Nach HEGEL ist die Einbildungskraft »das Hervorgehen der Bilder aus der eigenen Innerlichkeit des Ich, welches nunmehr deren Macht ist« (Encykl. § 455 ff.. Ästhet. I, 53. vgl. MICHELET, Anthrop. S. 279 ff., 290 ff.. K. ROSENKRANZ, Psychol.3, S. 347 ff.. ERDMANN, Grundr. § 101). - H. RITTER nennt Einbildungskraft das Vermögen der Vernunft, sich Gemeinbilder vorzustellen (Abr. d. philos. Log.2, S. 48). Ähnlich LICHTENFELS, welcher eine negative und eine positive (aber keine »schöpferische«) Tätigkeit der Einbildungskraft unterscheidet (Gr. d. Psychol. S. 76 ff.). - Nach CHR. KRAUSE ist die Phantasie (»Urbildkraft«) ursprünglich (unbewußt) produktiv (Vorles. üb. d. Syst. S. 198 ff.), indem in ihr der Geist das Leibliche im Raume entwirft, erschaut (l. c. S. 200. vgl. Vorles. üb. d. psych. Anthropol.. AHRENS, Cours de psychol. II, p. 116. LINDEMANN. Lehre vom Mensch. § 255). HERBART (Lehrb. zur Psychol.3, S. 145), SCHILLING (Lehrb. d. Psychol. S. 106 ff.), STIEDENROTH (Psychol. I, 174), LINDNER (Empir. Psychol. S. 92 ff., 135) u. a. leiten das »freie Phantasieren« aus der Reproduktion (s. d.) der Vorstellungen ab. Nach VOLKMANN ist die Einbildungskraft »kein Seelenvermögen, sondern ein Inbegriff von in den Vorstellungen selbst liegenden Kräften« (Lehrb. d. Psychol. I4, 497). Die »Neuheit« ist die charakteristische Eigenschaft der Einbildung. »Neu wird aber ein Ganzes durch Weglassung alter, durch Hinzufügung neuer Teile, oder durch Verbindung von beidem. Dies gibt die alte Einteilung: der Einbildungskraft in abstrahierende, determinierende und combinierende« (l. c. S. 499). Nach BENEKE macht die Einbildungskraft im weitesten Sinne mit den Empfindungs- und Wahrnehmungsvermögen zum Teil ein und dasselbe psychische Sein aus (Lehrb. d. Psychol.3, § 207. Psychol. Skizz. I, 448 ff.). »Einbildungsvorstellungen im engeren Sinne heißen diejenigen unter den innerlich gebildeten Vorstellungen, welche sich durch eine besondere Frische (Fülle und Höhe der Reize) auszeichnen.« Die Einbildungskraft auch im engeren Sinne ist kein besonderes Vermögen neben dem Vorstellungsvermögen (l. c. § 108. vgl. Psychol. Skizz. I, 450 ff.. II, 136 ff.. Pragmat. Psychol. I, 232 ff.). - Nach GALUPPI ist »l'imaginazione« »la potenza dello spirito di avere nell' assenza di un oggetto sensibile la sua idea« (Elem. d. filos. I, 181). Wie ULRICI (Leib u. Seele S. 567: unbewußt wirkende vis plastica, vis intuitiva, Einbildungskraft, Phantasie) betrachtet J. H. FICHTE (Anthropol. S. 358) die Einbildungskraft als unbewußt gestaltende Seelentätigkeit (Psychol. I, 462 ff.). Phantasie ist die durch den Trieb beeinflußte, individualisierte Vernunft (l. c. II, 84, 95, 101. vgl. I, 21, 94 f., 202, 463, 658 f.). Die Phantasie ist universales Organ der »Eingebung«, Vermittlerin einer übersinnlichen Welt (l. c. I, 712 f.). Die Phantasie übt eine analytisch-synthetische und symbolisierende Tätigkeit aus (l. c. I, 480 ff.). Es gibt eine allgemeine Urphantasie (l. c. I, 525, 679, 718). So auch nach FROHSCHAMMER, welcher von der subjektiven die objektive, unbewußte, schöpferische Weltphantasie unterscheidet und unter Phantasie überhaupt die geistige »Bildungskraft« versteht (Die Phantas. als Grundprinc. d. Weltproc. S. 192 ff.). Phantasie ist »das Vermögen, das Geistige in sinnliche (oder sinnlich-psychische) innere Formen, Vorstellungen zu bringen« (Monad. u. Weltphantasie S. 7). Bei allen Geistesfunktionen ist sie mittätig (ib.). Sie ist auch das (unter Gott stehende) gestaltende Prinzip im Unbewußten, in der Natur (l. c. S. 10). Sie schafft mittelst der Naturkräfte (Gesetze) den Organismus, mittelst der organischen Kräfte die psychischen Fähigkeiten, die Seele, die sich zum Ich differenziert (l. c. S. 46 f.). - Nach RENOUVIER ist die Phantasie vom Gedächtnis nicht prinzipiell verschieden (Nouv. Monadol. p. 116). Es gibt »imagination constructive« und »produktive« (l. c. p. 123 ff.). Ähnlich H. SPENCER (Psychol. II, § 492), BALDWIN (Handb. of Psychol. I2, ch. 12, p. 213 ff.: »passive« und »constructive imagination«), SULLY (Handb. d. Psychol. 61. 203 ff.. Hum. Mind, ch. 10), STOUT (Analyt. Psychol. II, ch. 11). Vgl. HAMILTON, Lect. on Met. and Log. II, XXIII, p. 259 ff.. MC COSH, Cogn. Powers II, 5. CARPENTER, Ment. Physiol. ch. 12. MAUDSLEY, Physiol. of Mind ch. 9. JAMES, Princ. of Psychol. II, 44 ff.. J. WARD, Enc. Brit. XX, p. 57 f.. RABIER, Psychol. ch. 17 ff.. JOLY, L'imaginat.