Zum Hauptinhalt springen

Worte Bewegungserinnerungen

Das Verstehen der eigenen Worte wird durch die Lehre, daß sie immer Bewegungserinnerungen seien, nicht gefördert. Was Stricker darüber sagt, ist falsch. Es scheint mir einerlei, ob die Erinnerungen an Sinneseindrücke, an Schallbilder oder an Artikulationsbewegungen assoziiert sind. Das aber ist mir gewiß, daß das Schemenhafte unserer abstrakten Worte noch drastischer wird, wenn wir bedenken, daß eine Bewegung ihr Kern ist. Es ist nicht wahr, daß bei dem Wort "Pferd" immer eine Vorstellung dieses Tieres vor uns tritt. Wir gebrauchen die Worte für gewöhnlich ohne diese Kontrolle, auf Treu und Glauben, wirklich wie die landesübliche Währung. Aber wohl können wir bei konkreten Worten jedesmal die Barzahlung der Vorstellung verlangen und erlangen. Abstrakte Worte spotten der Kontrolle; sie sind die großen Papiernoten eines bankerotten Staates. "Pferd" sage ich erst, wenn ich sprechen will; in der Wirklichkeitswelt kann ich schon darauf reiten, ohne zu denken, ohne "Pferd" zu sagen.

Auch die Gesten sind Bewegungserinnerungen. Sie fallen nach dieser Lehre gar nicht so sehr aus der Sprache heraus.

Es ist nach dieser Lehre leicht begreiflich, daß Assoziationen von Wörtern am leichtesten durch das Gehör (und seine Übung), weniger leicht durch das Gesicht, am schwierigsten durch die eigentlich sogenannten Assoziationen, durch innere Anregungen ausgelöst werden. Für das Wesen der Assoziation ist freilich nicht viel damit gewonnen; aber vielleicht dadurch, daß ich bemerke, jedes Denken oder Sprechen sei immer etwas modifiziertes, lautes oder stilles Rezitieren.