Caird


Ein schottischer Agronom, Herr Caird, wurde nach der letzten Hungersnot 1849 von Sir |An dieser Stelle ist in der Handschrift über dem Wort "Sir" noch "Ministerium" zu lesen| Robert Peel nach Irland geschickt, um über Mittel zur Hebung des dortigen Ackerbaus zu berichten. In seiner bald darauf veröffentlichten Schrift über den Westen von Irland - nächst dem äußersten Nordwesten der schlechteste Teil des Landes - heißt es:

"Ich war sehr erstaunt, einen so großen Strich schönes, fruchtbares Land vorzufinden. Das Innere des Landes ist sehr eben und im allgemeinen steinig und trocken; der Boden trocken und krümelnd. Die Feuchtigkeit des Klimas erzeugt eine sehr beständige Vegetation, die ihre Vorteile und Nachteile hat. Sie ist vorteilhaft für Gras und Grünbau 7), bedingt aber auch bedeutende und anhaltende Anstrengung, um das Unkraut niederzuhalten. Der Überfluß an Kalk allerorts, sowohl im Felsen selbst, wie in der Gestalt von Sand und Geröll unter der Oberfläche, ist von größtem Wert."

Caird bestätigt ebenfalls, daß die ganze Grafschaft West Meath aus dem schönsten Weideland besteht. Von der Gegend nördlich von Lough Corrib (Grafschaft Mayo) heißt es:"Der größte Teil" (einer Farm von 500 Acres) "ist das schönste Mastland für Schafe und Rindvieh, trocknes, krümelndes, wellenförmiges Land, alles auf dem Kalkfelsen. Die Felder, üppiges, altgewurzeltes Gras, sind besser als irgend etwas, was wir, kleine Fleckchen ausgenommen, in irgendeinem Teil von Schottland haben, soviel ich mich wenigstens erinnere. Die besten Stellen dieses Bodens sind zu gut für den Pflug, doch könnte ungefähr die Hälfte mit Vorteil als Ackerland verwandt werden ... Die Schnelligkeit, womit der Boden auf diesem Untergrund von Kalkfels sich erholt und von selbst, ohne daß irgend etwas gesäet wird, sich wieder in Weideland verwandelt, ist sehr merkwürdig."8)

Hören wir schließlich noch eine französische Autorität 9):

"Von den beiden Abteilungen Irlands umfaßt die eine, der Nordwesten, den vierten Teil der Insel, nämlich ganz Connaught mit den angrenzenden Grafschaften Donegal, Clare und Kerry. Sie gleicht Wales und selbst in ihren schlimmsten Strichen den schottischen Hochlanden. Hier sind wieder 2 Millionen Hektaren wilden Landes, deren schauerlicher Anblick die irische Redensart erzeugt hat: Geh zur Hölle oder nach Connaught!10) Die andre, südöstliche und weit größere Abteilung umfaßt Leinster, Ulster und Munster oder ungefähr 6 Millionen Hektaren. Sie ist dem eigentlichen England an natürlicher Fruchtbarkeit mindestens gleich. Doch ist der Boden sich nicht überall gleich, die feuchten Niederschläge sind dort noch größer als in England. Große Torfmoore bedecken etwa 1/10 der Oberfläche; mehr als ein anderes Zehntel besteht aus Seen und Bergen. Aus den 8 Millionen Hektaren in Irland sind nur fünf Millionen angebaut." (p. 9, 10.) - "Selbst die Engländer geben zu, daß Irland, was den Boden betrifft, England überlegen ist. Von den obigen 8 Mill. Hektaren nehmen Felsgebirg, Seen und Torfmoor ungefähr 2 Mill. ein; 2 Mill. mehr sind ziemlich schlechtes Land. Der Rest, also etwa die Hälfte des ganzen Landes, ist prächtiges Land mit kalkigem Untergrund - was will man sich Besseres wünschen)" (p. 343.)

Man sieht, alle Autoritäten stimmen dahin ein, daß der Boden Irlands sowohl nach seinen chemischen Bestandteilen wie nach seiner mechanischen Zusammensetzung alle Elemente der Fruchtbarkeit in ungewöhnlichem Maße vereinigt. Die Extreme - zäher, undurchdringlicher Klei, der kein Wasser durchläßt, und loser Sand, der es keine Stunde behält - fehlen ganz. Dagegen hat Irland einen andern Nachteil. Während die Berge meist an der Küste liegen, sind die Wasserscheiden zwischen den verschiedenen Flußbecken im Innern meist sehr niedrig. Die Flüsse sind nicht imstande, das sämtliche Regenwasser zum Meer abzuführen, und so entstehen im Innern, besonders an den Wasserscheiden, ausgedehnte Torfmoore. In der Ebene allein sind 1.576.000 Acres mit Torfmoor bedeckt. Es sind meist Einsenkungen oder Mulden des Terrains, großenteils frühere flache Seebecken, die allmählich mit Moos und Sumpfpflanzen bewachsen und von deren abgestorbenen Resten ausgefüllt worden sind. Sie dienen, wie unsre norddeutschen Moore, nur zum Torfstechen. Die Kultur kann sich unter dem jetzigen Ackerbausystem nur langsam ihrer Ränder bemächtigen. Der Boden dieser alten Seebecken ist überall Mergel, der seinen Kalkgehalt (von 5-90% schwankend) von den Schalen der Süßwassermuscheln des Sees empfangen hat. Jedes dieser Torfmoore enthält also das Material zu seiner Urbarmachung in seinem eignen Schoß. Außerdem sind die meisten derselben reich an Eisenstein. Neben diesen Mooren der Ebene finden sich noch 1.254.000 Acres Bergmoor, eine Frucht der Entwaldung in einem feuchten Klima und eine eigentümliche Schönheit der britischen Inseln. überall, wo hier flache oder schwachgewölbte Kuppen entwaldet worden - was im 17. und der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts massenweise geschah, um die Eisenwerke mit Holzkohle zu versorgen -, bildete sich unter dem Einfluß des Regens und der Nebel ein Überzug von Torf, der später, wo die Verhältnisse günstig waren, an den Hängen sich fortsetzte. Der ganze Rücken der Gebirgskette, die Nordengland von Nord nach Süd bis gegen Derby hin durchschneidet, ist mit solchen Mooren bedeckt; und wo auf der Karte von Irland größere Gebirgsgruppen verzeichnet sind, da findet sich auch Bergmoor im Überfluß. Die Torfmoore Irlands sind aber an sich keineswegs für den Ackerbau hoffnungslos verloren; wir werden vielmehr seinerzeit sehn, welch reiche Früchte ein Teil sowohl von ihnen wie die von Lavergne verächtlich behandelten 2 Mill. Hektaren (= 5 Mill. Acres) "ziemlich schlechten Landes" bei geeigneter Behandlung zu tragen imstande sind.

 

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7) Grünbau (green crops) umfaßt alle künstlichen Futterkräuter, Rüben aller Art und Kartoffeln; alles, was nicht Korn, nicht Gras und nicht Gartenbau ist.

8) Caird, "The Plantation Scheme, or the West of Ireland as a field for investment", Edinburgh 1850. Herr Caird schrieb 1850-1851 in die "Times" Reiseberichte über den Zustand des Ackerbaus in den Hauptgrafschaften Englands. Obige Stellen finden sich pp. 6, 17-18, 121.

9) Léonce de Lavergne, "Rural Economy of England, Scotland and Ireland". Translated from the French. Edinburgh 1855.


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