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Die Schauspieler der Tugend und der Sünde

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Die Schauspieler der Tugend und der Sünde. — Unter den Männern des Altertums, welche durch ihre Tugend berühmt wurden, gab es, wie es scheint, eine Un- und Überzahl von solchen, die vor sich selber schauspielerten: namentlich werden die Griechen, als eingefleischte Schauspieler, dies eben ganz unwillkürlich getan und für gut befunden haben. Dazu war Jeder mit seiner Tugend im Wettstreit mit der Tugend eines Andern oder aller Anderen: wie sollte man nicht alle Künste aufgewendet haben, um seine Tugend zur Schau zu bringen, vor Allem vor sich selber, schon um der Übung willen! Was nützte eine Tugend, die man nicht zeigen konnte oder die sich nicht zu zeigen verstand! — Diesen Schauspielern der Tugend tat das Christentum Einhalt: dafür erfand es das widerliche Prunken und Paradieren mit der Sünde, es brachte die erlogene Sündhaftigkeit in die Welt (bis zum heutigen Tage gilt sie als „guter Ton“ unter guten Christen).