Klima Irlands

 

Wakefield widmet dem Klima ein sehr ausführliches Kapitel, worin er alle früheren Beobachtungen bis auf seine Zeit herab zusammenstellt. Dr. Boate ("Natural History of Ireland", 1645) beschreibt die Winter als mild, 3-4 Fröste jährlich, die selten mehr als 2-3 Tage anhalten, der Lilley bei Dublin friere in 10-12 Jahren kaum einmal zu. Der März sei meist trocken und schön, darauf aber falle viel Regen; selten gäbe es im Sommer 2-3 ganz trockne Tage hintereinander; im Spätherbst sei es dann wieder schön. Sehr trockne Sommer seien selten, die Teurung werde nie durch Dürre, sondern meist durch Nässe veranlaßt. In der Ebene gäbe es wenig Schnee, so daß das Vieh das ganze Jahr im Freien bleibe. Doch zuweilen komme auch ein Schneejahr vor wie 1635, wo dann die Leute Mühe hätten, ihr Vieh unterzubringen. (Wakef., I, p. 216ff.)

Im Anfange des vorigen Jahrhunderts machte Dr. Rutty ("Natural History of the County of Dublin") genaue meteorologische Beobachtungen, die sich über die fünfzig Jahre von 1716 bis 1765 erstrecken. Während dieser ganzen Zeit verhielten sich die Süd- und Westwinde zu den Nord- und Ostwinden wie 73 : 37, (10.878 S und W gegen 6.329 N und O). Herrschende Winde waren West und Südwest, nach ihnen kam Nordwest und Südost, am seltensten Nordost und Ost. Im Sommer, Herbst und Winter herrschen West und Südwest vor; Ost ist am häufigsten im Frühjahr und Sommer, wo er doppelt sooft vorkommt wie im Herbst und Winter; Nordost kommt meist im Frühjahr vor, ebenfalls doppelt so häufig wie im Herbst und Winter. Infolgedessen sei die Temperatur gleichmäßiger, [seien] die Winter milder, die Sommer kühler als in London, dagegen die Luft feuchter. Selbst im Sommer saugen Salz, Zucker, Mehl usw. Feuchtigkeit aus der Luft ein, und das Korn müsse in Backöfen getrocknet werden, was in einigen Teilen von England nicht vorkomme. (Wakef., I, p. 172-81.)

Rutty konnte damals das irische Klima nur mit dem von London vergleichen, das, wie in ganz Ostengland, allerdings trockener ist. Hätte ihm aber Material über West- und besonders Nordwestengland zur Verfügung gestanden, so würde er gefunden haben, daß seine Beschreibung des irischen Klimas, die Verteilung der Winde über das Jahr, die nassen Sommer, in denen Zucker, Salz pp. in ungeheizten Räumen zerfallen, ganz auf diesen Landstrich paßt, nur daß dieser im Winter kälter ist.Über den meteorologischen Charakter der Jahreszeiten hat Rutty ebenfalls Listen geführt. In den erwähnten 50 Jahren gab es 16 kalte, späte oder zu trockne Frühjahre; etwas mehr als in London. Ferner 22 heiße und trockne, 24 nasse, 4 veränderliche Sommer; etwas feuchter als in London, wo die Zahl der trocknen oder der nassen Sommer gleichkommt; ferner 16 schöne, 12 nasse, 22 veränderliche Herbste, wieder etwas feuchter und veränderlicher als in London; und 13 frostige, 14 nasse und 23 milde Winter, was bedeutend feuchter und milder ist als in London.

