3. Zaghaftigkeit.


Den Charakterzug der Zaghaftigkeit weisen jene auf, die eine bevorstehende Aufgabe als besonders schwer empfinden und sich die zur Bewältigung derselben nötige Kraft nicht zutrauen. In der Regel wird dieser Charakterzug in der Form von langsamen Vorwärtsbewegungen in Erscheinung treten, bei denen die Entfernung zwischen dem Menschen und der vorliegenden Lebensfrage nicht allzu schnell geringer wird, manchmal sogar konstant bleibt. Hierher gehören die Fälle, wo ein Mensch, der irgendeiner Lebensfrage näherrücken sollte, nun plötzlich ganz wo anders zu finden ist. Er entdeckt z. B. plötzlich, er sei für den Beruf, den er ergreifen soll, eigentlich gar nicht geeignet. Er findet an ihm allerhand Schattenseiten, so daß er nun auch seine Logik derart vergewaltigt, daß ihm die Ergreifung dieses Berufes wirklich unmöglich erscheint. Die Ausdrucksformen der Zaghaftigkeit sind also außer verlangsamten Bewegungen noch sichernde Maßnahmen, Vorbereitungen u. dgl., die gleichzeitig den Zweck haben, die Verantwortung für das Nichtzustandekommen einer Aufgabe abzuwälzen.

Die Individualpsychologie hat den ganzen Komplex von Fragen, die diese ungeheuer verbreitete Erscheinung betreffen, das Problem der Distanz genannt. Sie hat einen Standpunkt geschaffen, von dem aus wir unerschütterlich über die Stellungsnahme eines Menschen urteilen, die Entfernung messen können, in der er vor der Lösung der drei großen Fragen des Lebens steht. Es handelt sich um die Lösung der Frage seiner sozialen Aufgaben, der Beziehung des Ich zum Du und darum, ob er den Kontakt zwischen sich und den anderen Menschen in einer annähernd richtigen Art hergestellt hat oder ihn verhindert. Die erste Lebensfrage ist die Berufsfrage und die zweite die erotische Frage, die Frage von Liebe und Ehe. Aus der Größe der Verfehlung, aus der Distanz, in der ein Mensch zur Lösung dieser drei Fragen steht, können wir auf seine Individualität, auf seine Persönlichkeit Schlüsse ziehen und sind somit in der Lage, auch aus diesen Erscheinungen etwas für unsere Menschenkenntnis zu gewinnen.

Der Grundzug, der in solchen Fällen zutage tritt, ist im allgemeinen der, daß ein Mensch zwischen sich und seine Aufgabe eine mehr oder weniger große Distanz gelegt hat. Faßt man die Situation näher ins Auge, so kommt man dahinter, daß die ganze Angelegenheit neben dieser Schattenseite auch eine Lichtseite hat. Es ist anzunehmen, daß dieser Mensch nur wegen der Lichtseite diese Stellungnahme gewählt hat. Tritt man nämlich ganz unvorbereitet an eine Aufgabe heran, dann hat man mildernde Umstände, das Selbstgefühl und die persönliche Eitelkeit bleiben unberührt. Die Situation ist viel sicherer, und man arbeitet wie ein Seiltänzer, der weiß, daß unter ihm ein Netz gespannt ist. Fällt man, dann fällt man weich, und geht man unvorbereitet an seine Aufgabe und besteht sie nicht, dann ist das Persönlichkeitsgefühl nicht in Gefahr, denn man kann sich sagen, man habe aus verschiedenen Gründen nicht viel tun können, es sei schon zu spät oder man habe zu spät angefangen u. dgl., sonst wäre die Leistung glänzend gelungen. Es ist dann nicht ein Mangel der eigenen Persönlichkeit schuld, sondern irgendein kleiner, nebensächlicher Umstand, für den der Betreffende keine Verantwortung übernimmt. Gelingt aber die Leistung trotzdem, dann gilt sie viel mehr. Denn wenn einer fleißig seinen Aufgaben obliegt, findet niemand etwas Besonderes daran, wenn sie gelingen, das ist eigentlich selbstverständlich. Fängt aber einer zu spät an, arbeitet nur wenig oder ist ganz unvorbereitet und löst die Arbeitsaufgabe dennoch, was ja möglich ist, dann steht er ganz anders da, er ist sozusagen ein doppelter Held, denn er hat mit einer Hand das vollbracht, wozu andere zwei Hände brauchen.

