Karl Ferdinand Wiesike.
Letzten Ruhestätte


Der Ausschmückung seines zeitlichen Hauses widmete Wiesike durch ein halbes Jahrhundert hin nur wenig Sorgfalt, desto mehr seiner letzten Ruhestätte, nachdem ihm 1865 die Frau gestorben war. Im genannten Jahre beschloß er – vielleicht nicht ganz unbeeinflußt durch den eigenartigen Friedhof der Humboldts in Tegel – einen Begräbnisplatz in seinem Park herzurichten, und ging auch sofort an die Ausführung dieses Beschlusses. Als ich (wie erzählt) 1874 zum ersten Male nach Villa Wiesike kam, war dieser Begräbnisplatz schon vorhanden und fesselte mich weniger durch seine Schönheit – darüber wäre zu streiten gewesen – als durch eine gewisse Originalität der Anlage. Ein etwa dreihundert Schritt langer Fliedergang führte zu einem großen, von einer Fliederhecke kreisförmig umstellten Rondell: inmitten dieses Rondells ein quadratisches Eisengitter und wiederum inmitten dieses Gitters ein Sockelbau mit einer Granitpyramide samt drei Grabstellen und einem Blumenbeet. Dies Blumenbeet in Front. In Front auch ein Marmorrelief »Hygiea und Psyche« darstellend (mit der Legende: Mens sana in corpore sano), an beiden Seiten des Obelisken aber die Medaillenporträts des Wiesikeschen Ehepaars: Karl Ferdinand Wiesike und Julie Wiesike, geb. Tannhäuser. Endlich, an der Rückfront, nicht Bild, nicht Porträt, wohl aber die Inschrift: »Wilhelmine Rolle; ihren langjährigen treuen Diensten zum Gedächtniß«. Nur erst Julie Wiesike, geb. Tannhäuser, hatte von den genannten Dreien ihre Grabstelle schon bezogen, wovon, außer dem eingravierten Todesdatum, auch der Efeuhügel Zeugnis gab. Die beiden andern, der alte Herr und die treue Dienerin seines Hauses, freuten sich noch des himmlischen Lichts und traten täglich an die Stelle, wo sie, früher oder später, ebenfalls ihre Ruhestätte finden sollten. Ursprünglich, was nicht vergessen werden darf, war auch diese Stätte bestimmt gewesen, neben der Bestattung der Familie dem Kultus des Genius zu dienen, und statt »Hygiea und Psyche« hatten Hahnemann und Schopenhauer und des weiteren die Büsten von Aeschylus, Bach und Kant den diese Stelle Besuchenden begrüßen sollen. Es war aber schließlich doch Abstand von dieser Lieblingsidee genommen worden, einerseits um Verwirrung und andererseits um den Schein der Prätention zu vermeiden. Seitdem ist der alte Wiesike selber heimgegangen (11. Oktober 1880) und ruht nun ebenfalls zu den Füßen des Obelisken, weshalb es sich geziemen mag, diesen Kapitelabschnitt mit dem Versuch einer Wiesikeschen Charakteristik zu schließen.

 

*

 




Share
 © textlog.de 2004 • 18.04.2024 14:46:42 •
Seite zuletzt aktualisiert: 13.11.2007 
bibliothek
text
  Home  Impressum  Copyright I. Ruppin  f.  II. Oder  f.  III. Havel  f.  IV. Spree  f.  V. Schlösser  f.