Verbindlichkeit

Verbindlichkeit ist, ethisch, die durch die sittliche Vernunft dem Willen auferlegte Notwendigkeit, der sittlichen Norm gemäß zu wollen und zu handeln (s. Pflicht).

Nach MENDELSSOHN ist eine Verbindlichkeit »nichts anderes als eine moralische Notwendigkeit, zu handeln, d. i. etwas zu tun oder zu unterlassen«. »Denn da kein physischer Zwang bei einem freien Wesen stattfindet, so kann ich auf keine andere Weise verbunden werden, etwas zu wollen oder nicht zu wollen, als insoweit man mich durch Beweggründe dazu veranlasset« (Üb. d. Evidenz S. 116). Die »natürliche Verbindlichkeit« ist: »Mache deinen und deines Nächsten innern und äußern Zustand, in gehöriger Proportion, so vollkommen, als du kannst« (l. c. S. 117). Nach KANT ist Verbindlichkeit, moralische Nötigung, »die Abhängigkeit eines nicht schlechterdings guten Willens vom Prinzip der Autonomie« (Grundleg. zur Met. d. Sitt. 2. Abschn., S. 78). Ein moralisches Gesetz muß »absolute Notwendigkeit bei sich führen«. Der Grund der Verbindlichkeit liegt nicht in der (empirischen) Natur des Menschen, sondern »a priori lediglich in Begriffen der reinen Vernunft« (l. c. Vorrede, S. 15 f.). Der Mensch ist durch seine Pflicht an Gesetze gebunden, aber »nur seiner eigenen und dennoch allgemeinen Gesetzgebung« (l. c. 2. Abschn. S. 69). Die Pflicht (s. d.) beruht »nicht auf Gefühlen, Antrieben und Neigungen, sondern bloß auf dem Verhältnisse vernünftiger Wesen zueinander, in welchem der Wille eines vernünftigen Wesens jederzeit zugleich als gesetzgebend betrachtet werden muß, weil es sie sonst nicht als Zweck an sich selbst denken könnte. Die Vernunft bezieht also jede Maxime des Willens als allgemein gesetzgebend auf jeden andern Willen und auch auf jede Handlung gegen sich selbst und dies zwar nicht um irgend eines andern praktischen Beweggrundes oder künftigen Vorteils willen, sondern aus der Idee der Würde eines vernünftigen Wesens. das keinem Gesetze gehorcht als dem, das es zugleich selbst gibt« (l. c. S. 71). Vgl. Pflicht, Sittlichkeit, Autonomie, Imperativ, Würde.


 © textlog.de 2004 • 18.04.2024 06:23:15 •
Seite zuletzt aktualisiert: 14.11.2004 
bibliothek
text
  Home  Impressum  Copyright  A  B  C  D  E  F  G  H  I  K  L  M  N  O  P  Q  R  S  T  U  V  W  Z