Das sind also die Lichtseiten dieses Bogengängertums. Eine solche Haltung verrät sowohl den Ehrgeiz wie auch die Eitelkeit eines Menschen, sie zeigt die Tatsache, daß das ein Mensch ist, der sich wenigstens vor sich selbst in Szene setzen will. Alles geschieht um den Preis der Plusmacherei, um den Schein zu erwecken, daß er über besondere Kräfte verfüge. Dadurch nähern wir uns dem Verständnis aller jener, die um die Fragen, die vor ihnen liegen, herumkommen wollen, sich selber Schwierigkeiten schaffen und sich ihnen gar nicht oder nur zögernd nähern. Auf dem Umweg, den sie um diese Aufgaben machen, liegen jene Dinge, die als Besonderheiten des Lebens auffallen, wie Faulheit, Indolenz, Berufswechsel (»Umsatteln«), Verwahrlosung usw. Es gibt auch Menschen, die diese Stellungsnahme schon in ihrer äußeren Haltung zur Schau tragen, die manchmal eine so biegsame Art zu gehen haben, daß sie sich bei allen Gelegenheiten schlangenähnlich wenden. Das ist sicherlich kein Zufall, und mit einiger Zurückhaltung kann man sie dahin einschätzen, daß das fast lauter Menschen sind, die die Neigung haben, wichtigen Fragen, die sie zu lösen haben, aus dem Weg zu gehen.

Ein aus dem Leben gegriffener Fall soll das deutlich zeigen. Es handelt sich um einen Mann, der eine große Verdrossenheit an den Tag legte, Lebensüberdruß empfand und Selbstmordgedanken hatte. Nichts freute ihn mehr, und er gab in seiner ganzen Haltung zu verstehen, daß er mit dem Leben eigentlich schon abgeschlossen hatte. Aus dem Gespräch mit ihm ging hervor, daß er von drei Brüdern der älteste war, das Kind eines überaus ehrgeizigen Vaters, der im Leben mit ungestümer Verve vorwärtsgegangen war und es ziemlich weit gebracht hatte. Der Patient war sein Lieblingskind gewesen, das einst in seine Fußtapfen treten sollte. Die Mutter war früh gestorben. Mit der Stiefmutter stand er auf gutem Fuße, vielleicht auch, weil er die Protektion seines Vaters in hohem Grade genoß.

Als Erstgeborener war er begeisterter Anbeter der Macht und Gewalt. Alles, was man an ihm sah, trug einen imperialistischen Zug. In der Schule gelang es ihm bald, an die Spitze der Klasse vorzurücken. Nach Beendigung der Schule übernahm er das Geschäft seines Vaters und gebärdete sich nun für die Außenstehenden als Gnadenspender. Er sprach immer mit freundschaftlichen Worten, seine Arbeiter hatten es nicht schlecht, er zahlte ihnen die höchsten Löhne und war für Bitten eigentlich immer zugänglich.

In seinem Wesen war nun seit dem Umsturz von 1918 eine Änderung vor sich gegangen. Er kam aus den Klagen nicht heraus, wie sehr er durch das unbotmäßige Verhalten seiner Angestellten verbittert sei. Was sie früher erbeten und auch erhalten hatten, das forderten sie jetzt. Seine Verbitterung stieg so sehr, daß er sich mit dem Gedanken trug, das Geschäft aufzugeben.

Er bog also in bezug auf seine Aufgabe knapp vor der Front ab. Sonst war er ein wohlwollender Chef. In dem Moment aber, wo seine Machtverhältnisse angetastet wurden, kam er nicht mehr mit und seine Weltanschauung erwies sich nicht nur für den ganzen Fabriksbetrieb als störend, sondern auch insbesondere für ihn selbst. Wäre er nicht so ehrgeizig zeigen zu wollen, daß er der Herr im Haus sei, dann könnte er von dieser Seite aus unbehelligt bleiben. Ihm ist es aber um nichts anderes zu tun, als um die Demonstration seiner persönlichen Macht. Das ist ihm durch die logische Entwicklung der Verhältnisse erschwert, und jetzt freut ihn der ganze Beruf nicht mehr. Seine Neigung, sich zurückzuziehen, ist somit ein Angriff, eine Anklage gegen die unbotmäßigen Angestellten.

