§ 45. Die sich in sich unterscheidende Einheit


Derselbe ungründliche, unfaßliche, unnatürliche und unkreatürliche Wille, welcher in sich selber nur eines ist, welcher als ein Nichts und doch alles ist, der heißet und ist der einige Gott, welcher sich in sich selber fasset und findet und Gott aus Gott gebiert. (»Gnadenwahl«, cap. 1, § 4)

Nämlich der erste unanfängliche einige Wille, welcher weder böse noch gut ist, gebieret in sich das einige ewige Gute als einen faßlichen Willen, welcher des ungründlichen Willens Sohn ist und doch in dem unanfänglichen Willen gleich ewig, und derselbe andere Wille ist des ersten Willens ewige Empfindlichkeit und Findlichkeit, da sich das Nichts in sich selber zu etwas findet; denn der gefaßte Wille ist des Vaters Kraft und geistlicher Leib als das Zentrum der Gottheit, darin der erste Wille ein Etwas ist (Ebd., § 22), und das Unfindliche als der ungründliche Wille gehet durch sein ewig Gefundenes aus und führet sich in eine ewige Beschaulichkeit seiner selbst. (Ebd., § 5)

Der ungründliche Wille heißt ewiger Vater, und der gefaßte geborne Wille des Ungrundes heißet sein geborner oder eingeborner Sohn; denn er ist des Ungrundes Ens, darinnen sich der Ungrund in Grund fasset. Und der Ausgang des ungründlichen Willens durch den gefaßten Sohn oder Ens heißet Geist, denn er führet das gefaßte Ens aus sich aus in ein Weben oder Leben des Willens als ein Leben des Vaters und des Sohnes, und das Ausgegangene ist die Lust als das Gefundene des ewigen Nichts, da sich der Vater, Sohn und Geist immer siehet und findet, und heißet Gottes Weisheit oder Beschaulichkeit. (Ebd., § 6)

Das ewige Nichts fasset sich in ein Auge oder ewig Sehen zu seiner Selbstbeschaulichkeit, Empfindlichkeit und Findlichkeit. (Ebd., § 8) Alle Kräfte, Farben und Wunder und Wesen sind in dieser ewigen Selbstbeschaulichkeit oder Weisheit, aber in gleichem Gewicht und Maß, ohne Eigenschaften, sie ist eine in sich selber gefundene Lust oder Begierde zu etwas, eine Lust zur Offenbarung und Findung der Eigenschaften (§ 9); allhie sind alle Kräft nur eine einige Kraft, und die ist die empfindliche, findliche Gottheit in sich selber, in einem einigen Willen und Wesen, in keiner Unterschiedlichkeit. (§ 12) Da kann man nicht sagen: ein zorniger Gott, auch nicht: ein barmherziger Gott, denn hierinnen ist keine Ursache zum Zorn, auch keine Ursache, was zu lieben, denn er ist die einige Liebe selber, der sich in eitel Liebe und Dreifaltigkeit einführet und gebieret. (§ 21)

Also seind dreierlei Wirkungen aus der ewigen Einheit — das Wollen der Vater, die Lust der Sohn und der h. Geist. Die Einheit ist das Wollen seiner selbst, und die Lust ist ein wirklich Wesen des Wollens und eine ewige Freude der Empfindlichkeit im Wollen, und der h. Geist ist der ausgehende Wille durch die Lust der Kraft (oder Empfindlichkeit) des Willens. Wann nicht eine solche begierliche Empfindlichkeit und ausgehende Wirkung der Dreiheit in der ewigen Einheit wäre, so wäre die Einheit eine ewige Stille als ein Nichts und wäre auch weder Natur noch Kreatur. (»Clavis«, § 311)


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