[Der natürliche Preis der Arbeitsprodukte]


Lösung. Es ist irgend ein Arbeitsprodukt als bleibender Maßstab alles Wertes festzusetzen, und der Wert aller übrigen Arbeitsprodukte darauf zurückzuführen. Dass jenes Arbeitsprodukt ein Lebensmittel, und zwar das allergemeinste und gebräuchlichste Lebensmittel sein müsse, z.B. ein Quantum Korn (ein Scheffel), ergibt sich von selbst; denn die Lebensmöglichkeit ist ja der ideelle Maßstab alles Wertes der Arbeit. (Dass dieses Quantum, z.B. der Scheffel Korn, selbst unveränderlich müsse erhalten werden, versteht sich). Man muss, sei es auch nur im Gedanken, eine Zeit der Festsetzung dieses Wertes annehmen. Zu dieser Zeit muss der Grundmaßstab, z.B. der Scheffel Korn, wirklich das wert sein; sein nicht willkürlich zu setzender, sondern durch Nationalreichtum bestimmter Wert muss gefunden sein. Der Scheffel Korn nährt so lange einen einzelnen Menschen: setzen wir vier aliquote Zeitteile: diese sind in dem vorausgesetzten Staate wert drei gleiche Zeitteile Arbeit. So viel, und nicht mehr, aber auch nicht weniger Arbeit muss er dem Landbauer kosten. Kostet er ihm mehr, so ist er nicht zu seinem Eigentum, kostet er ihm weniger, so sind die anderen arbeitenden Stände nicht zu dem Ihrigen gekommen: Einer von Beiden muss für die Muße des Andern, ohne gleiche Muße zu gewinnen, arbeiten.

Also er muss ihm grade so viel kosten von seiner Zeit; es versteht sich nach Abzug der an den Staat zu leistenden Abgaben; welches überall das Erste ist, was der Bürger leisten muss. (Es wird sich zeigen, dass in einem solchen Staate die Abgaben unmittelbar nur vom Landbauer gezogen werden können, und dass allein auf diese Weise das Mittel gefunden ist, alle Bürger ohne Ausnahme auf gleiche Weise die Staatslast tragen zu lassen). Es versteht sich von selbst, dass der Staat grade so viel an Abgaben ziehen soll, als er für seinen Zweck bedarf; dass er ferner wisse, was er bedarf, und wirklich zieht. Daraus folgt, dass er auch in jedem Augenblicke bestimmt übersehen kann, welche Zeit des Lebensunterhaltes eine bestimmte Zeit der Arbeit fürs Erste dem Landbauer, als dem Grundstande, geben könne, da er die drei Faktoren, Produktion des gesamten Ackerbaues auf dem Staatsgebiete, das, was er selbst von dieser Summe als Abgabe abzieht, und die Anzahl der arbeitenden Bürger, immerfort weiß.

Nach diesem Grundmaßstab ist nun der natürliche Preis aller andren Arbeitsprodukte, der andren Lebensmittel und Fabrikate zu finden, und dem gemäß festzusetzen. Was auf der Oberfläche des Staates durch Arbeit gewonnen wird, ist zu schätzen nach seinem Werte im Korn, z.B. nach Mäßchen, nicht Groschen u. dergl.: es kostet einen solchen Teil des Scheffels, ein Mäßchen, so viele Mäßchen. Das Pfund Fleisch, der Arbeitslohn eines Rocks, weil nach dem gewöhnlichen Maßstabe der Viehbesitzer oder der Schneider eben so viel Zeit Arbeit aufgewendet hat, als der Kornbauer auf einen solchen Teil des Scheffels Korn.

Lassen Sie uns dies noch anschaulicher machen an Folgendem: Teilet die Zahl der Einwohner eines Staates in 400 gleiche Teile, so wird, bei der vorausgesetzten Ergiebigkeit des Bodens, der Ackerbau durch die Arbeit von ¾ Jahr erzeugen müssen 400jährige Portionen Lebensmittel.

