Ritter Filangieri


Neapel, den 5. März 1787.

 

Von einem trefflichen Manne, den ich diese Tage kennen gelernt, muß ich kürzlich das Allgemeinste erwähnen. Es ist Ritter Filangieri, bekannt durch sein Werk über die Gesetzgebung. Er gehört zu den ehrwürdigen jungen Männern, welche das Glück der Menschen und eine löbliche Freiheit derselben im Auge behalten. An seinem Betragen kann man den Soldaten, den Ritter und Weltmann erkennen, gemildert ist jedoch dieser Anstand durch den Ausdruck eines zarten sittlichen Gefühls, welches, über die ganze Person verbreitet, aus Wort und Wesen gar anmutig hervorleuchtet. Auch er ist seinem Könige und dessen Königreich im Herzen verbündet, wenn er auch nicht alles billigt, was geschieht; aber auch er ist gedrückt durch die Furcht vor Joseph dem Zweiten. Das Bild eines Despoten, wenn es auch nur in der Luft schwebt, ist edlen Menschen schon fürchterlich. Er sprach mit mir ganz offen, was Neapel von jenem zu fürchten habe. Er unterhält sich gern über Montesquieu, Beccaria, auch über seine eigenen Schriften, alles in demselben Geiste des besten Wollens und einer herzlichen jugendlichen Lust, das Gute zu wirken. Er mag noch in den Dreißigen stehen.

Gar bald machte er mich mit einem alten Schriftsteller bekannt, an dessen unergründlicher Tiefe sich diese neuern italienischen Gesetzfreunde höchlich erquicken und erbauen, er heißt Johann Baptista Vico, sie ziehen ihn dem Montesquieu vor. Bei einem flüchtigen Überblick des Buches, das sie mir als ein Heiligtum mitteilten, wollte mir scheinen, hier seien sibyllinische Vorahnungen des Guten und Rechten, das einst kommen soll oder sollte, gegründet auf ernste Betrachtungen des Überlieferten und des Lebens. Es ist gar schön, wenn ein Volk solch einen Ältervater besitzt; den Deutschen wird einst Hamann ein ähnlicher Kodex werden.




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