Logik. - Gehaltslogik

Als Reaktion gegen den logischen Formalismus tritt eine metaphysische, ontologische (s. d.) Gehaltslogik auf, welche Denk- und Seinsformen identifiziert, das Sein aus dem Denken, aus logischen Prozessen ableiten will. Die Logik wird zugleich Erkenntnistheorie und Metaphysik. So schon bei J. G. FICHTE, in dessen »Wissenschaftslehre« (s. d.). Die »gemeine Logik« ist keine wahre Wissenschaft (Nachgelass. WW. I). Die allgemeine Logik muß, aus der Wissenschaftslehre deduziert werden, setzt das Erkennen voraus (Üb. d. Begr. d. Wissenschaftsl. 1794, S. 45 ff.; Gr. d. g. Wissensch. S. 2 ff., 208, 282). Ähnlich SCHELLING (Syst. d. tr. Ideal. S. 35 ff.; Vorles. üb. d. Meth. d. akad. Stud. S. 122 ff.). Ferner MEHMEL (Vers. ein. analyt. Denklehre 1803), KLEIN (Verstandeslehre 1810, S. 20), THANNER (Lehrb. d. Log. 1807), TROXLER: Die Logik ist eine »selbständige Wissenschaft, durch die der menschliche Geist und die Denkkraft zur Selbsterkenntnis ihrer ursprünglichen Vermögen und ihrer naturgemäßen Wirksamkeit geführt wird« (Log. 1829, I, 133, CHR. KRAUSE, welcher »historische« (empirische), kritische und transzendentale (philosophische) Logik unterscheidet (Gr. d histor. Log. 1803, § 11 ff.). Logik ist »das organische Ganze der Erkenntnis von dem Erkennen - Erkenntniswissenschaft« (Log. S. 1), LINDEMANN (Die Denkkunde 1846), TIBERGHIEN (Logique 1865). F. BAADER unterscheidet »theosophische« und »anthroposophische« Logik, Wissenschaft des unendlichen und des endlichen Denkens. Die Logik ist »Sprach- und Denklehre«, »die Formierungslehre oder die Lehre vom Logos als Formator durch seinen Geist« (WW. I, 315). Ähnlich FR. HOFFMANN (Gr. d. allg. rein. Log. 2. A., 1855), SCHADEN (Syst. d. posit. Log. 1841). - HEGEL betrachtet die Logik als Grundwissenschaft, als System des reinen Gedankens, der Wahrheit an sich, der Einheit von Subjektivem und Objektivem, Denken und Sein; das Sein selbst ist »Begriff« (H. d.). Sie zerfällt in die objektive (Logik des Seins) und subjektive (Logik des Begriffs). Sie ist, als Dialektik (s. d.), Metaphysik. Sie enthält den »Gedanken, insofern er ebenso sehr die Sache an sich selbst ist« (Log. I, 35 f.). Sie ist insofern die »Darstellung Gottes, wie er in seinem ewigen Wesen, vor der Erschaffung der Natur und eines endlichen Geistes ist« (l. c S. 36), die »Wissenschaft der absoluten Form«, die »reine Idee der Wahrheit selbst« (l.c. III, 27), die »Wissenschaft der reinen Idee, das ist die Idee im abstrakten Elemente des Denkens« (Encykl. § 19). Sie ist eins mit der Metaphysik, »der Wissenschaft der Dinge in Gedanken gefaßt, welche dafür galten, die Wesenheiten der Dinge auszudrücken« (l.c. § 24). Die Logik zerfällt in die »Lehre vom Sein«, »Lehre vom Wesen«, »Lehre von dem Begriffe und der Idee« (l.c. § 83). Die gemeine »Verstandes-Logik« ist nur »eine Historie von mancherlei zusammengestellten Gedankenbestimmungen, die in ihrer Endlichkeit als etwas Unendliches gelten« (l.c. § 82). Hierher gehören auch HINRICH (Grundlin. der Philos. d. Log. 1826), GABLER, ERDMANN (Gr. d. Log. u. Met. 1841), WEISSENBORN (Log. u. Met. 1850), K. ROSENKRANZ (Wissensch. d. log. Idee 1858), welcher die subjektive Logik von der (objektiven) Ideologie (s. d.) unterscheidet, K. FISCHER (Syst. d. Log. u. Met. 1852 - 65) u. a. Die formalistische Logik erneuert HERBART. Sie dient der Verdeutlichung der Begriffe (Hauptpunkte d. Log. 1808), ist eine normative Wissenschaft, hat es nur »mit Verhältnissen des Gedachten, des Inhaltes unserer Vorstellungen« zu tun (Psychol. als Wissensch. II, § 119). Sie beschäftigt sich »nicht mit dem Actus des Vorstellens..., sondern bloß mit dem, was vorgestellt wird« (Hauptp. d. Log. S. 103). »In der Logik ist es notwendig, alles Psychologische zu ignorieren, weil hier lediglich diejenigen Formen der möglichen Verknüpfung des Gedachten sollen nachgewiesen werden, welche das Gedachte selbst nach seiner Beschaffenheit zuläßt« (Lehrb. zur Einl. in d. Philos. § 35; vgl. Encykl. d. Philos. S. 1, 241 ff.). Nach DROBISCH ist Aufgabe der Logik die Feststellung der »Normalgesetze« unseres Denkens (N. Darstell. d. Log. S. XVII). Hierher gehören ferner WAITZ, STRÜMPELL, ALLIHN (Antibarbarus logicus 1850), R. ZIMMERMANN (Gr. d. Log. 1860), LINDNER (Lehrb. d. formal. Log. 1861), DRBAL, VOLKMANN: »Die Aufgabe der Logik besteht in der Darstellung jener Gesetze, denen das Denken seine Richtigkeit in formaler Beziehung verdankt« (Lehrb. d. Psychol. I4, 52). - Nach WHATELY ist die Logik eine Wissenschaft vom Schließen (Elem. of Log., Introd.), nach W. HAMILTON »the science of the laws of thought as thought« (Lect. on Met. and Log. III, p. 4). - Dagegen hat die Logik von J. ST. MILL einen erkenntnistheoretischen Charakter. Sie ist »die Wissenschaft von den Verstandesoperationen, welche zur Schätzung der Evidenz dienen« (Syst. d. Log. I, 12). Sie muß die psychologischen Bedingungen des Denkens berücksichtigen (Exam.5, p. 461). Zum Teile ist sie (induktive) Methodenlehre (s. d.). So auch die Logik von JEVONS (Princ. of Science2, 1877). Er behandelt auch den logischen »Algorithmus«, die mathematisch formulierte Logik (Pure Logic 1864). So auch BOOLE, PEIRCE, MC COLL, SCHRÖDER, DELBOEUF (Log. algorim.), WUNDT (s. unten) u. a.

