Theologie: theologia (theologikê), Gotteslehre, Wissenschaft von Gottes Beziehung zur Welt, von der Beziehung des Menschen zu Gott, Religionswissenschaft (seit ABAELARD). Natürliche Theologie ist die rein vernünftige, philosophische, Spekulative Theologie, im Unterschiede von der kirchlichen Theologie.
ARISTOTELES versteht unter theologoi die alten Kosmo- und Theogonisten (Met. III 4, 1000 a 9). theologikê ist bei ihm die Metaphysik (s. d.). Ein Teil der Philosophie ist die theologia bei den Stoikern (Diog. L. VII 1, 41). - JUSTINUS versteht unter theologein »aliquem nominare deum.« (Dial. 56), aber auch »religiöse Übungen anstellen« (l. c. 113). Bei ATHENAGORAS ist Theologie die Lehre von Gott und seinen Attributen. Schon TERTULLIAN unterscheidet »theologica mythica« und »physica« (vgl. Harnack, Dogmengesch. I3, 483). - Der Gedanke einer »negativen Theologie«, welche Gottes Wesen als positiv unbestimmbar erklärt, tritt schon bei CLEMENS ALEXANDRINUS auf: ouch ho estin, ho de mê esti gnôrisantes (Strom. V, p. 582. V, 587 squ.). Nach GREGOR VON NYSSA ist Gott über alle Kategorien erhaben (Contr. Eunom. XII). Nach AUGUSTINUS ist die Theologie »scientia, quae est de rebus ad salutem hominum pertinentibus« (De trin. XIV, 1). sie ist »de divinitate sermo et ratio« (De civ. Dei VIII, 1). Gott »scitur melius nesciendo« (De ord. II, 44). »Cuins nulla scientia est in anima, nisi scire, quomodo eum nesciat« (l. c. II, 47). In keiner der Kategorien ist Gott bestimmbar (De trin. V, 6. Conf. IV, 29). - DIONYSIUS AREOPAGITA unterscheidet bejahende (kataphatikê) und negative (apophatikê) Theologie. Letztere betrachtet Gott als den über alle Prädikate Erhabenen, als Überseienden, nur im Nichtwissen Nahbaren (De myst. theol. l ff.. De div. nom. 1, 4. 4, 2. 13, l ff.. De eccl. hier. 2, 3). Die gleiche Einteilung der Theologie findet sich bei SCOTUS ERIUGENA (De div. nat. II, 30. vgl. I, 14). Die negative Theologie ist vorzuziehen. »Minus enim valet ad ineffabilis divinae essentiae significationem affirmatio quam negatio« (l. c. III, 20. IV, 5). - Zur Philosophie zählt die »Theologie« JOH. DAMASCENUS (Dial. 3). - ALBERTUS MAGNUS erklärt: »Theologia est impressio quaedam et sigillatio divinae sapientiae in nobis«, »scientia certissimae credulitatis« (Sum. th. I, prol.. vgl. I, 4). Nach J. GERSON gibt es »theologia symbolica« (geht aus vom extra nos durch sensus), »theologia propria« (intra nos, ratio), »theologia mystica« (supra nos, intelligentia). »Theologia mystica est coniunctio amorosa dilecti cum dilecto, quod exsuperat omnem sensum, quod vulnerat, quod coniungit ignotis ignote tanquam in divina caligine« (De myst. theol. 6). »Theologia naturalis« stammt von RAYMUND VON SABUNDE.
Die Gliederung der Theologie in »affirmativa« und »negativa« bei NICOLAUS CUSANUS (De doct. ignor. I, 24, 26), BOVILLUS (De nihilo 11, l, 4). NIC. TAURELLUS bestimmt: »Theologiam divinae voluntatis revelatione definismus et philosophiam Dei cognitione« (De aetern. rer., praef. l. Philos. triumph. p. 88). Einen Teil der Wissenschaft bildet die »theologia naturalis« bei F. BACON (De dign. II, 2 f.). Natürliche Theologie ist nach CHR. WOLF »der Teil der Weltweisheit, darinnen von Gott und dem Ursprunge der Creaturen von ihm gehandelt wird« (Vern. Ged. von d. Kr. d. m. Verst. S. 7. Philos. rat. § 57. vgl. Theol. natur.). BAUMGARTEN definiert: »Theologia naturalis est scientia de deo, quatenus sine fide cognosci potest« (Met. § 800). Nach CRUSIUS ist die natürliche Theologie »eine theoretische Wissenschaft von der Existenz und denen Eigenschaften und denen Wirkungen Gottes« (Vernunftwahrh. § 204). - Nach KANT ist Theologie »das System unserer Erkenntnis vom höchsten Wesen«. »Die Kenntnis alles dessen, was bei Gott stattfindet, ist, was wir theologia archetypa nennen, und diese findet nur bei ihm statt. Das System der Erkenntnis dessen, was von Gott in der menschlichen Natur lieget, heißt theologia ectypa, und diese kann sehr mangelhaft sein« (Vorles. üb. d. philos. Relig. S. 4). »Die Theologie kann nicht dazu dienen, uns die Erscheinungen der Natur erklären zu können.« In der Wissenschaft gleich auf Gott zurückgehen, ist »faule Vernunft« (l. c. S. 7). Anwendung der Theologie auf Moralität ist natürliche Religion (l. c. S. 8). Die natürliche Theologie ist »die Hypothesis aller Religion« (l. c. S. 8). Die natürliche Theologie ist: a. theologia rationalis, b. empirica - Theologie der Vernunft und der Offenbarung. Erstere ist spekulativ oder moralisch. die spekulative Theologie ist transzendental (unabhängig von aller Erfahrung), natural (Kosmo-, Physikotheologie) (l. c. S. 10 ff.). - Nach HILLEBRAND soll die »spekulative« Theologie »das Göttliche in seiner logischen Wahrheit zugleich als positive Wirklichkeit aufweisen« (Philos. d. Geist. II, 315). Als Abschluß aller philosophischen und theologischen Disziplinen betrachtet GIOBERTI die »teologia universale« (Introd. I, 5). Nach VACHEROT ist die Theologie »science de l'ideal universel« (Mét. III, 220). Nach L. FEUERBACH ist die Theologie »Anthropologie«, weil der Gott des Menschen nichts ist als »das vergötterte Wesen des Menschen« (WW. VIII, 20). Vgl. Gott, Religion, Philosophie.