Zahl - Descartes, Locke, Leibniz


Nach JOH. PHILOPONUS setzt die sinnlich-anschauliche Tätigkeit der Seele die Vielheit, der bestimmte Zahlbegriff aber ist ein Denkprodukt (vgl. Siebeck, Gesch d. Psychol. I 2, 351). - Nach ALANUS AB INSULIS ist die Zahl »naturalis discretorum summa«. Nach THOMAS ist die Zahl »multitudo mensurata per unum« (Sum. th. I, 7, 4c), »aggregatio unitatum« (7 phys. 8). Sie entsteht »per divisionem continui« (De pot. 3, 16 ad 3). So auch DUNS SCOTUS. Dieser unterscheidet: »numerus essentialis« (aus der Teilung der ersten göttlichen Einheit), »numerus naturalis« oder »formalis«, »numerus accidentalis« (die mathematische Zahl), die Zahl, durch welche gezählt wird. - Nach SUAREZ ist die Zahl weder Substanz noch Akzidens, sondern eine Kollektion von Akzidenzen zur Einheit (Met. disp. 41, sct. l, 16). Die Zahl ißt nicht ein Geschöpf des Denkens, sondern wird von der Vernunft erkannt (l. c. sct. 1, 18). MICRAELIUS bestimmt: »Numerus est compositarum unitatum aggregatio« (Lex. philos. p. 721). »Numerus numerans seu formalis est, quem anima apprehendit abstractum ab omni materia. Dicitur etiam mathematicus.« »Numerus numeratus et materialis est, cuius unitates sunt res.« »Numerus transcendentalis, qui etiam reperitur in rebus incorporeis numero distinctis, distinguendus est a numero praedicamentali, qui est in genere quantitatis« (l. c. p. 722). »Numerare est intelligere multitudinem rerum« (ib.). Nach HOBBES ist das Zählen eine »actio animi«, ein geistiger Akt (De corp. C. 7, 7). Das Denken (s. d.) ist ein Rechnen. Daß die Zahl als solche nur begrifflich ist, betont DESCARTES: »Cum numerus non in ullis rebus creatis, sed tantum in abstracto sive in genere consideratur, est modus cogitandi duntaxat« (Princ. philos. I, 58). Doch entspringt die Anzahl aus der Unterscheidung der Dinge: »Numerus autem in ipsis rebus oritur ab earum distinctione« (l. c. I, 60). Auch SPINOZA bemerkt: »Numerum nihil esse praeter cogitandi seu potius imaginandi modos« (Epist. 29). Nach LOCKE ist die einfachste Vorstellung die der Einheit oder Eine. Jede Vorstellung führt diese Vorstellung mit sich, daher ist sie die bekannteste und allgemeinste Vorstellung (Ess. II, ch. 15, § 1). »Durch Wiederholung der 1 und Verbindung beider bildet man daraus die Sammelvorstellung, die man mit 2 bezeichnet. Wer so verfährt und zu der letzten Sammel-Zahl immer wieder eine Einheit hinzufügt und ihr einen Namen gibt, kann zählen oder hat die Vorstellung verschiedener Ansammlungen von Einsen, die voneinander verschieden sind, und zwar so weit, als er für jede dieser Zahlen Namen hat, und er diese Reihe von Zahlen mit ihren Namen behalten kann. Alles Zählen besteht nur in der Hinzufügung einer Eins mehr und in Belegung der neuen zusammengefaßten Vorstellung mit einem besondern Namen oder Zeichen, um sie unter den vorhergehenden und den nachfolgenden zu erkennen und von jeder größern oder kleinern Menge von Binsen zu unterscheiden« (l. c. § 5). Die Zahl gehört zu den primären Qualitäten (s. d., l. c. II, ch. 8, § 11). NEWTON definiert: »Per numerum non tam multitudinem unitatum quam abstractam qualitatis cuiusvis ad aliam eiusdem generis quantitatem, quae pro unitate habetur, rationem intelligimus« (Arithmet. universal. C. 2 f.). Nach LEIBNIZ ist die Zahl eine »idea adaequata« und (virtuell) angeboren. doch muß sie gelernt und an Beispielen erprobt werden (Erdm. p. 294. vgl. p. 209, 340, 361, 363, 399. Baumann, Lehr. von R., Z. u. M., II, 38 ff.). Als Kollektion von Einheiten bestimmt die Zahl BONNET: »Si l'esprit, ne considérant dans un objet que l'existence, la désigne par le mot d'unité, de la collection de semblables unités il déduira la notion du nombre« (Ess. anal. XV, 255. vgl. Ess. de Psychol. ch. 14. vgl. CONDILLAC, Trait. d. sens. I, ch. 4, § 5 ff.). BERKELEY erklärt: »Daß die Zahl durchaus ein Produkt des Geistes sei..., wird einem jeden einleuchten, der bedenkt, daß das nämliche Ding eine verschiedene Zahlbezeichnung erhält, wenn der Geist es in verschiedenen Beziehungen betrachtet... Die Zahl ist so augenscheinlich relativ und von dem menschlichen Verstande abhängig, daß es kaum zu denken ist, daß irgend jemand ihr eine absolute Existenz außerhalb des Geistes zuschreiben könne... Und in jedem Betracht ist es klar, daß die Einheit sich auf eine besondere Kombination von Ideen bezieht, welche der Geist willkürlich zusammenstellt« (Princ. XII). CRUIUS bestimmt die Zahl als einen Begriff, »darinnen man sich mehrere Dinge, in welchen man einerlei Wesen betrachtet..., inwiefern sie mehrere sind, vorstellt« (Vernunftwahrh. § 91. vgl. CHR. WOLF, Anfangsgründe sämtl. mathemat. Wissensch. 1710).


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