Er konnte also mit seiner Eitelkeit nur bis zu einem gewissen Punkt gelangen. Der Widerspruch der ganzen Situation, der plötzlich zutage trat, traf zunächst ihn selbst. Seine Prinzipien erwiesen sich als nicht mehr tragfähig. Durch seine einseitige Entwicklung hatte er die Möglichkeit verloren, abzulenken und einem anderen Prinzip zur Geltung zu verhelfen. Er war entwicklungsunfähig geworden, weil er sich Macht und Überlegenheit zum einzigen Ziele gesetzt hatte, so daß er dementsprechend den Charakterzug der Eitelkeit übermächtig werden ließ.

Wenn wir in seinem übrigen Leben Umschau halten, so erfahren wir, daß seine gesellschaftlichen Zusammenhänge recht dürftig sind. Es ist auch klar, daß er bei dieser Gesinnung nur Menschen um sich sammeln konnte, die seine Überlegenheit anerkannten, die ihm zu Willen waren. Dabei war er auch ein scharfer Kritiker, und da es ihm an Verstand nicht mangelte, konnte er gelegentlich recht treffende, herabsetzende Bemerkungen machen. Das vertrieb ihm seine Bekannten, und er war die ganze Zeit über ohne wirklichen Freund. Was ihm auf diese Weise an Kontakt mit den Menschen fehlte, ersetzten ihm Vergnügungen aller Art.

Wirklich gescheitert ist er aber erst bei der Liebes- und Ehefrage. Dort wurde ihm das Schicksal zuteil, das man ihm schon lange hätte voraussagen können. Da die Liebe die tiefste kameradschaftliche Bindung darstellt, verträgt sie die Herrschsucht des Einzelnen am allerwenigsten. Da er aber Herrscher sein wollte, so mußte er auch in der Wahl des Ehepartners darauf Bedacht nehmen. Der herrschsüchtige, überlegenheitslüsterne Typus wird seine Liebeswahl immer auf einen Partner lenken, der selbst nicht schwach ist, dessen Eroberung ihm selbst wieder als ein Triumph erscheinen muß. So kommen dann zwei gleichgeartete Menschen zusammen, deren Zusammenleben eine ununterbrochene Kette schwerster Kämpfe ist. Auch die Liebeswahl dieses Menschen erfolgte in der Richtung auf eine Frau, die in manchen Punkten noch herrschsüchtiger als er selbst war. Beide mußten zu den mannigfachsten Mitteln greifen, um, getreu ihren Prinzipien, ihre Herrschaft aufrecht zu erhalten. Dabei entfernten sie sich natürlich immer mehr voneinander, allerdings ohne sich je ganz verlassen zu können, weil solche Menschen immer wieder auf ihren Sieg hoffen und sich daher von diesem Kriegsschauplatz schwer trennen können.

Er erzählte auch einen Traum aus dieser Zeit. Ihm träumte, daß er mit einem Mädchen sprach, das wie ein Dienstbote aussah und seiner Buchhalterin auffallend ähnelte. Dabei sprach er (im Traum): »Ich bin doch aus fürstlichem Geblüt.« —

Es ist nicht schwer zu verstehen, welche Gedankengänge sich in diesem Traumbild widerspiegeln. Einmal ist es die Art, wie er auf Menschen herabsieht. Jeder erscheint ihm zunächst als Dienstbote, ungebildet und minder, um so mehr, wenn es eine Frau ist. Dabei erinnern wir uns, daß er mit seiner Frau im Kampf steht, so daß die Annahme naheliegt, daß sich hinter der Traumgestalt seine Frau verbirgt.

