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Weißer Andorn

Andorn, weißer (Marrubium album). Die aromatisch riechende und bitter schmeckende, im Juli weißblühende, anderthalb Fuß hohe Pflanze wächst allenthalben wild. Sie ist wegen ihrer Blätter und Blumen, die als Tee gegen Verschleimung, Magenschwäche und Lungensucht gelobt werden, ein beliebtes Hausmittel, dessgleichen gegen Leberfehler, Gelbsucht, verhaltene und unterdrückte Menses. Hier ist folgender Tee zu empfehlen:

Nr. 21. Nimm: weißes Andornkraut, gemeines Beifusskraut, Schafgarbe, von jedem ein Lot. Eine solche Portion wird mit einem halben bis ein Maß kochenden Wassers infundiert und den Tag über lauwarm oder kalt verbraucht. — In der Schwindsucht kann man statt des Krautes vom Beifuss dieselbe Quantität Ehrenpreiss (Veronica officinalis) nehmen, dessgleichen vom Gundermann (Glecoma hederacea) und von jungen Brennnesseln (Atriplex hortensis); vor Allem aber verdient die große Hanfnessel, gelbe Hundsnessel (Galeopsis grandiflora), ein Hauptbestandteil der sogenannten Blankenburger oder Lieber’schen Auszehrungskräuter, als sehr wirksam hier genannt zu werden. Man gibt von den Blumen und Kraut täglich ein bis zwei Lot, vermischt mit Fenchelsamen und Bittersüß, von jedem ein Quäntchen, zum Tee, der lauwarm getrunken wird. Übrigens gibt es der Hausmittel gegen die Schwindsucht so viele, dass Osiander (a. a. O. S. 170—189) selbst 64 derselben aufzählt. Ich nenne hier noch:

1) Die Landluft, tägliche Bewegung im Freien und die Milchdiät. Man trinkt die frische, noch warme Milch von Eselinnen oder Kühen, die im Freien weiden.

2) Seereisen und Aufenthalt am Ufer des Meeres in einem milden Klima.

3) Der Aufenthalt in Viehställen, in einer Lohmühle, in Zimmern, wo Teer auf einer Lampe fortwährend verdunstet (s. Teer), wo Schwefelwasserdunst, wie in Eilsen, Nendorf und anderen Schwefelquellen, die Luft erfüllt (s. Bäder und Schwefel).

4) Das vorzüglichste Schutzmittel vor der echten, d. h. knotigen Lungenschwindsucht, wozu leider in manchen Familien erbliche Anlage stattfindet, ist und bleibt eine solche Erziehung, dass der Körper abgehärtet und durch viele Bewegung im Freien und durch den Genuss einer reinen, stets erneuerten Luft, sowie durch mäßige Übung aller Organe, zumal der Lungen (durch mäßiges Singen, lautes Lesen, Flöten- und Trompetenblasen, Bergsteigen, durch das Glockenläuten an einer mäßig großen Glocke ohne Schwengel, durch das Schwingen von Bleigewichten (halteres) mit den Händen gestärkt werde.

5) Unter den Ratschlägen, eine platte, schmale Brust zu erweitern und schwache Lungen zu stärken, steht, nach Osiander, Autenrieth’s Rat obenan: man soll nämlich durch langsam vermehrte Bewegung und Übung der Lungen, indem man oft tief, langsam, aber mit Stärke einatmet und die Brust ausdehnt, diese Organe üben. Regelmäßig müssen täglich Viertel- und halbe Stunden, oft wiederholt, diesem Hilfsmittel gewidmet werden, neben sonstiger genügsamer Beweguug im Freien. Nur dann übertrifft es jedes andere Vorbauungsmittel, bei Anlage zur Schwindsucht, an Wirksamkeit (s. Autenriet in den Tübinger Blättern für Naturwiss. und Arzneik. Bd. 1. St. 1. S. 128). Auch der Engländer F. H. Ramadge (a. a. O.) lobt gegen schon entwickelte Lungensucht als Hauptmittel das tägliche Einatmen warmer Wasserdämpfe mittels eines Apparates. Außerdem muss der Kranke auf festen Rosshaarmatratzen horizontalliegend schlafen und nur durch ein kleines rundes Polster von Leder und Rosshaar den Kopf um höchstens einen, halben Fuß höher als den Rumpf legen. Bei dieser in Frankreich üblichen, bei uns nur in höheren Ständen gebräuchlichen Art zu schlafen, wird man finden, dass sie dazu dient, die Brust des Menschen freier zu machen, hervorzuheben und nach vorn zu wölben.

6) Die gegen Lungensucht empfohlenen russischen Dampfbäder habe ich nie bei echter Tuberkel-Lungensucht nützlich gefunden, obgleich sie bei Osiander (S. 178) sehr gelobt werden.

7) Der ausgepresste Saft von Gurken und Rüben, sowie der Kerbelsaft, letzterer mit Milch getrunken, leisten bei jungen Schwindsüchtigen mit Blutwallung und zirkumskripter Wangenröte oft sehr gute Dienste. Alle erhitzenden Fleischsuppen, Gewürze und Spirituosa sind hier schädlich.

8) In den meisten Fällen ist die Lungensucht mit Unterleibsfehlern, Leber- und Milzleiden, Schwäche und Verschleimung des Magens, Indigestion, Flatulenz etc. verbunden. Daher erklärt sich der Ruf so mancher aromatisch-bitteren, magenstärkenden, gegen Darmverschleimung nützlichen Arzneimittel, welche besonders in der Schleimschwindsucht wesentliche Dienste leisten. In dieser Hinsicht kann ich folgenden Schwindsuchtstee als besonders wirksam empfohlen:

Nr. 22. Nimm: weißen Andorn, Kalmuswurzel, Wasserfenchel, von jedem anderthalb Quäntchen, Bittersüßstengel, Süßholz, von jedem ein Quäntchen, große Hanfnessel ein Lot. Eine solche Portion wird mit fünf Tassen kochenden Wassers infundiert und täglich warm oder lauwarm verbraucht. Man muss aber diesen Tee acht bis zwölf Wochen lang unausgesetzt trinken.