Kausalität - Locke, Berkeley, Hume


Eine psychologische Erklärung des Kausalbegriffes beginnt bei LOCKE, der ihn auf die Wahrnehmung der Entstehung von Eigenschaften und Dingen durch die Tätigkeit anderer Dinge zurückführt (Ess. II, ch. 26, § 1). Der Kausalbegriff ist ein Relationsbegriff, der aus der Vergleichung mehrerer Dinge miteinander entspringt, wobei dasjenige, dem Tätigkeit und Kraft (»power«) zugeschrieben wird, als Ursache gilt (l.c. § 2). BERKELEY betont, daß den Körpern (s. d.) als bloßen »Ideen« keine Wirksamkeit zukommt. Gott ist es, der die regelmäßige Verknüpfung der Ereignisse herstellt (Princ. XXX). Wir schreiben den Dingen dann Kraft und Tätigkeit zu, wenn wir bemerken, daß auf gewisse Vorstellungen beständig bestimmte andere Vorstellungen folgen und wir zugleich wissen, daß dies nicht von unserem Tun herrührt (l.c. XXXII). Die vermeintlichen »Ursachen« sind aber nur Zeichen für das Auftreten bestimmter Zustände, die wir erwarten müssen (l.c. LXV). Die einzige erkennbare Ursache ist der Geist (s. d.). CONDILLAC bemerkt: »Après les effets qu'on voit, on juge des causes qu'on ne voit pas. Le mouvement d'un corps est un effet: il y a donc une cause. Il est hors de doute que cette cause existe, quoiqu' aucun de mes sens ne me la fasse apercevoir, et je la nomme force« (Log. I, 5). Nach BONNET führt die Beobachtung (»observation«), daß die Natur sich stetig verändert, und daß jede Veränderung die unmittelbare Folge irgend welcher vorangegangenen ist, zum Kausalbegriff (Ess. de Psych. C. 16).

Daß aus der Wahrnehmung des regelmäßigen Zusammenvorkommens von Zuständen nicht ohne weiteres auf einen Kausalzusammenhang geschlossen werden kann, betont GLANVILLE. »All knowledge of causes is deductive, for we know none by simple intuition, but through the mediation of their effects. So that we cannot conclude any thing to be the cause of another but from its continual accompanying it, for the causality itself is insensible. But now to argue from a concomitancy to a causality is not infallibly conclusive, yea in this way lies notorious delusion« (Sceps. scient. 23, p. 142). HUME vollends erklärt, die Gültigkeit des Kausalprinzips sei weder aus der Vernunft noch aus der objektiven Erfahrung zu deduzieren, sondern der Kausalbegriff entstehe rein subjektiv-psychologisch, durch die subjektive Notwendigkeit der Ideenassoziation. Das Kausalgesetz lautet: »Whatever begins to exist, must have a cause of existence« (Treat. I, p. 380). Die Kausalität liegt nicht in den Sinnesimpressionen, sondern beruht auf geistiger Verknüpfung von Vorstellungen (l.c. III, sct. 14). Die regelmäßige, konstante Verbindung von Vorstellungen erzeugt in uns die Erwartung einer bestimmten Vorstellung beim Auftreten der einen, ein Gefühl der Notwendigkeit, von einer zur andern überzugehen, einen subjektiven Glauben (belief), der aus dem post hoc ein propter hoc macht, eine Notwendigkeit in die Dinge hineinlegt, obgleich sie nur im Bewußtsein steckt (ib. und Inquir. IV, 1). So muß es sein, denn begrifflich, a priori, kann eine Wirkung aus der Ursache nicht gefunden werden (Inqu. IV, 1, 11); die Erfahrung wiederum enthält keine »impressions«, von denen der Kausalbegriff zu abstrahieren wäre; er hat keine anschauliche Grundlage. Das Dasein objektiver und noch weniger metaphysischer Ursachen und Kräfte ist also nicht plausibel und erkennbar zu machen, wiewohl wir den Kausalbegriff empirisch nicht entbehren mögen; er ist hier aktueller Natur, bezieht sich nicht auf Dinge, sondern auf Vorgänge, die miteinander assoziativ verknüpft werden (Inquir. IV, 1). Ähnlich lehren teilweise JAMES MILL (Anal. ch. 24) und TH. BROWN (On cause and effect p. 108 ff.).

Die schottische Schule betrachtet den Kausalbegriff als ursprünglich, als ewige Wahrheit, als »selbst-evident« im Denken liegend. Nach FERGUSON ist bei jeder wahrgenommenen Veränderung »der Mensch von Natur geneigt, eine verändernde Kraft oder Ursache zu vermuten« (Gr. d. Moralphil. S. 4). MENDELSSOHN meint, »daß die öftere Folge zweier Erscheinungen aufeinander uns die gegründete Vermutung gäbe, daß sie miteinander in Verbindung stehen« (Morgenst. I, 2). Nach TETENS nehmen wir den Kausalbegriff »zunächst aus dem Gefühl von unserem eigenen Bestreben und dessen Wirkungen« und übertragen ihn dann auf die Außendinge (Phil. Vers. I, 323 f.). Die Theorie HUMEs kritisiert er, mit Anerkennung des in dieser Berechtigten (l.c. I, 312 ff.). Doch sieht er im Kausalbegriff weder ein Produkt der Assoziation noch der Induktion, sondern ein Denk- (Verstandes-) Erzeugnis, eine »notwendige Wirkungsart« des Denkens, die aus dem »Beziehen« entspringt (l.c. S. 317 ff.).


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