So versteht ihn niemand und er sich selbst am allerwenigsten, weil er mit einer Hochnäsigkeit sondergleichen ein eitles Ziel im Auge hat. Seine Entfernung von den Mitmenschen läuft parallel mit seiner Arroganz, mit der er für sich eine Hoheit beansprucht, die durch nichts gerechtfertigt ist, während er den andern alle Werte abspricht, eine Lebensanschauung und eine Einstellung, bei der weder Freundschaft noch Liebe Platz finden können.

Die Argumente, die zur Rechtfertigung derartiger Ausbiegungen vorgebracht werden, sind oft sehr charakteristisch. Meist sind es Gründe, die ganz richtig und selbstverständlich klingen, nur daß sie anderswo herkommen und auf die vorliegende Situation nicht passen. So findet der eine z. B., er müsse die Gesellschaft pflegen und macht nun den Versuch so, daß er etwa in eine Kneipgesellschaft eintritt, sich dort mit Trinken, Kartenspiel und ähnlichem Zeug die Zeit vertreibt und auf diese Weise Freunde und Bekannte sammeln zu müssen glaubt. Dann kommt er spät nachts nach Hause, ist in der Früh nicht ausgeschlafen und verweist nun darauf: da man doch Gesellschaft pflegen müsse, könne man nicht immer... usw. Es ginge noch an, wenn er dabei seinen Aufgaben näher käme. Wenn er aber statt dessen, in der Pflege der Gesellschaftlichkeit begriffen, auf einmal ganz anderswo zu finden ist, als wir erwarten müssen, dann hat er natürlich unrecht, auch wenn er richtige Argumente anführt. Ein anderer wieder findet, wie das besonders bei jungen Leuten der Fall ist, die vor einer Berufswahl stehen, plötzlich eine Neigung zum Politisieren. Politik ist allerdings eine wichtige Angelegenheit. Es geht aber nicht an, daß einer sich und die anderen zum Narren hält und nun, statt seine Berufswahl zu treffen oder sich für seinen künftigen Beruf vorzubereiten, nun nichts anderes tut als politisieren.

Wir sehen an diesem Fall deutlich, wie es nicht unsere objektiven Erfahrungen sind, die uns vom geraden Weg abbringen, sondern unsere persönliche Anschauung von den Dingen, die Art, wie wir die Tatsachen abwägen und einschätzen. Das ganze große Gebiet des menschlichen Irrtums liegt da vor uns. In solchen Fällen handelt es sich um eine ganze Kette von Irrtümern und Irrtumsmöglichkeiten. Wir müssen versuchen, durch ein Eingehen auf die Argumente, auf den ganzen Lebensplan eines solchen Menschen, dieser Irrtümer habhaft zu werden und sie durch Belehrung zu überwinden. Damit ist auch die Tätigkeit dieser Art von Erziehung näher gekennzeichnet. Erziehen heißt nichts anderes als Irrtümer beseitigen. Dazu ist es aber notwendig, diese Zusammenhänge zu kennen, die zeigen, wie eine durch Irrtümer in die Wege geleitete fehlerhafte Entwicklung eines Menschen zu einer Tragödie werden kann. Wir müssen mit Bewunderung und nie versagender Anerkennung die Weisheit alter Völker betrachten, die diese Zusammenhänge noch gekannt oder wenigstens geahnt haben, indem sie von einer Nemesis, von einem rächenden Gott sprachen. Eine solche Entwicklung zeigt immer, wie selbstverständlich die Schädigungen ausfallen, die sich ein Mensch zufügt, wenn er, statt im Sinne und zum Nutzen der Allgemeinheit vorzugehen, sich in der Richtung des Machtkultus der eigenen Person einen Weg sucht, der ihn meist zwingt, seinem Ziel auf Umwegen, unter Außerachtlassung der Interessen der Mitmenschen und unter ständigem Zittern vor der Niederlage nachzugehen. Meist stellen sich auch nervöse Erscheinungen ein, die ihren besonderen Zweck und ihre besondere Bedeutung haben, vor allem die, den Menschen von irgendeiner Aktion zurückzuhalten, weil ihm seine Erfahrung sagt, daß für ihn jeder Schritt in der Nähe dieses Abgrundes mit außerordentlichen Gefahren verbunden ist.

