Zum Hauptinhalt springen

Reduktion

Nun aber haben wir früher, als zuerst von der Sphärenvergleichung die Rede war, erfahren, dass Aristoteles selbst von diesen Eselsbrücken noch nichts wußte. Er hat die Sphärenvergleichung in vernünftigerer Form als Unterordnung der Begriffe nur bei der ersten Figur angewandt, hat darum auch nur diese erste Figur für voll genommen und die anderen Figuren nur insofern als wissenschaftlich bewiesen angesehen, als sie sich durch allerlei logische Hilfsoperationen auf die erste Figur zurückführen ließen. Wir haben eigentlich schon dieses ganze Beweisverfahren dadurch erledigt, dass wir die unmittelbaren Schlüsse aus Urteilen — aus welchen natürlich alle Hilfsoperationen der aristotelischen Beweise bestehen — in ihrer Ohnmacht und Wertlosigkeit aufzeigten. Wer mir bis hierher gefolgt ist, muß auch von diesem Umwege aus dahin gelangen, wenigstens die zweite, dritte und vierte Figur als unbewiesen zu betrachten. In unserem Schulbeispiel aber ist es ganz ergötzlich zu sehen, wohin die indirekte Beweisführung gelaufen wäre. Die Scholastiker haben in die barbarischen Namen der Schlußmodi auch schon den Gang dieser Beweisreduktion hinübergeheimnist. Das p in Darapti deutet "bekanntlich" darauf hin, dass man den Untersatz zu einem partikularen Urteil umkehren könne (ganz nebenbei bemerke ich, dass die Geheimnisse dieser barbarischen Namen deshalb ganz unnütz und ganz tadelnswert sind, weil der denkende Kopf doch immer erst vorher wissen müßte, welche Besonderheiten seinen Schluß z. B. unter Darapti einreihen, damit er diese selben Besonderheiten dann aus Darapti heraus chiffriere). Aristoteles also würde unser Schulbeispiel der dritten Figur auf ein Schulbeispiel aus der ersten Figur zurückgeführt haben. Um zu dem Schlußsatze zu kommen, dass einiges Nützliche lobenswert sei, müßte er vorher die Prämisse "jede Tugend ist nützlich" zu dem schönen, aber wohl noch niemals, seitdem die Welt steht, in einem Menschengehirn von selbst entstandenen Urteil umformen "einiges Nützliche ist Tugend"; solche Urteile bilden wir überhaupt nicht. So albern ist unsere Sprache denn doch nicht. Wir sagen nicht: "einiges Blaue ist Himmel, einiges Weiße ist Reisbrei". Aber Aristoteles mußte es sagen, um beweiskräftig und triumphierend schließen zu können: "einiges Nützliche ist Tugend, alle Tugend ist lobenswert, also ist einiges Nützliche lobenswert".