Natur - Antike
Nach der Sankhya-Philosophie ist die Natur (»prakriti«) der Urgrund aller Dinge, unerschaffen, ewig, blind wirkend, im Bunde mit der Vernunft. PLATO spricht von der physis im Sinne der dynamis tou poiein ê paschein (Phaedr. 270 D u. ö.), auch in der Bedeutung von ousia (Gorg. 465 A u. ö.). ARISTOTELES versteht unter der physis das (innere) Prinzip der Veränderung (Phys. III 1, 200b 12), auch den Inbegriff des Seienden, insbesondere aber bald die hylê (Materie, s. d.), bald die morphê (Form, s. d.), so daß es eine zwiefache Natur physis dittê gibt (l.c. II 8, 199a 30). Physis legetai hena men tropon hê tôn phyomenôn genesis... hena de ex hou phyetai prôton to phyomenon enyparchontos. eti hothen hê kinêsis hê prôtê en hekastô tôn physei ontôn en autô hê auto hyparchei... eti de physis legetai ex hou prôtou ê estin ê gignetai ti tôn mê physei ontôn... eti d' allon tropon legetai hê physis hê tôn physei ontôn ousia... metaphora d' êdê kai holôs pasa ousia physis legetai dia tautên, hoti kai hê physis ousia tis estin. ek dê tôn eiromenôn hê prôtê physis kai kyriôs legomenê estin hê ousia hê tôn echontôn archên kinêseôs en hautois hê auta (Met. V 4, 1014b 16 squ.). Hena men oun tropon houtôs hê physis legetai, hê prôtê hekastô hypokeimenê hylê tôn echontôn en hautois archên kinêseôs kai metabolês, allon de tropon hê morphê kai to eidos to kata ton logon (Phys. II 1, 193a 28 squ.). hê physis dittê, hê men hôs hylê hê d' hôs morphê (l.c. II 8, 199a 30). Als hylê ist die Natur die Quelle der mechanisch- blinden Notwendigkeit en gar hylê to anankaion l.c. II 9, 200 a 14). Die Natur ist auch die Totalität der körperlichen, bewegten Objekte (vgl. De coel. I, 1). - STRATO erhebt die Natur zum göttlichen Allwesen: »Strato... qui omnem vim divinam in natura sitam esse censet, quae causas gignendi, augendi, minuendi habet, sed careat omni sensu et figura« (Cicero, De nat. deor. I, 35). Identisch sind Natur und Gottheit (wie bei HERAKLIT) bei den Stoikern. Die Natur ist das Pneuma (s. d.), der causal- zweckmäßig wirkende Kraftstoff in allem, als Einheit gedacht. Dokei d' autois tên men physin einai pyr technikon, hodô badizon eis genesin, hoper esti pneuma pyroeides kai technoeides (Diog. L. VII 1, 156). Physin de pote men apophainontai tên synechousan ton kosmon, pote de tên phyousan ta epi gês. esti de physis hexis ex hautês kinoumenê kata spermatikous logous apotelousa te kai synechousa ta ex hautês en horismenois chronois kai toiauta drôsa aph' hoiôn apekrithê (l.c. VII 1, 148). »Zeno igitur naturam ita definit, ut eam dicat ignem esse artificiosum ad gignendum progrediente via« (CICERO, De nat. deor. II, 57). »Natura est igitur, quae contineat mundum omnem eumque tueatur, et ea quidem non sine sensu atque ratione« (l.c. II, 29). SENECA sieht in der Natur die wahre Gottheit (Ep. 31). Die Epikureer lösen die Natur in eine Summe von Atomen (s. d.) auf (vgl. LUCREZ, De rer. nat.). - Einen geringen Wert hat die Natur für die Neuplatoniker (s. d.), sie ist bloß eine Emanation (s. d.) des göttlichen Einen (s. d.), nur ein autopon agalma ein sich selbst sehendes Bild, aber ohne Wissen (oude oide, monon de poiei PLOTIN, Enn. IV, 4, 13). Die Natur ist nach PLOTIN das, was von der Weltseele (s. d.) in die Materie einstrahlt, die »zweite Seele«, gennêma psychês proteras dynatôteros zôsês (Enn. III, 8, 3). JAMBLICH nennt Natur tên achôriston tou kosmou kai achôristôs periechousan tas holas aitias tês geneseôs hosa chôristôs hai kreittones ousiai kai diakosmêseis syneilêphasin en eautais (Stob. Ecl. I 5, 186). Nach PROKLUS ist die Natur alogisch (aloga PSEUDO-HERMES (»Trismegistos«) bestimmt: hê gar physis tou pantos tô panti parechei kinêseis, mian men tên kata dynamin autês, heteran de tên kat' energeian. kai hê men diêkei dia tou sympantos kosmou kai entos synechei, hê de parêkei kai ektos periechei, kai dia pantôn pephoitêkasi koinê. kai hê physis pantôn phyousa ta gignomena phyên parechei tois phyomenois, speirousa men ta heautês spermata, geneseis echousa de' hylên kinêtên (Stob. Ecl. I 35, 740 squ.). - Nach PHILOPONUS, SIMPLICIUS u. a. ist die Natur ein pragma alogon - BOËTHIUS definiert: »Natura est earum rerunc quae cum sint quoquo modo intellectu capi possunt« (De duab. natur. C. 1).