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Schelm von Bergen

Im Schloß zu Düsseldorf am Rhein
Wird Mummenschanz gehalten;
Da flimmern die Kerzen, da rauscht die Musik,
Da tanzen die bunten Gestalten.

Da tanzt die schöne Herzogin,
Sie lache laut auf beständig;
Ihr Tänzer ist ein schlanker Fant,
Gar höfisch und behendig.

Er trägt eine Maske von schwarzem Samt,
Daraus gar freudig blicket
Ein Auge, wie ein blanker
Dolch, Halb aus der Scheide gezücket.

Es jubelt die Fastnachtsgeckenschar,
Wenn jene vorüberwalzen.
Der Drickes und die Marizzebill
Grüßen mit Schnarren und Schnalzen.

Und die Trompeten schmettern drein,
Der närrische Brummbaß brummet,
Bis endlich der Tanz ein Ende nimmt
Und die Musik verstummet.

„Durchlauchtigste Frau, gebt Urlaub mir,
Ich muß nach Hause gehen —“
Die Herzogin lacht: „Ich laß dich nicht fort,
Bevor ich dein Antlitz gesehen.“

„Durchlauchtigste Frau, gebt Urlaub mir,
Mein Anblick bringt Schrecken und Grauen —“
Die Herzogin lacht: „Ich fürchte mich nicht,
Ich will dein Antlitz schauen.“

„Durchlauchtigste Frau, gebt Urlaub mir,
Der Nacht und dem Tode gehör’ ich —“
Die Herzogin lacht: „Ich lasse dich nicht,
Dein Antlitz zu schauen begehr’ ich.“

Wohl sträubt sich der Mann mit finsterm Wort,
Das Weib nicht zähmen kunnt’ er;
Sie riß zuletzt ihm mit Gewalt
Die Maske vom Antlitz herunter.

„Das ist der Scharfrichter von Bergen!“ so schreit
Entsetzt die Menge im Saale
Und weichet scheusam — die Herzogin
Stürzt fort zu ihrem Gemahle.

Der Herzog ist klug, er tilgte die Schmach
Der Gattin auf der Stelle.
Er zog sein blankes Schwert und sprach:
„Knie vor mir nieder, Geselle!

Mit diesem Schwertschlag mach’ ich dich
Jetzt ehrlich und ritterzünftig,
Und weil du ein Schelm, so nenne dich
Herr Schelm von Bergen künftig.“

So ward der Henker ein Edelmann
Und Ahnherr der Schelme von Bergen.
Ein stolzes Geschlecht! es blühte am Rhein.
Jetzt schläft es in steinernen Särgen.