3. Blutgesetzgebung gegen die Expropriierten seit Ende des 15. Jahrhunderts. Gesetze zur Herabdrückung des Arbeitslohns

 

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221) Der Verfasser des "Essay on Trade etc.", 1770, bemerkt: "Unter der Regierung Edwards VI. scheinen sich die Engländer in der Tat mit vollem Ernst auf Encouragierung der Manufakturen und Beschäftigung der Armen verlegt zu haben. Dies ersehn wir aus einem merkwürdigen Statut, worin es heißt, daß alle Vagabunden gebrandmarkt werden sollen" usw. (l.c.p. 5.)

221a) Thomas Morus sagt in seiner "Utopia" [p. 41. 42]: "So geschieht's, daß ein gieriger und unersättlicher Vielfraß, die wahre Pest seines Geburtslandes, Tausende von Acres Land zusammenpacken und innerhalb einer Umpfählung oder einer Hecke einzäunen, oder durch Gewalt und Unbill ihre Eigner so abhetzen kann, daß sie gezwungen sind, alles zu verkaufen. Durch ein Mittel oder das andre, es mag biegen oder brechen, werden sie genötigt fortzutrollen - arme, einfältige, elende Seelen! Männer, Weiber, Gatten, Frauen, vaterlose Kinder, Witwen, jammernde Mütter mit ihren Säuglingen und der ganze Haushalt, gering an Mitteln und zahlreich an Köpfen, da der Ackerbau vieler Hände bedurfte. Weg schleppen sie sich, sage ich, aus der bekannten und gewohnten Heimstätte, ohne einen Ruheplatz zu finden; der Verkauf von all ihrem Hausgerät, obgleich von keinem großen Wert, würde unter andren Umständen einen gewissen Erlös geben; aber plötzlich an die Luft gesetzt, müssen sie ihn zu Spottpreisen losschlagen. Und wenn sie umhergeirrt, bis der letzte Heller verzehrt ist, was anders können sie tun außer stehlen und dann, bei Gott, in aller Form Rechtens gehangen werden, oder auf den Bettel ausgehn? Und auch dann werden sie ins Gefängnis geschmissen, als Vagabunden, weil sie sich herumtreiben und nicht arbeiten; sie, die kein Mensch an die Arbeit setzen will, sie mögen sich noch so eifrig dazu erbieten." Von diesen armen Flüchtlingen, von denen Thomas Morus sagt, daß man sie zum Diebstahl zwang, "wurden 72.000 große und kleine Diebe hingerichtet unter der Regierung Heinrich des Achten". (Holinshed, "Description of England". v. I. p. 186.) Zu Elisabeths Zeiten wurden "Landstreicher reihenweise aufgeknüpft; indes verstrich gewöhnlich kein Jahr, worin nicht 300 oder 400 an einem Platz oder dem andren dem Galgen anheimfielen". (Strype. "Annals of the Reformation and Establishment of Religion, and other Various Occurences in the Church of England during Queen Elisabeth's Happy Reign,", 2nd ed. 1725, vol. II.) Nach demselben Strype wurden in Somersetshire in einem einzigen Jahr 40 Personen hingerichtet, 35 gebrandmarkt, 37 ausgepeitscht und 183 "verzweifelte Bösewichter" freigegeben. Dennoch, sagt er, "schließt diese große Zahl der Angeklagten nicht 1/5 der peinlichen Verbrechen ein, dank der Fahrlässigkeit der Friedensrichter und dem albernen Mitleid des Volkes". Er fügt hinzu: "Die andren Grafschaften in England waren in keiner beßren Lage als Somersetshire und viele selbst in einer schlechteren."

222) "Wann immer die Gesetzgebung versucht, die Differenzen zwischen Unternehmern und ihren Arbeitern zu regeln, sind ihre Ratgeber immer die Unternehmer" sagt A. Smith. "Der Geist der Gesetze ist das Eigentum", sagt Linguet.

223) [B.Byles,] "Sophisms of Free Trade. By a Barrister", Lond. 1850. p.2 06. Er setzt maliziös hinzu. "Wir waren stets bei der Hand, für den Anwender einzuschreiten. Kann nichts geschehn für den Angewandten?"

224) Aus einer Klausel des Statuts 2 Jakob I., c. 6, ersieht man, daß gewisse Tuchmacher sich herausnahmen, den Lohntarif offiziell als Friedensrichter in ihren eignen Werkstätten zu diktieren. - In Deutschland waren namentlich nach dem Dreißigjährigen Krieg Statuten zur Niederhaltung des Arbeitslohns häufig. "Sehr lästig war den Gutsherrn in dem menschenleeren Boden der Mangel an Dienstboten und Arbeitern. Allen Dorfsassen wurde verboten, Kammern an ledige Männer und Frauen zu vermieten, alle solche Inlieger sollten der Obrigkeit angezeigt und ins Gefängnis gesteckt werden, falls sie nicht Dienstboten werden wollten, auch wenn sie sich von andrer Tätigkeit erhielten, den Bauern um Taglohn säten oder gar mit Geld und Getreide handelten. ('Kaiserliche Privilegien und Sanctiones für Schlesien', I, 125.) Durch ein ganzes Jahrhundert wird in den Verordnungen der Landesherrn immer wieder bittre Klage geführt über das boshafte und mutwillige Gesindel, das sich in die harten Bedingungen nicht fügen, mit dem gesetzlichen Lohn nicht zufrieden sein will; dem einzelnen Gutsherrn wird verboten, mehr zu geben, als die Landschaft in einer Taxe festgesetzt hat. Und doch sind die Bedingungen des Dienstes nach dem Krieg zuweilen noch besser, als sie 100 Jahre später waren; noch erhielt das Gesinde 1652 in Schlesien zweimal in der Woche Fleisch, noch in unsrem Jahrhundert hat es ebendort Kreise gegeben. wo sie es nur dreimal im Jahr erhielten. Auch der Taglohn war nach dem Kriege höher als in den folgenden Jahrhunderten. (G. Freytag.)

225) Artikel I dieses Gesetzes lautet: "Da eine der Grundlagen der französischen Verfassung in der Aufhebung aller Arten von Vereinigungen der Bürger desselben Standes und Berufs besteht, ist es verboten, sie unter irgendwelchem Vorwand oder in irgendwelcher Form wiederherzustellen." Artikel IV erklärt, daß, wenn "Bürger, die zum selben Beruf, Gewerbe, Handwerk gehören, zusammen beratschlagten und gemeinsame Abmachungen träfen, die darauf abzielen, die Leistungen ihres Gewerbes oder ihrer Arbeit zu verweigern oder nur zu einem bestimmten Preis zu gewähren, so sind besagte Beratungen und Abmachungen ... als verfassungswidrig und als Attentate auf die Freiheit und die Menschenrechte zu erklären usw.", also Staatsverbrechen, ganz wie in den alten Arbeiterstatuten. ("Révolutions de Paris", Paris 1791, t. III, p. 523.)

226) Buchez et Roux, "Histoire Parlementaire", t. X, p. l93-195 passim.

 


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