Nach den Regenmessungen im botanischen Garten in Dublin während der zehn Jahre 1802-1811 kam in dieser Zeit auf jeden Monat folgende Gesamtregenmenge in Zöllen: Dezember 27,31; Juli 24,15; November 23,49; August 22,47; September 22,27; Januar 21,67; Oktober 20,12; Mai 19,50; März 14,69; April 13,54; Februar 12,32; Juni 12,07; Durchschnitt per Jahr 23,36. (Wakf., I, p. 191.) Diese zehn Jahre sind ausnahmsweise trocken; Kane ("Ind. Res.", p. 73) gibt den Durchschnitt von 6 Jahren in Dublin auf 30,87 Zoll und Symons ("English Rain Fall") den von 1860-1862 auf 29,79 Zoll an. Wie wenig aber bei den rasch vorübergehenden, bloß lokalen Regenschauern Irlands dergleichen Messungen bedeuten, wenn sie sich nicht über eine lange Reihe von Jahren erstrecken und an sehr vielen Stationen vorgenommen werden, beweist u.a. die Tatsache, daß von drei Stationen in Dublin selbst die eine 24,63, die andre 28,04, die dritte 30,18 Zoll als Regenmenge für 1862 erhielt. Die Durchschnittsregenmenge von 12 Stationen in allen Teilen Irlands (von 25,45 auf 51,44 Zoll variierend) betrug nach Symons in den Jahren 1860-1862 nicht ganz 39 Zoll.

Dr. Patterson sagt in seinem Buch über das Klima Irlands:

"Die Häufigkeit unsrer Regenschauer, nicht aber die Regenmenge selbst hat die beliebte Vorstellung von der Nässe unsres Klimas erzeugt ... Zuweilen wird im Frühjahr die Aussaat etwas durch nasses Wetter verzögert, aber unsre Frühjahre sind so oft kalt und spät, daß frühe Aussaat hierzulande nicht immer rätlich ist. Wenn im Sommer und Herbst häufige Schauer unsre Heu- und Kornernten riskant machen, so würden Wachsamkeit und Fleiß in solchen Notfällen ebenso erfolgreich sein, wie sie es in England bei den dortigen 'schleunigen' Ernten (catching harvests) sind, und verbesserte Kultur würde dafür sorgen, daß die Aussaat die Bemühungen des Landmanns unterstützte."12)

In Londonderry wechselte die Zahl der regenfreien Tage in den 10 Jahren 1791-1802 von 113 auf 148 im Jahr; Durchschnitt über 126. In Belfast stellte sich derselbe Durchschnitt heraus. In Dublin variierte die Zahl von 168 auf 205, Durchschnitt 179. (Patterson, ibid.) Nach Wakefields Angabe fallen die Ernten in Irland wie folgt: Weizen meist im September, seltener im August, selten im Oktober; Gerste meist etwas später als Weizen und Hafer ungefähr eine Woche später als Gerste, also schon öfter im Oktober. Wakefield, der nach langen Untersuchungen zu dem Resultat kommt, daß das Material für eine wissenschaftliche Schilderung des irischen Klimas noch lange nicht genüge, äußert sich nirgends dahin, daß es dem Kornbau ernstliche Schwierigkeiten in den Weg lege. Er findet vielmehr, wie sich zeigen wird, daß die Verluste bei nassen Erntezeiten durch ganz andere Ursachen bedingt werden, und sagt ausdrücklich:

"Der Boden Irlands ist so fruchtbar, das Klima so günstig, daß unter einem geeigneten Ackerbausystem die Insel nicht nur hinreichend Korn zu ihrem eignen Gebrauch hervorbringen wird, sondern auch noch einen reichlichen Überschuß, der zu allen Zeiten, wo es not tut, für die Bedürfnisse Englands dienen könnte." (II, p. 61.)

Damals freilich - 1812 - lag England im Krieg mit aller Welt in Europa und Amerika, und die Korneinfuhr war sehr erschwert; Korn war erstes Bedürfnis. Jetzt liefern Amerika, Rumänien, Rußland und Deutschland Korn genug, und es handelt sich vielmehr um wohlfeiles Fleisch. Und daher taugt jetzt das Klima in Irland nicht mehr zum Ackerbau.

 


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