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Der Einsiedler redet

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Der Einsiedler redet. — Die Kunst, mit Menschen umzugehen, beruht wesentlich auf der Geschicklichkeit (die eine lange Übung voraussetzt), eine Mahlzeit anzunehmen, einzunehmen, zu deren Küche man kein Vertrauen hat. Gesetzt, dass man mit einem Wolfshunger zu Tisch kommt, geht Alles leicht („die schlechteste Gesellschaft lässt dich fühlen —“, wie Mephistopheles sagt); aber man hat ihn nicht, diesen Wolfshunger, wenn man ihn braucht! Ah, wie schwer sind die Mitmenschen zu verdauen! Erstes Prinzip: wie bei einem Unglücke seinen Mut einsetzen, tapfer zugreifen, sich selbst dabei bewundern, seinen Widerwillen zwischen die Zähne nehmen, seinen Ekel hinunter stopfen. Zweites Prinzip: seinen Mitmenschen „verbessern“, zum Beispiel durch ein Lob, so dass er sein Glück über sich selbst auszuschwitzen beginnt; oder einen Zipfel von seinen guten oder „interessanten“ Eigenschaften fassen und daran ziehn, bis man die ganze Tugend heraus hat und den Mitmenschen in deren Falten unterstecken kann. Drittes Prinzip: Selbsthypnotisierung. Sein Verkehrs-Objekt wie einen gläsernen Knopf fixieren, bis man aufhört, Lust und Unlust dabei zu empfinden, und unbemerkt einschläft, starr wird, Haltung bekommt: ein Hausmittel aus der Ehe und Freundschaft, reichlich erprobt, als unentbehrlich gepriesen, aber wissenschaftlich noch nicht formuliert. Sein populärer Name ist — Geduld. —