Jacob Voorhoeve |
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Homöopathie in der Praxis |
Medizin |
(1908) |
22. Ruhr oder Dysenterie ist eine ansteckende Krankheit der Schleimhäute des Dickdarmes, welche durch heftige Kolikschmerzen, häufige Entleerungen schleimiger, häutiger und blutiger Massen, mit heftigem Stuhlzwang, Fieber und Kraftlosigkeit gekennzeichnet ist. Die Krankheit tritt teils vereinzelt auf als leichtere katarrhalische Form, teils epidemisch und besonders in tropischen Ländern als schwere diphtherische Form. Zuweilen geht sie innerhalb einiger Tage in Heilung über, in ernsten Fällen dauert sie jedoch gewöhnlich länger; und nicht selten werden noch monatelang ein oder mehrere Male täglich schleimige oder eiterige Stoffe unter Schmerzen entleert.
Die Behandlung: erheischt absolute Bettruhe, Heißwasserkompressen auf den Unterleib und eine strenge Diät, hauptsächlich aus Hafergrütze-, Reis-, Gries-, Gerste oder Sagosuppen, Reiswasser, schwachem Tee, Cakes, Zwieback, trockenem Weißbrot, magerer Fleischbrühe mit Ei, dünnem Kakao, warmem Rotwein oder Wald beer wein bestehend. Der Darm muß im Anfang der Krankheit durch ein warmes Klistier von den anhaftenden Stoffen befreit werden. Alle stopfenden Mittel, besonders Opium, müssen gänzlich vermieden werden; zur Verhütung der Ansteckung muß der Stuhl im Stechbecken aufgefangen und sofort mit Karbolsäure desinfiziert werden; überhaupt ist bei der Pflege des Kranken die größte Reinlichkeit zu beobachten. In leichten Fällen ist Ipecac. 4, 1—2 stündlich 5 Tropfen in abgekochtem Wasser, zu empfehlen. Ist jedoch der Durchfall blutig, oder wird er es im Verlaufe der Krankheit, dann paßt Mercur. corros. 6—4, das spezifische Simile-Mittel, am besten. Weiterhin kommen noch: Arsen. all). 5, Baptis. 3, Veratr. 4 und in chronischen Fällen: Hepar sulf. VI in Betracht.