Zum Hauptinhalt springen

Lied des Holzhackers

(Die verhängnisvolle Faschingsnacht)

Unser G’schäft ist zwar grob, doch von viel feine Leut’
Wird der Holzhacker oft um seine Arbeit beneid’t.
Zehn Fräulein kommen in a G’wölb’ und suchen was aus,
Lassen alles sich zeigen, kaufen nix, gehn wieder ’naus,
Da brummt dann der Kaufmann, in Resteln vergraben:
»Lieber holzhacken, als solche Kundschaften haben!«

Manches Fräulein rast um auf’m Klavier, ja, das geht
Net viel anderster, als wenn ’s ein Holzhacker tat.
Der Lehrer sagt immer: »Ich bitt’, nur Gefühl!«
Doch d’ Mama sagt: »Meine Tochter kann spiel’n, wie sie will.«
Da seufzt der Klaviermeister oft nebenher:
»Lieber holzhacken, als Lektion geben bei der!«

A Putzgretel, die schon vor etliche Jahr’
Majorenn, notabene zum zweitenmal war,
Alle Tag’ ihr’n Friseur bis aufs Blut fast sekkiert,
Weil d’ Frisur nie so g’rat’, daß ihr G’sicht reizend wird.
Da tut der Friseur oft im Still’n räsonieren:
»Lieber holzhacken, als so a Urschel frisieren!«

Im Operntheater geht’s zu wie verruckt.
Da is g’hupft wie gesprungen, gesungen wie gespuckt.
Man schlägt sich, verträgt sich und kriegt es nicht dick
Und der tägliche Mißton der macht die Musik.
Da denkt man, es müßt’ einer aufstehn und schrein:
»Lieber holzhacken, als Dirigent hier zu sein!«

Vor Hochschulen drängen sich heute in Massen
Studenten, um keinen hineinzulassen.
Weh, wenn sie da wen beim Studieren ertappen —
Ein Kopfstück für einen Kopf unter Kappen!
Und was hört man heraus, wenn sie so krawallieren?
»Lieber holzhacken, als auf der Hochschul’ studieren!«

Der Adel, der hat zwar den Adel verloren,
Doch umso echter beweist er, wozu er geboren.
Ein Adel, so alt wie die Welfen und Staufen,
Verpflichtet zum Schimpfen und Raufen und Saufen.
Ein Holzhacker, der ein Gefühl hat für Ehr’,
Der möcht’ nicht, daß er Mitglied vom Jockeiklub wär’!

Einen Weltkrieg zu führen, das ist nicht so leicht,
Und mit Wilhelm dem Zweiten, da war’s nicht erreicht.
Das Ende war dornig, die Krone verlor’n,
Und so lebt man halt jetzt auf ein’ Landgut in Doorn.
Und da kann man höchstens ein Selbstgespräch führen:
»Lieber holzhacken, als noch ein’ Weltkrieg verlieren!«

Das Holzhacken ist ein bescheidenes Brot,
Und besser lebt sich’s als Lump und Idiot.
Das Holz dient der Menschheit zu Nutz und zur Zier,
Und allerdings auch zu Zeitungspapier.
Doch darin stimmt alles stolz überein:
»Lieber Holzhacker, als bei der Presse zu sein!«

Ein Holzhacker hat es mit Klötzen zu tun.
Ist die Arbeit getan, nachher kann er auch ruhn.
Doch sagt wer die Wahrheit und hofft durchzudringen,
Das kann mit dem gröbsten Keil nicht gelingen.
Er denkt: »’s ist ein Gfrett und es freut halt nicht jeden —
Lieber holzhacken, als wie mit Klötzen zu reden!«