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Birkensaft

Birkensaft (Succus betulae recens). Im Frühling wird derselbe, wenn er in die Birkenbäume steigt, abgezapft und als schwedisches Volksmittel gegen Spulwürmer in solcher Menge getrunken, dass er gelinde purgiert. Eine sehr wirksame Frühlingskur zur Verbesserung der Säfte und zur Auflösung von Stockungen im Unterleib bei Männern, die in den Jahren 30—50 an Gicht und Hämorrhoiden leiden, ist folgende: Man trinke des Morgens nüchtern ein halbes Glas voll frischen Birkensaft, welcher durch Anbohren junger Birkenbäume gewonnen worden. (Man bohrt zwei bis drei Zoll tief ein Loch in den Baum, steckt alsdann eine Federpose hinein and lässt den herausfliessenden Saft in ein Gefäß laufen, worauf man später das Loch, damit der Baum sich nicht verblutet, mit einem hölzernen Pflock verschließt), welchen Saft man nach Belieben mit gestoßenem weißen Zucker vermischt. Daneben muss der Kranke Mittags und Abends einen Salat von Brunnenkresse (Sisymbrium Nasturtium L.), mit Essig und Baumöl bereitet, gemessen, eine etwas knappe Diät beobachten, mit schmaler Kost vorlieb nehmen und täglich, neben recht vieler Körperbewegung im Freien, drei bis sechs Maß frisches Brunnenwasser statt des Weins und des Biers trinken. (S. Wasser.) Wenn solche Kranke an verschiedenen Teilen des Körpers kleine Blutschwäre (Furunkeln) bekommen, so ist dies ein sicherer Beweis, dass sie scharfe, unreine Säfte haben. Hier wird die ebengenannte Frühlingskur sehr unterstützt, wenn der Kranke alle drei bis vier Tage ein bis anderthalb Lot Glaubersalz, in zwei Tassen kochenden Wassers gelöst, des Morgens nüchtern trinkt, wonach ein gelindes Purgieren erfolgt.

Birkensaft mit Branntwein vermischt, ließ Cook zur Verhütung Und Heilung des Skorbuts, während seines Aufenthalts in Kamschatka, trinken. (J. H. Beck er’s Versuch einer Nahrungsmittelkunde, Th. 2, Abth. 2. Stendal 1822. S. 104.)

Übrigens verhütet auf langen Seereisen den Scharbock nichts besser, als der tägliche Genuss von drei bis vier geschälten und zerriebenen rohen Kartoffeln; daneben täglich ein bis zwei Gläser englisches Porterbier und Aufheiterung des Gemüts, wie sie Capitain Parry auf seiner Nordpolreise dadurch bewirkte, dass er durch Musik, Tanz und durch die Aufführung kleiner dramatischer Possen sein Schiffsvolk amüsierte.

Außerdem ist der Genuss der frischen Luft auf dem Verdeck des Schiffes und der frischen Kräuter als Salat, welche man auf den Inseln und an den Seeküsten findet, noch gegen Skorbut anzuraten.

Ebenso nützlich ist der Zitronensaft; er steht als Schutz- und Heilmittel gegen den Skorbut obenan. Nach Dupin’s brittischem Marine-Proviantwesen hat man es sich seit dem Jahre 1796 zur Regel gemacht, auf langen Seereisen mit jeder Rum-Ration etwas Zitronensaft zu mischen, wovon die Wirkung alle Erwartungen übertreffen soll. — Zitronensaft mit Zucker und Wasser erklärt Trotter (An essay on tke diseases of seamen. London 1797 p. 405) für ein sehr wirksames Mittel, ja für ein Spezifikum gegen den Scharbock, und führt zur Bestätigung die glaubwürdigsten Zeugnisse vieler Schiffsärzte an. In einem solchen Bericht eines Mr. Scott heißt es: „He concluded with the uniform testimony of others, by saying, that the lemons were a certain cure.“ — Jetzt nehmen die englischen Schiffe große Quantitäten ausgepressten Zitronensaft, der sich, mit Branntwein vermischt, lange erhält, unter dem Proviant mit. Die skorbutischen Kranken erhalten davon zwei bis drei Unzen auf den Tag. Capitain Parry ließ seiner Mannschaft täglich eine Portion Zitronensaft, mit Zucker und Wasser vermischt, reichen und diese, in Gegenwart eines Offiziers, gleich austrinken. Statt des Branntweins kann man den Zitronensaft auch mit Rum oder Arrak (sog. Punschextrakt) Monate lang konservieren.

Auch der Orangensaft, mit Zucker und rotem Wein, wird von französischen Seefahrern und Ärzten für das beste Schutz- und Heilmittel des Scharbocks erklärt. Eine warme trockene Luft, wie auf der Insel St. Helena, auf den kanarischen Inseln u. s. w., und dabei leichte, nahrhafte Speisen, wie Bouillons und Gemüse von Kohl, Zwiebeln, Sauerampfer u. s. w., sind hier auch sehr zu empfehlen. Die beste Arznei aber ist — wie Osiander (a. a. O. S. 298) sagt: Orangensaft vier Unzen, guten roten Wein zwei Pfund, Zucker vier Unzen, und dies in 24 Stunden auszutrinken.