Die Gesellschaft hat für Ausreißer keinen Platz. In ihr handelt es sich um eine gewisse Fügsamkeit und Anpassung, um die Fähigkeit, mitzuspielen und den anderen eine Hilfe zu sein, nicht darum, die Führung an sich zu reißen, um anderen überlegen zu werden. Wie sehr dies zutrifft, haben viele schon an sich selbst oder an einem Menschen aus der Umgebung bemerkt. So ein Mensch wird wohl seine Besuche machen, sich sehr nett benehmen, nicht stören. Er wird aber nicht warm werden können, weil ihn sein Streben nach Macht daran hindert, und auch die anderen werden nicht warm werden. Oft wird er still bei Tische sitzen und nicht das Äußere eines froh bewegten Menschen zeigen, auch wenig dazu tun, um die Gesellschaft zu fördern. Er wird mehr den Dialog vorziehen als das Sprechen in einer größeren Versammlung. Auch in oft unauffälligen Dingen wird sich seine Eigenart zeigen, wie z. B. darin, daß er immer recht behalten will, selbst in Dingen, die für alle belanglos sind. Dabei wird sich zeigen, daß es ihm im Grunde gleichgültig ist, womit er argumentiert, daß es ihm vielmehr darum zu tun ist, den anderen ins Unrecht zu setzen. Oder er zeigt an der Abbie-gungsstelle rätselhafte Erscheinungen, ist müde, ohne zu wissen wovon, gerät in eine Hast, die ihn nicht vorwärts bringt, kann nicht schlafen, kommt nicht zu Kräften, hat allerlei Beschwerden, kurz, man hört eine Anzahl von Klagen, über die er meist keine rechte Auskunft geben kann. Er ist scheinbar ein kranker Mensch, er ist nervös. In Wirklichkeit sind aber diese Erscheinungen hinterlistige Mittel, um die eigene Aufmerksamkeit vom wahren Sachverhalt abzulenken. Es ist kein Zufall, wenn solche Mittel gewählt werden. Und wenn man bedenkt, was für ein Rebellentrotz darin steckt, wenn sich ein Mensch z. B. durch Angst gegen die natürliche Erscheinung der Nacht auflehnt, dann versteht man, daß das kein Mensch sein kann, der mit dem irdischen Leben verwachsen ist. Denn seinem Gehaben liegt nichts anderes zugrunde, als die Nacht abzuschaffen. Das verlangt er so eigentlich als Bedingung für seine Einfügung in ein normales Leben. Da er aber eine derartige unerfüllbare Bedingung stellt, verrät er gleichzeitig seine böse Absicht. Er ist ein Nein-sager.

Alle nervösen Erscheinungen dieser Art sind an dem Punkt entstanden, an dem ein solcher Mensch vor seiner Aufgabe erschrickt und nach einem Vorwand sucht, um sie entweder langsamer und mit mildernden Bedingungen anzugehen oder ganz aus ihrem Bereich zu flüchten. Dadurch entzieht er sich gleichzeitig auch den für die Erhaltung der menschlichen Gesellschaft notwendigen Aufgaben, schädigt zunächst seine nähere Umgebung, in einer weiteren Beziehung aber auch alle anderen. Diese Dinge wären schon längst aus der Welt geschafft, wenn wir alle mehr Menschenkenntnis hätten und imstande wären, immer jene furchtbare Kausalität ins Auge zu fassen, die zwischen einem Angriff auf die logischen, immanenten Spielregeln der menschlichen Gesellschaft und dem tragischen Schicksal, das sich oft in viel späterer Zeit daraus entwickelt, besteht. Da die Zeitläufte oft groß sind und meist eine Unzahl von Komplikationen hinzutreten, sind wir in der Regel oft nicht in der Lage, diese Zusammenhänge genauer zu fixieren, um daraus zu lernen und andere darüber zu belehren. Erst wenn wir eine ganze Lebenslinie abrollen lassen und uns in die Geschichte eines Menschen vertiefen, sind wir mit viel Mühe imstande, den Zusammenhang zu überblicken und zu sagen, wo der Fehler gemacht wurde.


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