Jacob Voorhoeve |
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Homöopathie in der Praxis |
Medizin |
(1908) |
4. Zahnschmerzen entstehen in den meisten Fällen aus lokalen Ursachen, nämlich durch Entzündung des Zahnbeins oder der Zahnpulpa und der Wurzelhaut der Zähne. Um dieselben zu verhüten, sorge man für eine geregelte Zahnpflege durch Reinigung der Zähne mit einer nicht zu harten Zahnbürste und kaltem Wasser, wobei man auch Gebrauch machen kann von einem Zahnpulver aus fein pulverisierter Magnesia oder präzipitiertem Kalk, das man sich mit einigen Tropfen Pfefferminzöl angenehm parfümieren kann. Sind bereits hohle und kariöse Zähne vorhanden, dann ist es am besten die schadhaften Stellen plombieren zu lassen, während man faule Wurzeln, wenn sie zu schlechtem Mundgeruch oder Eiterbildung Veranlassung geben, am besten ganz entfernen läßt. Kann man sich aus irgend einem Grunde hierzu nicht verstehen, dann muß dafür aber die oben beschriebene Zahnpflege mit verdoppeltem Eifer betrieben werden, und außerdem ist dann der tägliche Gebrauch eines desinfizierenden Mundwassers sehr zu empfehlen. Hierzu kann man verdünnten Weingeist, Eau de Cologne oder eine schwache Auflösung von übermangansaurem Kali in Wasser verwenden. Ferner ist das Vermeiden zu heißer und zu kalter Speisen und Getränke von der größten Wichtigkeit, weil durch diese Schädlichkeiten das Email der Zähne leicht kleine Risse bekommt, wodurch den stets in der Mundhöhle anwesenden Pilzen das Zerstörungswerk erleichtert wird. Wer überhaupt seinen Kindern ein gutes Gebiß bewahren will, verschone sie möglichst mit Zucker, Bonbons und andern Süßigkeiten, während das Kauen von grobem Brot ein ausgezeichnetes Mittel ist, um die Zähne zu kräftigen.
Wenn trotz guter Zahnpflege Zahnschmerzen auftreten, suche man die Ursache, welche in diesen Fällen meist allgemeiner Natur sein wird, zu entdecken, wodurch die Behandlung vereinfacht wird. Entstehen die Schmerzen infolge von Erkältung, dann sind wiederholte Gaben Aconit. 4, verbunden mit einem heißen Fußbade und tüchtigem Reiben der schmerzhaften Seite des Gesichtes oft von schnellem Erfolg; bei klopfenden Schmerzen ist Bellad. 4, bei reißenden, rheumatischen Schmerzen Bryon. 3 oder Rhus tox. 6, bei heftigen nächtlichen Schmerzen Arsen. alb. 6 eher angezeigt. Kann man es im Bett nicht mehr aushalten, dann mache man in einem Gefäß mit kaltem Wasser 100—200 kräftige Tretbewegungen mit den bloßen Füßen, trockne die Füße ab und begebe sich wieder zu Bett, worauf man in den meisten Fällen ohne Schmerzen wird einschlafen können. Bei Zahnschmerzen, verbunden mit Ohrenschmerzen, hilft Pulsat. 4, besonders bei bleichsüchtigen Mädchen; bei hohlen Zähnen Staphys. 6; werden die Schmerzen durch Bloßliegen des Zahnnervs verursacht und durch kalte und warme Getränke, kalte Luft und Berührung verschlimmert, dann hilft manchmal das Ausstopfen des hohlen Zahnes mit ein wenig Verbandwatte, welche mit einigen Tropfen Plantago-major-Tinktur befeuchtet wird. Bei Wurzelhautentzündung, welche durch klopfende Schmerzen, schlimmer durch Berührung oder durch Beißen auf den Zahn und durch ein Gefühl, als ob der Zahn zu lang wäre, gekennzeichnet ist, helfen zuweilen Bellad. 4 oder Mercur. solub. VI nebst heißen Fußbädern. Oft bleibt jedoch in diesem Fall nichts anderes übrig, als den kranken Zahn ausziehen zu lassen, was gewöhnlich nicht sehr schmerzhaft ist, da der Zahn durch die Entzündung schon gelockert ist. Bei nervösen Zahnschmerzen, welche mehrere Zähne zugleich ergreifen, sodaß das Ausziehen also zwecklos wäre, kommen Arsenicum, Spigelia, Ignatia, Pulsatilla, Gelsemium in Betracht, deren Wirkung durch kalta, heiße oder Wechselfußbäder unterstützt werden kann. (Über Zahnschmerzen während der Schwangerschaft s. 11. Abschnitt.)