Kategorien - Trendelenburg, Lotze, Hartmann


TRENDELENBURG sieht in den Kategorien Begriffe, die aus der Reflexion über die Formen der Denkbewegung entspringen (Log. Unt. I2, 330). Indem die »Bewegung« (s. d.), die Quelle der Kategorien, in der Anschauung schon mitenthalten ist, werden sie aus ihr abstrahiert (l.c. S. 358). Sie sind aber »keine imaginären Größen, keine erfundenen Hülfslinien, sondern ebenso objektive als subjektive Grundbegriffe« (Gesch. d. Kategorienl. S. 368). Reale Kategorien sind die Formen, durch welche das Denken das Wesen der Sachen ausdrücken will (Log. Unt. I2, 329), die »Grundbegriffe, unter welche wir die Dinge fassen, weil sie ihr Wesen sind« (Kategorienl. S. 364). Modale Kategorien sind »die Grundbegriffe, welche erst im Akt unseres Erkennens entstehen, indem sie dessen Beziehungen und Stufen bezeichnen« (ib.; Log. Unt. II, 97 ff.). Es gibt sonst Kategorien aus der Bewegung und Kategorien ans dem Zweck (Log. Unt. I, 278 ff. II, 72 ff.). Nach J. H. FICHTE sind die Kategorien a priori und zugleich objektiv (Psychol. I, 185 f.). Nach M. CARRIERE sind die Verstandeskategorien »zugleich die Gesetze der Dinge und die Normen, nach denen die Welt unterschieden und geordnet ist« (Sittl. Weltordn. S. 92). Doch stammen sie nicht aus der Erfahrung, sondern sind Normen unseres Denkens (l.c. S. 94). LOTZE bestimmt die Denkformen als Subjektiv- objektive Formen, sie sind zur Behandlung der Naturobjekte bestimmt, beziehen sich notwendig auf diese (Mikrok. III2, 204). Sie sind »weder bloße Folgen der Organisation unseres subjektiven Geistes, ohne Rücksicht auf die Natur der zu erkennenden Objekte, noch sind sie unmittelbare Abbilder der Natur und der gegenseitigen Beziehungen dieser Objekte. Sie sind vielmehr ›formal‹ und ›real‹ zugleich. Nämlich sie sind diejenigen subjektiven Verknüpfungsweisen unserer Gedanken, die uns notwendig sind, wenn wir durch Denken die objektive Wahrheit erkennen wollen« (Gr. d. Log. S. 8). Es gibt vier logische Kategorien: Ding, Eigenschaft, Tätigkeit, Relation (l.c. S. 17). ULRICI leitet die Kategorien aus der unterscheidenden Denktätigkeit ab. Sie sind »die an sich rein logischen, schlechthin allgemeinen, ideellen, formellen Begriffe..., welche die allgemeinen Beziehungen der Unterschiedenheit und resp. Gleichheit der (seienden wie gedachten) Objekte ausdrücken« (Log. S. 142, 215 ff., 285 ff.). Sie sind an sich nicht Begriffe, sondern Normen der Denktätigkeit, leitende Gesichtspunkte für dieselbe (Gott u. d. Nat. S. 563). Sie haben metaphysische Gültigkeit (l.c. S. 561). Die höchste Kategorie ist das »Denkbare« (Log. S. 53). Die ethischen Kategorien sind ursprünglich (Gott u. d. Nat. S. 680). FORTLAGE betrachtet die Kategorien als Produkte unbewußter Geistesfunktionen, die auf Veranlassung des Bewußtseins entstehen (Syst. d. Psychol. I, 165 ff.). Sie entspringen dem Triebleben des Geistes (l.c. I, 464). »Trieb-Kategorien« sind Bejahung und Verneinung (l.c. I, 92). Nach E. V. HARTMANN sind die Kategorien nur als »Kategorialfunctionen«, nicht als Begriffe a priori (Krit. Grundleg. S. 125 f.). Sie sind Denkformen, welche sich »aus Keimen und Anlagen des Verstandes entwickeln, in denen sie vorbereitet liegen« (l.c. S. 11). Die Kategorie ist »eine unbewußte Intellektualfunktion von bestimmter Art und Weise, oder eine unbewußte logische Determination, die eine bestimmte Beziehung setzt« (Kategorienl., Vorw. S. VII). Die Kategorien sind »supraindividuelle« »Betätigungsweisen der unpersönlichen Vernunft in den Individuen« (l.c. S. VIII). Sie sind Formen der Beziehung, der Synthese, der logischen Determination (l.c. S. 334). Ein Teil der Kategorien gilt für die Subjektive, objektive, metaphysische Sphäre zugleich, ein anderer nur für die Subjektiv-objektive, wieder ein anderer nur für die objektive und metaphysische (vgl. Kausalität, Quantität u.s.w.). Die Kategorientafel ist folgende:

