§ 90. Die nähere Bestimmung der Wirkungsweise der Substanz


Ob aber gleich alles eine notwendige Wirkung Gottes ist, necessarius effectus Dei (»Epist.« 58), und aus Gottes Wesen folgt, so folgt doch nicht alles aus ihm auf gleiche oder dieselbe Weise, sondern die mit den allgemeinen, ewigen und unendlichen Bestimmungen oder Attributen gleich ewigen und unendlichen Beschaffenheiten oder Affektionen dieser Bestimmungen folgen auf unmittelbare Weise aus Gott, die weitern speziellern Bestimmtheiten aber dieser Beschaffenheiten oder diese Affektionen, wie sie selbst wieder auf irgendeine Weise bestimmt sind, und die endlichen Dinge nur auf eine mittelbare Weise.

Alles, was aus der unendlichen oder absoluten Natur eines Attributes Gottes folgt, mußte immer und unendlich existieren, oder es ist durch dasselbe Attribut ewig und unendlich. (»Eth.«, P. I, Pr. 21)

Alles, was aus einem Attribute Gottes folgt, inwiefern es auf eine solche Art und Weise bestimmt ist oder mit einer solchen (Beschaffenheit oder) Modifikation modifiziert ist, welche notwendig und unendlich durch dasselbe existiert, muß auch notwendig und unendlich existieren. (Pr. 22)

Jeder Modus daher oder jede Art und Weise, die notwendig und unendlich existiert, mußte notwendig folgen, entweder aus der absoluten Natur eines Attributes Gottes oder aus einer solchen Modifikation eines Attributes, welche notwendig und unendlich existiert. (Pr. 23)

Alles einzelne oder jedes Ding, welches endlich ist und bestimmte Existenz hat, kann nicht existieren noch zum Wirken bestimmt werden, wenn es nicht von einer andern Ursache, die auch endlich ist und bestimmte Existenz hat, zum Existieren und Wirken bestimmt wird, und wiederum diese Ursache kann auch nicht existieren noch zum Wirken bestimmt werden, wenn sie nicht von einer andern dazu bestimmt wird, welche gleichfalls endlich ist und zum Dasein und Wirken bestimmt wird, und so fort bis ins Unendliche. Denn das, was endlich ist und eine bestimmte Existenz hat, konnte nicht von der absoluten Natur eines Attributes Gottes hervorgebracht werden; denn alles, was aus der absoluten Natur eines Attributes Gottes folgt, ist ewig und unendlich; es konnte aber ebensowenig aus einer unendlichen Art und Weise (Modifikation oder Affektion) eines Attributes folgen; es kann daher nur zum Dasein und Wirken von Gott oder irgendeinem Attribut von ihm bestimmt werden, inwiefern es bestimmt ist mit einer Bestimmtheit, modifiziert mit einer Modifikation, welche endlich ist und bestimmte Existenz hat. (Pr. 28 u. Dem.)

Unmittelbar von Gott hervorgebracht ist daher, was aus seiner absoluten Natur notwendig folgt oder aus der absoluten Natur eines seiner Attribute, wie z.B. aus dem Denken der absolut unendliche Verstand, aus der Ausdehnung die Bewegung und Ruhe; mittelbar aber, was entweder vermittelst einer unendlichen Modifikation — wie z.B. vermittelst der Bewegung und Ruhe, inwiefern sie als unendliche Modifikationen betrachtet werden, die Form der ganzen Welt, die immer dieselbe bleibt, wenn sie sich gleich auf unendliche Weise verändert — oder vermittelst einer endlichen Modifikation, d. i. einer Modifikation, wie sie auf bestimmte (spezielle) Weise bestimmt ist, hervorgebracht wird (z.B. vermittelst der bestimmten Bewegung oder der Bewegung, wie sie auf endliche Weise bestimmt ist, die einzelnen körperlichen Dinge). (Pr. 28, Schol., u. »Epist.« 65, 66)


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