Sittlichkeit

Sittlichkeit ist sittliches Wesen, sittliches Verhalten, sittlicher Charakter, objektiv der Inbegriff des Sittlichen. Es ist zu beachten, daß »Sittlich« sowohl alles unter ethische Kategorien Gehörende, als auch im Besondern das Sittlichgute bedeutet. Das Nichtsittliche (Anethische) ist das sittlich Neutrale, nicht ethisch zu Bewertende, unsittlich (antiethisch) ist das Widersittliche, das Schlechte und Böse (s. Gut). - »Sittlich« ist zunächst, was der Sitte (s. d.) entspricht, später differenziert sich das Sittliche im Sinne des Ethischen, Moralischen von dem bloß der Sitte Gemäßen. Die Sittlichkeit ist in ihrem Ursprunge und in ihrer Entwicklung ein social Bedingtes, indem die sittlichen Gebote, Normen, Ideale abhängig sind von dem in einer Gemeinschaft herrschenden Geiste. Sittlich ist ursprünglich alles von der sozialen Gemeinschaft als gut (s. d.) Gewertete, jede Handlungsweise und Gesinnung, welche so beschaffen ist, daß de den Zwecken der Gemeinschaft nicht nur nicht widerspricht, sondern diese besonders zu fördern geeignet ist. Jede dem sozialen Verbande wertvolle Tüchtigkeit des einzelnen gilt als eine Tugend (s. d.), jede Handlung im Sinne des sozialen Ideals als »sittlich«. »Sittlichkeit« ist eine Kategorie, die dem wertenden, in einer Gemeinschaft lebendigen Urteilen entspringt, ein Produkt der sozialen Vernunft. Mit der Entwicklung der sozialen Institutionen, mit der Differenzierung, Erweiterung, Verfeinerung des Denkens und Fühlens, mit dem Wachstum der Einsicht in das wahrhaft social Wertvolle, mit der Erkenntnis der Zugehörigkeit größerer, schließlich aller Menschenverbände zueinander entwickelt sich und breitet die Sittlichkeit sich aus zum Ideal der Humanität, der gerecht- liebevollen Behandlung der Nebenmenschen im Sinne möglichster Förderung der Menschheit im eigenen und im fremden Ich. Die neben den »egoistischen« Trieben von Anfang an vorhandenen »altruistischen« Tendenzen dehnen sich auf immer größere Gemeinschaften aus. Große ethische Persönlichkeiten geben hierbei durch ihr Beispiel und ihre Lehren den Anstoß zum sittlichen Fortschritte. Die ethische Vernunft, der sittliche Wille, sie sind zunächst in unreflexiver, konkreter Weise und in sozialer Form die Schöpfer der Sittlichkeit, um dann aber auch in Individualitäten zu deutlicherem Bewußtsein zu gelangen und so auf die allgemeine, auf die Volks- und Zeitmoral gestaltend einzuwirken. Die Zwecke der Sittlichkeit sind eigener Art, sie sind einerseits Mittel zur Höherentwicklung der Gemeinschaft der Menschen und der einzelnen, anderseits Selbstzweck, indem die sittliche Vernunft das, was sie als sittlich erkannt und gewertet hat, ebenso unbedingt fordert, wie das Wahre und Schöne ihre besondere Geltung beanspruchen (ethisches Apriori).

Die Geschichte des Sittlichkeitsbegriffes zeigt verschiedene Auffassungen bezüglich des Ursprungs und des Wesens der Sittlichkeit (s. darüber »Ethik«).



Begriff und Definition des Sittlichkeit:


Antike, Scholastik, Neuzeit
Moderne I
Moderne II
Moderne III

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