[a) Hygienische Maßnahmen.
Berücksichtigung der intellektuellen Qualität des Partners bei der Gattenwahl. Die Unzulänglichkeit unserer derzeitigen Gesetzgebung zur Verhütung des Heiratens Schwachsinniger.]


A. Hygienische Maßnahmen. Die Vorkehrungen, welche auf Hebung des intellektuellen Niveaus der Massen abzielen, müssen, soweit sie das hygienische Gebiet betreffen, den Verhältnissen Rechnung tragen, welche vor der Geburt, ja selbst vor der Zeugung des Einzelindividuums von bestimmendem Einfluß für seine geistige und leibliche Beschaffenheit sind. Man spricht heutzutage sehr viel von Rassenhygiene, von jenen Maßnahmen, die erforderlich sind, die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit der Rasse zu bewahren und zu fördern und die in entgegengesetzter Richtung wirksamen Einflüsse auszuschalten. Während die Erkenntnis der Wichtigkeit dieser Maßnahmen sich in den Kreisen der Gebildeten wenigstens mehr und mehr Bahn bricht und sich auch der Beachtung der Regierungen nicht mehr entzieht, können wir von einer Berücksichtigung rassenhygienischer Forderungen seitens der Einzelindividuen bei der Gattenwahl, wie wir schon erwähnten, noch sehr wenig wahrnehmen. Es sind hauptsächlich zwei Momente, welche sich hier als Hindernisse geltend machen: Die überwiegende Berücksichtigung der materiellen Verhältnisse und der körperlichen Vorzüge des Wahlobjekts. Von den sozial höchststehenden Kreisen bis in die untersten Volksschichten herab macht sich der Einfluß dieser Momente geltend, und speziell bei unserer Landbevölkerung spielt die Mitgift, resp. der Besitz des Wahlobjekts ungemein häufig die ausschlaggebende Rolle. Nun ist zwar nicht in Abrede zu stellen, daß bei der Gattenwahl die Berücksichtigung der Vermögenslage, der sozialen Stellung und der körperlichen Eigenschaften eine entschiedene Berechtigung hat. Allein die Rücksicht auf die Nachkommenschaft sollte dazu führen, daß neben diesen Momenten auch die intellektuellen Qualitäten des Wahlobjekts in Betracht gezogen werden. Die Erfahrung lehrt jedoch, daß von männlicher Seite nicht selten Gattinen gewählt werden, die besser von der Anteilnahme an der Fortpflanzung der Rasse ausgeschlossen blieben. Höhere Intelligenz der Eltern verbürgt zwar keineswegs die gleiche Begabung seitens der Nachkommenschaft, da in dem Keimplasma nicht lediglich die intellektuellen Qualitäten der Erzeuger, sondern auch die einer Reihe weiterer Vorfahren in der Anlage gegeben sind. Allein wir wissen doch auch andererseits, daß, wie in manchen Familien das Talent, in anderen sich die Dummheit fortvererbt und daß ein Kind, das von wohlbegabten Eltern stammt, ungleich mehr Aussicht auf bessere Begabung hat, als der Sprößling eines Paares, von welchem ein Teil oder beide intellektuell minderwertig sind. Die Nichtberücksichtigung der intellektuellen Qualitäten bei der Gattenwahl wird noch durch den Stand unserer Gesetzgebung und Rechtspraxis begünstigt. Nach dem bürgerlichen Gesetzbuch dürfen selbst entmündigte Schwachsinnige heiraten, sofern sie die Zustimmung ihres Kurators erhalten. Letzteres dürfte nicht allzu häufig der Fall sein. Allein das Heiraten schwachsinniger Personen ist trotzdem durchaus keine Seltenheit und zwar aus dem einfachen Grunde, weil ein sehr großer, wahrscheinlich der überwiegende Teil der Schwachsinnigen der Entmündigung entgeht. Bei den den untersten Volksschichten angehörenden Schwachsinnigen fehlt zumeist ein Vermögen, dessen Sicherung eine Entmündigung erheischen würde, und in den wirtschaftlich besser situierten Klassen wird die Herbeiführung der Entmündigung namentlich bei Töchtern aus Familienrücksichten vermieden, und man glaubt, bei der Verheiratung in dem Manne den bestgeeigneten Vormund für die Tochter zu gewinnen. Daß es Eltern gibt, welche trotz Erkenntnis der intellektuellen Minderwertigkeit ihrer Töchter kein Bedenken tragen, dieselben zu verheiraten, ist ebenso bedauerlich wie die Tatsache, daß sich Männer finden, welche, ohne sich über die intellektuelle Qualität der Betreffenden zu täuschen, des lieben Geldes halber eine Schwachsinnige heiraten. Allein zur Bekämpfung dieses Mißstands bietet unsere derzeitige Gesetzgebung keine Handhabe. Würde der wohlbegründete Vorschlag, der von verschiedenen Seiten bereits gemacht wurde, von den gesetzgebenden Faktoren angenommen werden — der Vorschlag, daß die Heiratslizenz von dem Ergebnis einer ärztlichen Untersuchung der Brautleute abhängig gemacht werden soll —, so könnte der erwähnte Mißstand beseitigt und einer wichtigen rassenhygienischen Forderung Rechnung getragen werden.

Weitere gesetzliche Maßnahmen zur Verhütung der Verheiratung Schwachsinniger sind nicht nur deshalb nötig, weil die betreffenden Individuen ihre intellektuelle Minderwertigkeit auf ihre Nachkommen übertragen können, sondern auch weil sie unfähig sind, die Erziehung der letzteren richtig zu leiten; insbesondere kommt hier der Einfluß der Mütter in Betracht, weil diesen zumeist der Hauptanteil an der Erziehung der Kinder, wenigstens bis zu einem gewissen Alter, zufällt.

 

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