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315. (Sich) Beugen¹⁾. (Sich) Bücken²⁾. (Sich) Neigen³⁾.

1) To bow down.
2) Bow, stoop down.
3) Incline, make a courtesy.
1) Se courber.
2) Se baisser.
3) S’incliner (faire la révérence).
1) Piegarsi.
2) Chinarsi.
3) Inichinarsi (riverire).

Sich bücken bedeutet bloß die äußere körperliche Handlung und kann auch andere Ursachen haben, als das Gefühl der Ehrfurcht und Hochachtung. Wir bücken uns, um etwas aufzuheben; wir bücken uns, um in einer niedrigen Tür nicht mit dem Kopfe anzustoßen. Sich beugen soll das Gefühl der Ehrfurcht und Hochachtung ausdrücken; denn es wird auch von dem Innern gesagt. Ein hoher Sinn beugt sich nicht immer vor dem Gewaltigen, vor dem er sich bücken muß. Oft weist sich bücken auch auf eine falsche, unwürdige, knechtische Furcht hin, z. B. „Diese Felsen bücken ihre Häupter nicht | vor seinem Hute.“ Schiller, Tell IV, 1. Sich beugen ist edler, als sich bücken. Sich neigen drückt nicht, wie sich beugen, schuldige Ehrfurcht, sondern freie Ergebenheit, Wohlwollen, Freundschaft aus. Eben darum ist es ohne Zweifel auch das Zeichen der Achtung, dessen sich das weibliche Geschlecht bedient, da es nicht Ehrfurcht, sondern Wohlwollen ausdrücken soll. „Neigte das blühende Mädchen sich hold und lud die Gesellschaft.“ Voß, Luise I, 580 [Reclam]. Die Mutter, welche ihre Tochter will einen Knicks machen lehren, sagt zu ihr: „Neige dich! da haben wir’s, das fehlt. Nun sieh! so neigt man sich.“ J. E. Schlegel. Neigen drückt auch das Herabneigen des Höheren zum Niederen aus, die Huld und Gnade des Helfenden, z. B. „Ach neige, du Schmerzenreiche, dein Antlitz gnädig meiner Not.“ Goethe, Faust I. In naturalistisch kräftiger Sprache kann dafür auch stehen: „Beuge dich herab zu mir!"