Voluntarismus

 

Von Schopenhauer mehr oder weniger beeinflußt sind J. FRAUENSTÄDT, der aber einen relativen Individualismus anerkennt und den Antilogismus vermeidet (Blicke in d. intell., phys. u. moral. Welt, 1869, u. a), O. LINDNER (Zur Tonkunst, 1864), P. DEUSSEN (Elem. d. Met.2, 1890), der Gott als das den Lebenswillen verneinende, erlösende Prinzip bestimmt, L. HELLENBACH (Der Individual.2, 1887, u. a.), MAINLÄNDER (Philos. d. Erlös. 1876, I, S. 44), A. BILHARZ (Metaphys. I, 1 u. 2, 1890/97. Der heliocentr. Standp. d. Weltbetracht. 1879: individualistischer Voluntarismus), J. BAHNSEN, welcher eine Vielheit von Willenseinheiten »Individuallebensfaktoren« annimmt (Zur Philos. d. Gesch. S. 64 ff.). Die Wirklichkeit ist »ein lebendiger Antagonismus von sich kreuzenden Kräften oder Willensakten« (Der Widerspr. I, 436). Einen individualistischen Voluntarismus lehrt auch R. HAMERLING. Der Wille ist die allem Sein innewohnende Triebkraft. »Dasein ist notwendig Selbstbejahung, Wille zum Leben.« Jedes Atom (s. d.) ist ein Wollendes, ein Subjekt, das sich seine Aktionen als Objekt gegenüber setzt. Aber der Intellekt ist im Willen schon als Keim vorhanden (Atomist. d. Will. I, 263 ff.). L. NOIRÉ erklärt: »Alles, was uns von außen als Kraft erscheint, ist innerlich Wille« (Einl. u. Begr. ein. monist. Erk. S. 193). Als Grundkraft der Seele bestimmt den Trieb (s. d.) FORTLAGE (Syst. d. Psychol. I, 464). So auch J. H. FICHTE. Der Wille ist im Erkennen und Fühlen ebenso gegenwärtig und wirksam, als diese in ihm. Der »Grundwille« ist der innerste Quellpunkt des Geistes (Psychol. I, 224 f.). Der Wille ist das Bewußtseinerzeugende (l. c. I, 200). Das Erkennen ist »ein durch das Bewußtsein irgend eines Objektiven zum Stillstand gebrachter Wille« (l. c. I, 259). Auch ULRICI sieht im Willen eine seelische Grundkraft (Leib u. Seele, S. 559, 607). Einen unbewußten Willen (s. d.) betrachtet E. v. HARTMANN als Agens im Psychischen und in der Natur. Seine Funktion ist die »Übersetzung des Idealen ins Reale« (Philos. d. Unbew.3, S. 488). Er ist das »Alogische«, das »Daß« der Welt Setzende, im »Unbewußten« (s. d.). Er manifestiert sich in einer Vielheit (relativer) Individuen (»Willensatomen«). Ähnlich lehrt C. PETERS (Willenswelt u. Weltwille 1883), M. SCHNEIDEWIN (s. Wille), A. DREWS, L. ZIEGLER. - Voluntarist ist auch NIETZSCHE (s. Wille zur Macht).

Nach RÜMELIN gibt der Wille dem Intellekt die Richtung. »Die Triebe... sind die Direktive des Intellekts« (Red. u. Aufs. I, 64 f.). Voluntarist ist F. TÖNNIES. Nach ihm ist der »Wesenwille« »das psychologische Äquivalent des menschlichen Leibes oder das Prinzip der Einheit des Lebens, sofern dasselbe unter derjenigen Form der Wirklichkeit gedacht wird, welcher das Denken selber angehört« (Gemeinsch. u. Gesellsch. S. 99 f.).»Alle spezifisch menschlichen, also die bewußten und gewöhnlich willkürlich genannten Tätigkeiten sind abzuleiten, sofern sie dem Wesenwillen angehören, aus den Eigenschaften desselben und aus seinem jedesmaligen Erregungszustande« (l. c. S. 115). Die grundlegende Bedeutung des Strebens für die Psychologie betont J. DUBOC (Der Optimism. S. 148, f.). - Schon in die Körperelemente setzt den Willen W. HAACKE (Die Schöpf. d. Mensch. u. sein. Ideale, 1895). Nach E. MACH dürfte auch im Unorganischen etwas einem Willen Analoges bestehen (Populärwiss. Vorles. S. 371).

PAULSEN erklärt: »Der Wille ist der ursprüngliche und in gewissem Sinne konstante Faktor des Seelenlebens« (Einleit. in d. Philos2, S. 120). »Der Wille erscheint in biologisch-entwicklungsgeschichtlicher Betrachtung als die primäre und radicale Seite des Seelenlebens.« Die Intelligenz ist eine sekundäre Entwicklung (Syst. d. Eth. I5, 208,). Nach SIGWART beruht unser Denken auf einem »Denken-wollen«. Es besteht der »Primat des Wollens auch auf dem theoretischen Gebiete«. Das »Ich will« muß alle meine Denkakte beherrschen können (Log. II2, 25). N. LOSSKY erklärt: »Der Wille ist die Aktivität des Bewußtseins, welche darin besteht, daß jeder unmittelbar als ›mein‹ empfundene Bewußtseinszustand durch ›meine‹ Strebungen verursacht wird, und welche sich für das handelnde Subjekt im Gefühl der Aktivität ausspricht« (Eine Willenstheorie vom voluntarist. Standp., Zeitschr. f. Psychol.,. 30. Bd., 1902, S. 87 ff., 130). Als Wirklichkeit ist die Seele (s. d.) nach MÜNSTERBERG ein System von Wollungen (Grdz. d. Psychol. I, 397). Der menschliche Wille ist ein Teil des absoluten Willens (l. c. S. 399 f.). Zum Voluntarismus bekennt sich auch R. GOLDSCHEID (Zur Eth. d. Gesamtwill. I, 45, 79). Voluntaristische Psychologie lehrt HUGHES (Die Mimik d. Mensch. 1900).

 


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