Zwischen formalistischer und (ontologischer, spekulativer) Gehalts-Logik wird in verschiedener Weise vermittelt. Anstatt der Identität (s. d.) von Denken und Sein wird nur ein Parallelismus (s. d.) oder eine Korrelation zwischen beiden statuiert. So bei SCHLEIERMACHER, nach welchem Logik und Metaphysik zur Dialektik (s. d.) vereinigt werden müssen (Dial. § 16). Vermittelnd lehren ferner H. RITTER (Syst. d. Log. u. Met. 1856), BRANISS, CHALYBAEUS, BENEKE (Syst. d. Log. I, 5, 26 ff.), nach welchem die Logik auf der Psychologie fußt (Neue Psychol. S. 94; Pragmat. Psychol. II, 184 f; Lehrb. d. Psychol.3, § 125), TRENDELENBURG (Log. Untersuch.), HILLEBRAND, nach welchem die Logik »Theorie der Wissenschaft«, Wissenschaft des Begriffes schlechthin ist (Philos. d. Geist. II, 7 ff.), BOLZANO, der die Unabhängigkeit der Logik von der Psychologie, die Notwendigkeit der Abstraktion von den subjektiven Denkfunktionen betont (Wissenschaftelehre), W. ROSENKRANTZ (Wissensch. d. Wiss. I, 123 f., 129; II, 73 f.), ULRICI (Syst. d. Log.), HARMS, der die Logik als Wissenschaft vom (formalen) Wissen bestimmt (Log. S. 38). Nach V. COUSIN ist die Logik »l'examen de la valeur et de la légitimité de nos divers moyens de connaître« (Du vrai p. 34). Nach HAGEMANN ist die Logik »die Wissenschaft von den Gesetzen des Denkens und der dadurch bedingten Richtigkeit der Gedankenformen«. Sie ist formal, aber nicht formalistisch (Log. u. Noet.5, S. 12), bedarf nicht der Psychologie (l.c. S. 14), ist auch nicht mit der Grammatik zu identifizieren (l.c. S. 14). Scholasticierend sind die logischen Lehrbücher von ROTHENFLUE, LIBERATORE, TONGIORGI, SANSEVERINO, STÖCKL, COMMER, BALMES, GRATRY u. a.


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