 

A. Kategorien der Sinnlichkeit:

I. Kategorien des Empfindens:

Qualität

Quantität (intensive, extensive = Zeitlichkeit)

II. Kategorien des Anschauens:

Räumlichkeit

 

B. Kategorien des Denkens:

I. Urkategorie der Relation

II. Kategorie des reflektierenden Denkens (5 Arten)

III. Kategorie des spekulativen Denkens:

Kausalität (Ätiologie)

Finalität (Teleologie)

Substantialität (Ontologie).

 

Das Wahrgenommene ist »durch und durch ein Kategoriengespinst«, es weist auf eine transcendente Wirklichkeit hin (l.c. S. 339). Ohne Kategorien ist die Welt nicht zu verstehen (Gesch. d. Met. I, 562). An Hartmann schließt sich eng A. DREWS, an (Das Ich S. 178). Die transsubjektive Geltung der Kategorien betont VOLKELT (Erfahr. u. Denk. S. 89, 95 u. ff.). Nach G. SPICKER beruht alles Denken auf einem sinnlichen Substrat, geht aber über dieses hinaus (K., H. u. B. S. 165). Die Kategorien bringen erst geordnete Erfahrung hervor (l.c. S. 174). Aller »Gewohnheit« liegt schon die Denknotwendigkeit zugrunde (l.c. S. 178 f). Die Kategorien haben metaphysische Geltung, führen zum Ding an sich (l.c. S. 180; 42, 47). Die Funktion der Kategorien fängt erst recht da an, wo die Sinnlichkeit aufhört (l.c. S. 180). Einen erweiterten Gebrauch der Kategorien im Übersinnlichen, in der Richtung auf das Ganze der Erfahrung, hält WITTE für zulässig (Wes. d. Seele S. 336). Nach G. THIELE ist den Kategorien das »Nach-außen-sich-beziehen« wesentlich. Sie »meinen« etwas außer sich, beziehen sich auf ein anderes, sei es was immer (Philos. d. Selbstbewußts. S. 74 f., 183, 411). Ähnlich UPHUES und H. SCHWARZ. Nach A. DORNER haben die Kategorien keinen Sinn, wenn ihnen nicht eine Realität entspricht. Unser Denkorgan zwingt uns, in das Gebiet der Metaphysik überzugehen. »Daß unser Denken gezwungen ist, Kategorien zu bilden, die über das bloße Denken hinausgreifen, beweist uns..., daß es intelligible Realitäten gibt, die die Vernunft beeinflussen, Kategorien zu bilden, mit denen sie sich diese Realitäten vergegenwärtigt« (Gr. d. Religionsphilos. S. 18 ff., 24; Das menschl. Erkenn. 314 f.). »Die realen Kategorien sind nicht bloß logischer Natur, sie besagen mehr; sie sind nicht bloß Produkte der Phantasie, vielmehr werden durch sie, die wir anwenden müssen, immer die Dinge als beharrend und wirkend, nicht als bloß logisch zusammenhängend gedacht, wie ein Begriffssystem« (Gr. d. Religionsphilos. S. X). Die Kategorien sind nicht zu eliminieren, wohl aber müssen sie richtig angewendet werden (ib.). Die transzendente Gültigkeit der Grundbegriffe (Kausalität, Substanz, s. d.) behauptet W. JERUSALEM. - Nach L. RABUS sind die logischen Kategorien die »Akte des Begreifens«, d.h. des Denkens, welches »die gegenständliche Mannigfaltigkeit auf die ihr zugrunde liegende Einheit zurückführt und umgekehrt auf Grund solcher Einheit die Mannigfaltigkeit sich zurechtlegt« (Log. S. 234). Urkategorie ist der Gedanke der Einheit (ib.). Idee ist das »durch die Kategorie in seiner universellen Bedeutung begriffene Bild« (l.c. S. 236). Gegen die subjektive Kategorienlehre erklärt sich HAGEMANN (Log. u. Noet.5, S. 146). So auch die katholisch-thomistische Logik und Metaphysik (PESCH, COMMER, GUTBERLET, Log. u. Erk.2, S. 13, 209 ff.).


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