erforschende Naturerscheinung eintritt, und ein Fall, in welchem sie nicht eintritt, alle Umstände gemein haben mit Ausnahme eines einzigen, der nur im ersten Falle vorkommt, so ist dieser Umstand, wodurch allein die beiden Fälle sich unterscheiden, der betreffenden Naturerscheinung wesentlich.« 3) Methode der Reste (Rückstände, »Method of residues«): »Wenn man von einem Teile einer Erscheinung durch schon gemachte Induktion weiß, daß er Wirkung eines bestimmten Umstandes ist, so schließt man, daß der übrige Teil (Rückstand oder Rest) der Erscheinung durch die restierenden Umstände bedingt ist.« 4) Methode der sich begleitenden Veränderungen (»Method of concomitant variations«): »Wenn eine Erscheinung sich verändert, so oft eine andere in einer eigentümlichen Weise sich verändert, so ist sie entweder Ursache oder Wirkung der andern oder ist durch irgend einen Kausalnexus damit verknüpft« (Log. I, C. 8, S. 453 ff.; vgl. SIGWART, Log. II2, 470 ff.). Vgl. WUNDT, Log. II2, 1; DUHAMEL, Des méthodes dans les sciences de raisonnement 1866/72; A. COURNOT, Des méthodes dans les sciences de raisonnement 1865; W. SMITH, Methods of Knowledge 1899; M. F. SCHELER, Die transzendentale und die psychol. Methode 1900. Vgl. Methodenlehre, Methodisch, Analyse, Synthese, Ausschlußverfahren, Beweis, Demonstration, Definition, Psychologie, Psychophysik, Naturwissenschaft.


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