Vergleichung

Vergleichung ist die Findung, Konstatierung von Ähnlichkeiten und Verschiedenheiten durch Apperzeption (s. d.) zweier Inhalte. Sie ist eine ursprüngliche Funktion der Aufmerksamkeit, kommt in einem Urteil zum Ausdruck, ist durch Gefühle bedingt. Auf der Grundlage identischer Reaktion des eigenen Ich gegenüber den Reizen (s. d.) setzt das Denken Eindrücke, Inhalte als »gleich«, »ähnlich« oder als »ungleich«, »verschieden« (s. Unterscheidung). Sowohl für die Klassifikation der Qualitäten als auch für die quantitative Messung ist der Akt des Vergleichens Grundbedingung. er ist eine Quelle von Kategorien (s. d.). Vgl. Abstraktion, Begriff, Urteil. BONET definiert: »Comparer différentes sensations, c'est donner son attention à differentes sensations.Mais l'attention est un exercice de la force motrice de l'âme et cet exercice est une modification de son activité. Comparer, c'est donc mouvoir, et mouvoir, c'est agir« (Ess. analyt. XVII, 361). Auf die Aufmerksamkeit führt das Vergleichen und Beziehen auch LAROMIGUIÈRE zurück (Leçons de philos.). Nach H. S. REIMARUS ist Vergleichen »nichts anderes, als sich bemühen einzusetzen, ob und wie weit Dinge miteinander einerlei sind oder nicht. und wenn sie nicht einerlei sind, ob und wie weit sie sich widersprechen oder nicht« (Vernunftlehre, § 12). - - Nach FRIES ist Vergleichung »das Bewußtsein vom Verhältnis mehrerer Vorstellungen zueinander« (Syst. d. Log. S. 92). Die allgemeinsten »Vergleichungsbegriffe« beruhen auf Einheitsvorstellungen (l. c. S. 99). Nach CALKER ist Vergleichung »das gleichzeitige Zusammenfassen mehrerer Vorstellungen und die Wahrnehmung des Ähnlichen und Gleichen in denselben« (Denklehre S. 270). SUABEDISSEN bestimmt: »Das Vergleichen ist ein vervielfachtes Aufwerken, mit dem Zwecke, das, was in mehrerem einerlei und was darin verschieden ist, zu bemerken« (Grdz. d. Lehre von d. Mensch. S. 114). ULRICI bemerkt: »Zwei Dinge vergleichen, heißt nur für das Bewußtsein feststellen, in welchen Beziehungen zu unterschieden, in welchen dagegen gleich seien« (Log. S. 137). Nach HÖFFDING heißt Vergleichen »Ähnlichkeiten oder Unterschiede oder beides finden« (Üb. Wiedererk., Vierteljahrsschr. f. wiss. Philos. 14. Bd., S. 194). Nach SULLY ist das Vergleichen (comparison) zweier Dinge »ein Entdecken durch geistiges Beleuchten derselben der Reihe nach, ob sie sich und in welchen Beziehungen sie sich ähnlich sind oder voneinander unterscheiden«. Die Vergleichung ist »das aufeinander folgende Richten der Aufmerksamkeit auf zwei (oder mehrere) Wahrnehmungen oder Vorstellungen, um zu sehen, in welchen Beziehungen dieselben stehen« (Handb. d. Psychol. S. 236 f.. Hum. Mind ch. 11. vgl. STOUT, Analyt. Psychol. II, ch. 9 f., p. 168 ff.. W. JAMES, Princ. of Psychol. I, 483 ff.. BRADLEY, On the analysis of Comparison, Mind XI, 1886, p. 83 ff.. RIBOT, L'évolut. des idées général., u. a.). Nach OSTWALD ist das Vergleichen die grundlegende Eigenschaft des Geistes (Vorles. üb. Naturphilos.2, S. 17). Nach WUNDT ist die Vergleichung eine »einfache Apperzeptionsfunktion«. Die Beziehung (s. d.) verbindet sich mit der Vergleichung, »sobald die aufeinander bezogenen Bewußtseinsinhalte deutlich gesonderte Vorgänge sind, die zugleich einer und derselben Klasse psychischer Erlebnisse angehören«. »Die Beziehung ist demnach der weitere, die Vergleichung der engere Begriff. Eine Vergleichung ist nur dadurch möglich, daß die verglichenen Inhalte zueinander in Beziehung gebracht werden. Dagegen können Bewußtseinsinhalte aufeinander bezogen werden..., ohne daß sie miteinander verglichen werden« (Gr. d. Psychol.5, S. 304). Die Vergleichung setzt sich aus der Funktion der Übereinstimmung und der der Unterscheidung (s. d.) zusammen (l. c. S. 305. vgl. Empfindung, Intensität, Qualität). Logisch ist Vergleichung Verbindung des Ähnlichen und Unterscheidung des Widerstreitenden. Es gibt individuelle und generische Vergleichung. Die vergleichende Methode besteht darin, »daß die vergleichende Beobachtung, die Sammlung übereinstimmender Erscheinungen und die Abstufung der nicht übereinstimmen den nach den Graden ihres Unterschieds zur Gewinnung allgemeiner Ergebnisse benützt wird« (Log. II, 280 ff.). - R. AVENARIUS erklärt: »Treffen zwei E- Werte (s. d.) zusammen unter Hinzutritt der ›erwarteten‹ und ›gesuchten‹ ›Gleichheit‹, so nimmt das ›Denken‹ seinerseits die bestimmte Modifikation des ›Vergleichens‹ an« (Krit. d. rein. Erfahr. II, 99). Vgl. Unterscheidung, Ähnlichkeit, Gleichheit, Methoden (psychophysische), Wiedererkennen.


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