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VII. Syntax

Wir haben gelernt, dass diejenigen neuen Begriffe, die wir nur als Deklinationsformen des Nomens und als Konjugationsformen des Verbums zu betrachten gewöhnt sind, durchaus keine deutlichen und eindeutigen Vorstellungen wachrufen; alle Beziehungen, die sie angeblich bezeichnen, sind unbestimmt und nebelhaft. Erst unsere außersprachliche Bekanntschaft mit der Wirklichkeit bringt zu den Formen Bestimmtheit hinzu. Wir werden also schon vermuten, dass unsere Satzgefüge, die doch nur Kombinationen von Wortformen, also Steigerungen dieser Unbestimmtheiten sind, erst recht den Glauben an die Eindeutigkeit der Sprache erschüttern werden.

Um diesen Glauben vollends aufzugeben, müssen wir uns freilich erst hinwegsetzen über die Ammenmärchen, die uns in der Grammatik erzählt werden. Wir müssen in unserem Denken den Bann der Sprache brechen, in welcher wir denken. Erst wenn die Sprachwissenschaft so ihre eigenen Ergebnisse angewandt haben wird, erst wenn die Sprachwissenschaft die Denkgewohnheiten unserer Kultursprachen auch praktisch als Lokalsitten der abendländischen Menschheit auffassen gelernt haben wird, wenn sie die Denkgewohnheiten formenarmer Sprachen als ebenbürtig erkannt haben wird, so wie die neuere Ethnographie die Sitten wilder Völkerschaften zu bemoralisieren aufhört, erst dann wird die Eevolution vollzogen sein, für welche die Sprachwissenschaft ahnungslos seit hundert Jahren gearbeitet hat.

Ich nehme meinen Ausgangspunkt wieder einmal von einer Erfahrung, die sonst kaum beobachtet wird, weil sie alltäglich ist. Ich will zeigen, dass die Syntax für die Erkenntnis womöglich noch gleichgültiger ist als die grammatische Wortform, dass vielmehr die Aufmerksamkeit auf die dem Satzgefüge zugrunde liegenden Vorstellungen einzig und allein Zweck und Erfolg einer Rede ist.