Begriff - Thomas, Spinoza, Locke, Hume
Die Scholastiker schätzen das begriffliche Wissen aufs höchste. Aus bloßen Begriffen, ohne genügende Berücksichtigung der Erfahrung (der Beobachtung, des Experimentes), suchen sie alles Mögliche dogmatisch (s. d.) abzuleiten und es ontologistisch (s. d.) vom Seienden selbst auszusagen. Nach THOMAS geht der Begriff auf das Wesen der Dinge, ist die geistige Reproduction dieses Wesens (»similitudo rei intellectae quantum ad eius essentiam«, Contr. gent. IV, 11, 6: ähnlich PETRUS AUREOLUS, Prantl III, 324 f.). Unter »terminus mentalis« versteht man ein »signum naturale«, einen »conceptus sive actus intelligendi animae« (l.c. IV, 61, 108). WILHELM VON OCCAM erblickt im Begriffe ein Zeichen für eine Klasse von Objekten, die er vertritt (supponit, Log. I, 1, 12). Der Begriff (conceptus) ist »aliqua qualitas existens subiective in mente, quae ex natura sua est signum rei extra« (ib.). Nach GOCLEN ist »conceptus formalis« ein »conceptus, quem de aliqua re per intellectum apprehensa formamus«, »conceptus objectivus«, aber »res, quae concipitur« (Lex. phil. p. 428). Es gibt einen »conceptus simplex« und »conceptus complexus« (ib.). Die Allgemeinbegriffe (s. Allgemein) wertet der scholastische Nominalismus (s. d.) anders als der Realismus (s. d.). CAMPANELLA erklärt, wir hätten allgemeingültige Begriffe (»notiones communes«) von der größten Sicherheit und von fundamentaler Bedeutung für das Erkennen. »Notiones communes habemus, quibus facile assentimur, alias ab intus, innata ex facultate, alias de foris per universalem consensum omnium entium aut hominum; et haec sunt certissima principia scientiarum« (Univ. phil. I, 2, 5). Nach DESCARTES enthalten die »notiones communes« »ewige Wahrheiten« (s. d., Princ. phil. I, 49 f.). Nach SPINOZA sind begriffliches und Seins-Wesen eins (Ren. Cart. I, def. IX). Die »notiones universales« entstehen aus der verworrenen Vorstellung vieler Bewußtseinsinhalte. »Ubi imagines in corpore plane confunduntur, mens etiam omnia corpora confuse sine ulla distinctione imaginabitur et quasi sub uno attributo comprehendet, nempe sub attributo entis, rei etc.« (Eth. II, prop. XL, schol. I). Den eigentlichen Begriff nennt Spinoza »idea«, »mentis conceptus«, vom Vorstellungsbilde (imago) wohl zu unterscheiden (l.c. II, def. III). Nach TSCHIRNHAUSEN ist in jedem Begriffe schon ein Urteil (Bejahung oder Verneinung) enthalten (so auch schon nach SPINOZA, s. Idee). CHR. WOLF versteht unter Begriff (notio) die »repraesentatio rerum in universali seu generum seu specierum« (Phil. rat. § 34). »Einen Begriff nenne ich eine jede Vorstellung einer Sache in unseren Gedanken« (Vern. Ged. von d. Kr. d. m. Verst.9, § 4). Der Begriff enthält alles, wodurch ein Ding erkannt und von anderen unterschieden wird (l.c. § 8). Allgemeiner Begriff ist ein solcher, der allen Dingen von einer Art zukommt (l.c. § 28). »Notiones universales« sind »notiones similitudinum inter res plures intercedentium« (Phil. rat. § 54). Nach BAUMGARTEN ist der Begriff eine »repraesentatio rei per intellectum« (Met. § 612). G. F. MEIER und REIMARUS (Vernunftlehre, § 30) identifizieren Begriff und Vorstellung (Idee).
Für LOCKE sind die Begriffe Zusammenfassungen einfacher Vorstellungen (»simple ideas«) unter einem Namen (Ess. II, ch. 12, § 1). Es entspricht ihnen objectiv die Ähnlichkeit einer Reihe von Dingen, als Begriffe aber sind sie Produkte des Denkens (l.c. III, ch. 3, § 13). BERKELEY erklärt, eine Vorstellung werde zum Begriffe dadurch, daß sie als Repräsentantin von Vorstellungen gleicher Art, in deren Beziehung zu anderen, auftritt (Princ. XV). Ähnlich lehrt HUME, ein Begriff entstehe dadurch, daß mit einer Vorstellung sich eine gewohnheitsmäßige Tendenz (»a certain custom«) verbindet, ähnliche Vorstellungen ins Bewußtsein zu rufen (Treat. I, sct. 7, S. 34 ff.). Nach TH. BROWN beruht der Begriff auf dem Bewußtsein (feeling) der Ähnlichkeiten mehrerer Vorstellungen und ihrer Zusammenfassung unter einem Namen (Lect. II, p. 457, 475). A. BAIN erklärt den Begriff als Repräsentanten einer Gruppe ähnlicher Vorstellungen (Sens. and Int.3, p. 470).