Zweck - Leibniz, Wolf, Kant


Daß Mechanismus (Kausalität) und Teleologie keine absoluten Gegensätze sind, sucht LEIBNIZ darzutun. Er erklärt: »La source de la mécanique est dans la métaphysique« (Gerh. III, 607). Der Mechanismus ist sowohl Erscheinung von als Mittel zur Zweckverwirklichung. »Je me flatte d'avoir pénétré l'harmonie des différents règnes, et d'avoir vu que les deux partis ont raison, pour rien qu'ils ne se choquent point. que tout ce fait mécaniquement et métaphysiquement en même temps dans les phénomènes dans la métaphysique« (Gerh. III, 607). Die Prinzipien der Physik sind nicht selbst aus physikalischen Gesetzen ableitbar, sondern bedürfen der Beziehung auf die höchste Intelligenz (Math. WW. Gerh. 129 ff.). Bei CHR. WOLF und der Popularphilosophie (s. d.) wird die Teleologie veräußerlicht, alles wird zum Menschen in Beziehung gebracht. Nach CHR. WOLF gibt es einen Teil der Naturphilosophie, »quae fines rerum explicat, minime adhuc destituta, etsi amplissima sit et utilissima. Dici potest teleologia« (Philos. rational. § 85. vgl. Vern. Gedank. von den Absichten d. nat. Dinge 1724). »Finis« ist »id, propter quod causa efficiens agit« (Ontolog. § 932), »causa actionis causae efficientis« (l. c. § 933). - Ansätze zu einer Lehre von der »Heterogonie der Zwecke« finden sich bei HARTLEY, JAMES MILL, HUTCHESON, TUCKER (Light of Nature II, 1842) u. a. Als einen apriorischen (s. d.) Begriff, welcher der Urteilskraft (s. d.) entspringt und nicht konstitutive (s. d.), wohl aber regulative (s. d.) Bedeutung hat, d.h. der nicht eigentlich zur Erkenntnis, sondern zur Interpretation der Dinge nach Analogie der Zwecksamkeit dient, bestimmt den Zweck KANT. Der Zweck ist »ein eigentümlicher Begriff der reflektierenden Urteilskraft, nicht der Vernunft. indem der Zweck gar nicht im Objekte, sondern lediglich im Subjekte, und zwar dessen bloßem Vermögen zu reflektieren gesetzt wird.« Indem die Urteilskraft eine Zweckmäßigkeit der Natur denkt, werden nicht die Formen der Natur selbst als zweckmäßig gedacht, sondern nur das Verhältnis derselben zueinander (Üb. Philos. überh. S. 155). Den Zweck legen wir in die Objekte hinein, er ist also »kein Bestandteil der Erkenntnis des Gegenstandes, aber doch ein von der Vernunft gegebenes Mittel oder Erkenntnisgrund« (Üb. d. Fortschr. d. Met. S. 137 f.). - Zweck ist »der Begriff von einem Objekt, sofern er zugleich den Grund der Wirklichkeit dieses Objektes enthält« (Krit. d. Urt., Einl.). Zweckmäßigkeit ist »die Übereinstimmung eines Dinges mit derjenigen Beschaffenheit der Dinge, die nur nach Zwecken möglich ist«. Durch diesen Begriff wird die Natur so gedacht, »als ob ein Verstand den Grund der Einheit des Mannigfaltigen ihrer empirischen Gesetze enthalte« (ib.). »Der Begriff eines Dinges, als an sich Naturzwecks, ist also kein konstitutiver Begriff des Verstandes oder der Vernunft, kann aber doch ein regulativer Begriff für die refektierende Urteilskraft sein, nach einer entfernten Analogie mit unserer Kausalität nach Zwecken überhaupt die Nachforschung über Gegenstände dieser Art zu leiten und über ihren obersten Grund nachzudenken« (l. c. II, § 65). Die teleologische Beurteilung wird, wenigstens problematisch, mit Recht zur Naturforschung gezogen, »aber nur, um sie nach der Analogie mit der Kausalität nach Zwecken unter Prinzipien der Beobachtung und Naturforschung zu bringen, ohne sich anzumaßen, sie danach zu erklären. Sie gehört also zur reflektierenden, nicht der bestimmenden Urteilskraft. Der Begriff von Verbindungen und Formen der Natur nach Zwecken ist doch wenigstens ein Prinzipmehr, die Erscheinungen derselben unter Regeln zu bringen, wo die Gesetze der Kausalität nach dem bloßen Mechanismus derselben nicht zulangen« (l. c. § 61). Die Erzeugung auch nur eines Gräschens aus bloß mechanischen Ursachen ist nicht zu verstehen (l. c. § 77). Möglich ist, daß »in dem uns unbekannten innern Grunde der Natur selbst die physisch-mechanische und die Zweckverbindung an denselben Dingen in einem Prinzip zusammenhängen mögen« (l. c. § 70).- Zweck ist »die vorgestellte Wirkung, die zugleich der Bestimmungsgrund der verständigen wirkenden Ursache zu ihrer Hervorbringung ist« (l. c. § 82). »Zweck ist jederzeit der Gegenstand einer Zuneigung, das ist einer unmittelbaren Begierde zum Besitz einer Sache, vermittelst seiner Handlung... Ein objektiver Zweck (d.h. derjenige, den wir haben sollen) ist der, welcher uns von der bloßen Vernunft als ein solcher aufgegeben wird. Der Zweck, welcher die unumgängliche Bedingung und zugleich zureichende aller übrigen enthält, ist der Endzweck« (Relig., Vorr.). Zweck ist »das, was dem Willen zum objektiven Grunde seiner Selbstbestimmung dient.« »Was dagegen bloß den Grund der Möglichkeit der Handlung enthält, deren Wirkung Zweck ist, heißt das Mittel. Der subjektive Grund des Begehrens ist die Triebfeder, der objektive des Wollens der Bewegungsgrund. daher der Unterschied zwischen subjektiven Zwecken, die auf Triebfedern beruhen, und objektiven, die auf Bewegungsgrunde ankommen, welche für jedes vernünftige Wesen gelten« (Grundleg. zur Met. d. Sitt., 2. Abschn., S. 63). Der Mensch existiert »als Zweck an sich selbst, nicht bloß als Mittel zum beliebigen Gebrauche für diesen oder jenen Willen« (ib.). »Die vernünftige Natur existiert als Zweck an sich selbst« (l. c. S. 64). Jedes vernünftige Wesen gehört zum »Reich der Zwecke« (l. c. S. 70).


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