Tastsinn

Tastsinn ist die in der (äußeren und Schleim-)Haut lokalisierte Fähigkeit, Tastempfindungen, d.h. Empfindungen des Glatten, Rauhen u.s.w., zu haben, im weiteren Sinne auch die durch Muskelspannungen, Gelenke und Sehnen entstehende Druckempfindlichkeit. Der Tastsinn bildet einen Teil des »Hautsinns« oder »allgemeinen Sinnes«. Hautstellen, die für Druckempfindungen besonders empfindlich sind, heißen »Druckpunkte«. Die Tastempfindungen werden durch Tastorgane (Endapparate: Tastzellen, Endkolben, Tastkörperchen, Vater-Pacinische Körperchen. Hautnerven) vermittelt. Der Tastsinn ist ein mechanischer, ein Nah-Sinn, er ist von hoher biologischer und erkenntnistheoretischer Bedeutung, ist an der Ausbildung unserer Raum- und Körpervorstellung (s. d. u. Objekt, Widerstand) beteiligt. Vgl. u. a. TELESIUS (De nat. rer. VII, 283), CAMPANELLA, nach welchem alle Dinge »tangendo« empfinden (Univ. philos. II, 12. vgl. Physiol. XII, 2). BERKELEY (s. Raum). CONDILLAC (Trait. d. sens. III, ch. 3. III, ch. 4). M. DE BIRAN (Oeuvr. inéd. II, 121). E. H. WEBER (Tastsinn u. Gemeingef. 1849). LOTZE (Med. Psychol. S. 395 ff.). VOLKMANN (Lehrb. d. Psychol. I4, 281 ff.). ZIEHEN (Leitfad. d. phys. Psychol.2, S. 51). EBBINGHAUS (Gr. d. Psychol. I, 330 ff.). H. SPENCER (Psychol. I, §139). OSTWALD (Vorles. üb. Naturphilos.2, S. 169). Nach WUNDT geht der »allgemeine Sinn« allen andern voraus, kommt allen beseelten Wesen zu. Er umfaßt die äußere Haut mit den an sie angrenzenden Schleimhautteilen der Körperhöhlen, ferner die Gelenke, Muskeln, Sehnen. Knochen u.s.w., in denen sich sensible Nerven ausbreiten. Er umfaßt Druck-, Kälte-, Wärme-, Schmerzempfindungen. Tastempfindungen sind »die durch die äußere Haut vermittelten sowie die durch die Spannungen und Bewegungen der Muskeln, der Gelenke und Sehnen entstehenden Druckempfindungen«. Sie gliedern sich in äußere und innere Tastempfindungen (Gr. d. Psychol.5, S. 56 ff.. Grdz. d. physiol. Psych. II5, C. 10. Vorles. 5)). - Nach M. PALAGYI ist das Tasten ein »Doppelempfinden«, das »aus einer direkten Empfindung und einer Gegenempfindung besteht«. »Wir finden durch das Tasten nicht nur den fremden Körper, sondern auch den eigenen Leib, und dieses Doppelempfinden ist es, was den Charakter des Tastens ausmacht.« »Vermittelst des direkten Empfindens in Tasten nehmen wir zwei Dimensionen des Raumes, vermittelst des inneren Empfindens hingegen nehmen wir einen Widerstand und mithin die dritte Raumdimension wahr« (Log. auf d. Scheidewege, S. 329 ff.). Die Mechanik ist eigentlich nichts als »eine auf die Außenwelt übertragene exakte Lehre von den Tastempfindungen« (l. c. S. 328). Vgl. Druck, Körper, Objekt, Raum.


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