Zahl - Baumann, Cohen, Husserl, Natorp


Nach J. BAUMANN läßt sich ohne Vorstellungssukzession der Begriff der Eins anwenden. »Was wir als Punkt setzen, oder nicht mehr als geteilt setzen wollen, das sehen wir als eines an... Jede Vorstellung ist eine, wenn abgegrenzt gegen eine andere« (Lehren von R., Z. u. M. II, 668f.). Das Urteil: 7 + 5 = 12 ist (wie nach Kant) ein synthetisches Urteil a priori, d.h. eine Erkenntnis, welche in rein geistiger tätiger Anschauung vollzogen wird und nicht bloß auf dem Satze des Widerspruchs beruht (l. c. S. 669). Die Zahlen sind keine von den äußeren Dingen abgezogenen Begriffe, doch sind wir im Zählen durch die Dinge selbst motiviert (l. c. S. 669 f.). Allgemein sind die Zahlen und ihre elementaren Operationen, »weil wir sie zu freier innerer Verfügbarkeit haben und jeden Augenblick die Probe an ihnen machen können, und bei ihrer Durchsichtigkeit im einzelnen Fall die Regel selber zu erkennen ist. Die Sicherheit des Rechnens gründet sich darin, daß es ursprüngliche Tätigkeit ist, die nicht anders gemacht werden kann« (l. c. S. 670). Nach O. SCHNEIDER sind die Zahlbegriffe »die selbstgeschaffenen Ideen, Idealgebilde von Dingen, welche die Eigenschaft haben, daß sie auseinander, durch stetiges Hinzufügen des als Eins gesetzten Dinges und durch stetige Verdinglichung des neuen Merkmalskomplexes entstehen« (Transzendentalpsychol. S. 139). Nach H. COHEN hat die Zahl ihren Ursprung nicht in den Dingen, sondern in der »Einheit des Bewußtseins« (Princ. d. Infin. S. 22). Die wahre Einheit besteht in dem Unendlichkleinen (Log. S. 116). Sie ist die Realität (ib.). Das »Urteil der Realität« erzeugt die Zahl als Kategorie (ib.). »Die Zahl, als Kategorie... bedeutet, daß sie als das methodische, unersetzliche Mittel anzuerkennen sei für die Erzeugung des Gegenstandes« (l. c. S. 117). Sie ist das Fundament, in welchem der Gegenstand seine Realität empfängt, welche eben nichts anderes ist als Zahl (ib.). Die Zahl erzeugt den Inhalt, darf das Sein bedeuten (l. c. S. 143). Nach HUSSERL ist die zeitliche Sukzession nur für die Entstehung der Zahlvorstellungen unerläßlich, aber die zeitliche Ordnung geht in den Inhalt des Zahlbegriffs nicht ein (Philos d. Arithm. 1891, I, 24 ff.). »Vielheit« ist »durch die Reflexion auf die besondere und in ihrer Besonderheit wohl bemerkbare Einigungsweise von Inhalten, wie sie jeder konkrete Inbegriff aufweist« (l. c. I, 15 ff.). Die Zahl ist nicht ein Teil des psychischen Erlebnisses, des Zählens, nichts Reales (Log. Unters. I, 171). Sie ist zeitlos, ist die »ideale Spezies, die im Sinne der Arithmetik schlechthin eine ist, in welchen Akten sie auch gegenständlich werden mag« (ib.). Etwas und Eins, Vielheit und Anzahl sind Kategorien, Relationsbegriffe (Philos. d. Arithm. I, 91). Nach P. NATORP ist die Zahl »der reine Ausdruck, nicht irgend eines in der Erfahrung vorgefundenen Gegenstandes, oder bloß, einer höchst allgemein verbreiteten Eigenschaft solcher, sondern des gesetzlichen Verfahrens des Verstandes, einen Gegenstand überhaupt, im Denken ursprünglich, und erst folgeweise in der Erfahrung, als einen, zwei u.s.f. zu setzen und solcher Setzung gemäß zu erkennen« (Sozialpädagog.2, S. 307). Daß 2 X 2= 4 ist, »ist kein Geschehen in der Zeit, weder ein einzelnes noch ein allgemeines, sondern ein Stattfinden, das an gar keine Zeitbedingung gebunden ist oder sie irgendwie einschließt« (l. c. s. 18). - Nach E. V. HARTMANN ist das Zählen ein Messen. Das Messen entspringt aus der Vereinigung des Vergleichens und Trennens (Kategorienlehre, S. 250). »Alle Zahlen entstehen unmittelbar durch Messen und drücken Maßverhältnisse aus. mittelbar entstehen sie durch Verbindung und Trennung von Maßverhältnissen oder durch das Messen von Maßverhältnissen aneinander« (l. c. S. 257). Nach HEYMANS heißt Objekte zählen, sie »mit den Zahlwörtern von ›eins‹ an paarweise im Denken zusammenfassen« (Ges. u. Elem. d. wissensch. Denk. S. 156). Die reinen Zahlen bedeuten »die fest geordneten Laute, welche wir als Maßstab, die Anzahl gegebener Objekte zu bestimmen, verwenden« (l. c. S. 158 ff.). Nach STRICKER ist die benannte Zahl »an und für sich nur der Ausdruck von motorischen Innervationen« (Stud. üb. Assoc. S. 79). Das Zählen beruht auf motorischen Akten (l. c. S. 83). Die Zahlenvorstellungen sind innere Gestaltungen, durch Muskelinnervationen geschaffen (l. c. S. 83). Die Sätze der Mathematik sind unabhängig von der Sinnenwelt, beruhen bloß auf der Erkenntnis der Abhängigkeit unserer Muskelimpulse von unserem Willen, auf innerem Experiment (l. c. S. 87).


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