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Wahrheit

Die Wahrheit unserer Erkenntnis ist die Übereinstimmung unserer Urteile mit der Wirklichkeitswelt; da unsere Urteile rückschreitend bis auf unsere Sinneseindrücke zurückführen, so ist die Wahrheit unserer Erkenntnis schließlich auch die Übereinstimmung unserer Vorstellungen und Sinneseindrücke mit der "Wirklichkeit". Nun kennen wir aber nichts weiter über die Sinneseindrücke hinaus; über sie hinaus wird die Wirklichkeit zum Ding-an-sich, dem Unerkennbaren, mit dem wir nichts vergleichen, nichts in Übereinstimmung setzen können. Dies führt uns wieder zu einer traurigen Einsicht, zu der Rechtfertigung aller Skepsis, zu der "Wahrheit" nämlich: dass selbst der hohe Begriff der Wahrheit menschliches Gerede ist, dass sogar der schlichte Ausdruck "mein Sinneseindruck ist richtig" auf die bettelarme Tautologie hinausläuft: "Mein Sinneseindruck ist mein Sinneseindruck". Aus dieser verzweifelten Verlegenheit heraus hat wohl Hegel, dessen eiserne Stirn niemals das Geständnis des Nichtwissens duldete, die Wahrheit tiefsinnig-sinnlos als "Übereinstimmung mit sich selbst" erklärt. Er sagt (VI. 51): "Gewöhnlich nennen wir Wahrheit Übereinstimmung eines Gegenstandes mit unserer Vorstellung ... im philosophischen Sinn dagegen heißt Wahrheit überhaupt, abstrakt ausgedrückt, Übereinstimmung eines Inhalts mit sich selbst." Wie so häufig bei Hegel ist aus solchen Worten nur der Galgenhumor des Denkens über seine eigene Armut herauszuhören.