Man setze ferner, von diesen 400 Einwohnern seien 100 Staatsdiener, 100 Künstler, so bleiben für den Ackerbau übrig 200. Diese behalten von den gewonnenen, und in ihren Händen sich befindenden 400 Portionen 200 für sich, für ihre eigene Erhaltung. 100 geben sie ab an die Staatsdiener, ohne irgend einen sichtbaren Ersatz. Bis jetzt war kein eigentlicher Tausch. Nun aber weiter. Gegen das 4te Hundert sind alle Erzeugnisse des in diesem Staate durch das Gesetz geordneten Kunstfleißes, welche die Künstler bei ¾jährigem anzumutendem Fleiße gearbeitet haben müssen, einzutauschen, und müssen eingetauscht werden, weil der Künstlerstand Lebensmittel von Rechtswegen gegen seine Arbeit bekommen soll. Da 100 Künstler sind, so ist 1/100 des ganzen Fabrikates wert einer jährigen Portion Lebensmittel, und umgekehrt eine jährige Portion Lebensmittel wert 1/100 des ganzen Fabrikats, nicht mehr und nicht weniger. Sollte der Hundertteil mehr wert sein, so gewönne der Künstler Muße auf Kosten des Landbauern, im entgegengesetzten Falle der Landbauer auf Kosten des Künstlers, und immer wäre Einem von Beiden sein Eigentum verkümmert.

Nun teile man die jährige Portion Lebensmittel in gleiche Teile, z.B. Scheffel, und diese wieder in ihre Teile; eben so teile man die Portion von jähriger Arbeit des Künstlers, als etwa das Tuch des Tuchmachers, in gleiche Teile, z.B. Ellen; so wird sich etwa finden, dass die Arbeit des Tuchmachers an der Elle Tuch (die Wolle gibt wieder eine andre Berechnung) wert sei so viel Mäßchen Korn, und dass der Landbauer weder mehr noch minder dafür entrichten muss, wenn nicht Einem von Beiden Unrecht geschehen soll.

Wie soll nun dieses 4te Hundert in die Hände der Künstler kommen? Zuvörderst die Staatsbeamten sollen nicht bloß essen, sondern sie haben auch ihren Anspruch an den auf sie kommenden Anteil an den Produkten des Kunstfleißes. Diesen können sie vom Künstler erlangen nur gegen die gebührenden Portionen Lebensmittel, die sie nur erhalten können aus den Händen des Landbauers, und zwar ohne Ersatz. Dieser müsste ihnen sonach auch noch diese Austauschmittel als Abgabe geben. Was von dem 4ten Hundert auf diese Weise noch übrig bleibt, haben sie zum Austausch. Es versteht sich, dass auch kein einzelner Künstler bloß von Lebensmitteln lebt, sondern der übrigen Erzeugnisse des Kunstfleißes bedarf; dass ihm darum nicht bloß sein Leben, sondern auch das Leben Aller, die indessen für ihn arbeiten, ersetzt werden muss. 

Lassen Sie uns dieses deutlicher machen an dem äußeren Wandel des Wertes, da der innere bleibt.

Man setze: der Wohlstand des Landes steigt, teils durch größere Ergiebigkeit des Ackerbaues, teils durch Steigerung der Künste; so werden teils mehrere Hände dem Ackerbaue entzogen, und den Künsten gewidmet werden können, teils werden selbst diese wenigeren mehr produzieren, als vorher in derselben Zeit produziert wäre. Doch ist an sich die Summe ihrer Arbeit nicht mehr wert, als die Portionen ihres Unterhaltes, die auf sie kommen. Ferner auch bleibt ein Scheffel Korn, was er war, teils äußerlich, teils innerlich. Da aber mehrere Erzeugnisse des Kunstfleißes für dieselbe Portion Korn zu haben sind, so werden diese wohlfeiler, und um so viel, als recht, ist durch Teilung im Preise herabgesetzt. Hat denn nun auch der Landbauer Teil am allgemeinen Wohlstande? Hat sein Korn in der Tat denselben Preis behalten? Nein; es ist auch teurer geworden, denn er bekommt mehr Waren dafür. Also beides ist im verhältnismäßig teurer geworden, d.i. es hat mehr Wert, ungeachtet Keiner von Beiden übervorteilt wird.

So wie daher der Wohlstand in einem Staate gewinnt, so steigt bei einer solchen Einrichtung des Tausches auf die gleiche Weise auch der Wohlstand aller Einzelnen. Alle arbeiten weniger und bekommen für ihre Arbeit mehr der Arbeit des Andern, weil für Alle die Natur, durch Vernunft und Verstand gezogen, mit arbeitet.


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