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Jacob Voorhoeve Homöopathie in der Praxis III. Behandlung der Krankheiten und erste Hilfe XIII. Verschiedene andere Krankheiten

[13. Fettsucht]

13. Fettsucht ist ein krankhafter Zustand, wobei sich das Fettgewebe auf Kosten der Muskeln und der Körperkräfte abnorm vermehrt. Solange das "Dickwerden," welches vom 40. bis 50. Lebensjahre häufig in die Erscheinung tritt, die Grenzen nicht überschreitet (d. h. wenn das Körpergewicht beim Manne nicht mehr als 90 Kilogramm und bei der Frau nicht mehr als 75 Kilogramm beträgt), braucht man nichts dagegen zu tun, es sei denn, daß bestimmte Beschwerden sich bemerkbar machen sollten. Derartige Beschwerden sind: Kurzatmigkeit, Herzklopfen, Schwindelanfälle, große Neigung zum Schwitzen und körperliche Schwäche. In schlimmeren Fällen kann auch das Herz mit angegriffen werden; alle diejenigen Personen, welche schnell dick geworden sind und Herzbeschwerden haben, werden deshalb gut tun, die Vorbeugungsmaßregeln gegen anfangende Herzverfettung, die wir auf Seite 148 besprochen haben, genau zu befolgen.

Die Ursachen der Fettsucht liegen, außer in einer gewissen Veranlagung, hauptsächlich in Mangel an Körperbewegung und körperlicher Arbeit, mit gleichzeitigem, übermäßigem Genuß von fett-, zucker- und milchhaltigen Nahrungsmitteln und besonders von Bier. Da bei der vielfach üblichen sitzenden Lebensweise die Atmung zu schwach ist, wird das Blut nicht genügend mit Sauerstoff versehen, und das Fett dementsprechend nicht genügend verarbeitet, sodaß es in den Geweben liegen bleibt. Eine weitere Folge ist, daß die Zahl der roten Blutkörperchen abnimmt, womit die Blutarmut zu dicker Leute hinreichend erklärt ist.

Zur Behandlung der Fettsucht sind mehrere Entfettungsmethoden vorgeschlagen worden, welche sämtlich nur unter ärztlicher Aufsicht durchgeführt werden dürfen. Die Banting-Kur, bei welcher fast ausschließlich Fleisch, Fisch und Eier genossen werden sollen, ist zuweilen sehr erfolgreich, aber meistens mit zu großen Beschwerden und Gefahren verbunden, um lange fortgesetzt zu werden. Bei der Ebstein-Kur ist außer dem Fleisch auch noch Fett erlaubt. Die besten Erfolge hat die Oertel-Schweninger-Kur aufzuweisen. Die Grundzüge dieser Kur sind folgende: 1. Mäßigkeit im Essen; 2. Beschränken der Flüssigkeitszufuhr (höchstens 3/4— 1 Liter pro Tag); 3. nicht trinken beim Essen; 4. möglichstes Vermeiden von Zucker, Kartoffeln, Mehlspeisen, Brot, Erbsen, Linsen, Bohnen, Reis, süßen Speisen, Kuchen und Bier; 5. alle anderen Speisen sind in mäßigen Mengen erlaubt, besonders Blattgemüse, wie Spinat und Kohl, ferner Salat und saures Obst, wie Äpfel und Erdbeeren; 6. als Getränk ist Moselwein zu empfehlen; 7. tägliche Körperbewegung ist erforderlich, am besten Spazierengehen auf steigenden Wegen, ferner Radfahren, Schlittschuhlaufen, körperliche Arbeit, wie Holzhacken u. s. w.; 8. von Zeit zu Zeit ist ein Dampfbad zu nehmen; 9. Beschränken des Schlafs auf 7 Stunden und Vermeiden des Mittagsschlafs.

Bestimmte Arzneien brauchen beim Befolgen dieser Kur nicht genommen zu werden; wir wollen jedoch nicht unerwähnt lassen, daß von verschiedenen Seiten der innerliche Gebrauch von Fucus-vesiculosus-Tinktur (3 mal täglich 10 Tropfen in Wasser) bei Fettsucht gerühmt wird.



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