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Die Verschönerung der Wissenschaft

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Die Verschönerung der Wissenschaft. — Wie die Rococo-Gartenkunst entstand, aus dem Gefühl „die Natur ist hässlich, wild, langweilig, — auf! wir wollen sie verschönern (embellir la nature)!“ — so entsteht aus dem Gefühl „die Wissenschaft ist hässlich, trocken, trostlos, schwierig, langwierig, — auf! lasst uns sie verschönern!“ immer wieder Etwas, das sich die Philosophie nennt. Sie will, was alle Künste und Dichtungen wollen, — vor Allem unterhalten: sie will dies aber, gemäß ihrem ererbten Stolze, in einer erhabeneren und höheren Art, vor einer Auswahl von Geistern. Für diese eine Gartenkunst zu schaffen, deren Hauptreiz wie bei jener „gemeineren“ die Täuschung der Augen ist (durch Tempel, Fernblicke, Grotten, Irrpfade, Wasserfälle, um im Gleichnisse zu reden), die Wissenschaft in einem Auszuge und mit allerlei wunderbaren und plötzlichen Beleuchtungen vorzuführen und so viel Unbestimmtheit, Unvernunft und Träumerei in sie einzumischen, dass man in ihr „wie in der wilden Natur“ und doch ohne Mühsal und Langeweile wandeln könne, — das ist kein geringer Ehrgeiz: wer ihn hat, träumt sogar davon, auf diese Art die Religion entbehrlich zu machen, welche bei den früheren Menschen die höchste Gattung von Unterhaltungskunst abgegeben hat. — Dies geht nun seinen Gang und erreicht eines Tages seine hohe Flut: jetzt schon beginnen die Gegenstimmen gegen die Philosophie laut zu werden, welche rufen „Rückkehr zur Wissenschaft! Zur Natur und Natürlichkeit der Wissenschaft!“ — womit vielleicht ein Zeitalter anhebt, das die mächtigste Schönheit gerade in den „wilden, hässlichen“ Teilen der Wissenschaft entdeckt, wie man seit Rousseau erst den Sinn für die Schönheit des Hochgebirges und der Wüste entdeckt hat.