Handlung (Aktion) ist eine zweckvolle Betätigung, die Ausführung einer Willensintention, auch der Erfolg einer solchen; sie besteht in einer Reihe von Momenten, die psychologisch als Gefühle, Vorstellungen, Spannungsempfindungen sich darstellen. Zu unterscheiden sind äußere Handlung, die eine Veränderung in der Außenwelt durch Bewegung erzeugt, und innere Handlung, die nur das geistige Leben des Ich modifiziert. In der Impulsivität oder Motivation (s. d.) der Handlungen bekundet sich deren Willenscharakter.
Nach ARISTOTELES ist die Handlung eine in sich vollendete Tätigkeit. Sie ist praxis, praktisches Tun, oder poiêsis, technisch-künstlerisches Schaffen (Eth. Nic. VI 4, 1104 a 4; VI 4, 1140 b 4 squ; IX 7, 1168 a 7).
HUME sieht in den Gefühlen der Lust und Unlust die Haupttriebfedern unserer Handlungen (Treat. III, sct. 10) Nach PLATNER ist eine Handlung »eine Reihe von Tätigkeiten, mittelbar gerichtet auf einen entfernteren Endzweck« (Philos. Aphor. II, § 485). Nach G. E. SCHULZE ist eine Handlung jede freie Wirksamkeit unserer Kräfte (Anthropol. S. 425). KRUG: »Handeln im weiteren Sinne heißt oft auch so viel als tätig sein oder wirken überhaupt, im engeren Sinne aber bedeutet es das Verwirklichen eines bestimmten Zweckes« (Handb. d. Philos. I, 56). - Aus praeempirischen Handlungen des Ich (s. d.) leitet J. G. FICHTE die Außenwelt ab. SCHELLING betont: »Was uns als ein Handeln auf die Außenwelt erscheint, ist idealistisch angesehen nichts anderes als ein fortgesetztes Anschauen« (Syst. d. transc. Ideal. S. 380). Den scholastischen Satz: »Operari sequitur esse«, das Handeln wird durch das Sein bestimmt, macht sich SCHOPENHAUER zu eigen (s. Charakter). Nach SUABEDISSEN ist jede Willenstätigkeit eine »Handlung«. Im engeren Sinne ist Handlung »eine nach außen vortretende Willenserweisung« (Grdz. d. Lehre von d. Mensch. S. 140). BENEKE leitet das Handeln aus »unerfüllten« Urvermögen, »Strebungen« ab. Indem diese »noch beweglich sind, so können sie von den Begehrungen und Wollungen her auf anderes, mit diesen in Verbindung Stehendes, übertragen werden; und vermöge dieser Übertragung wird das Handeln gewirkt. Durch ihr Hinüberkommen werden gewisse Angelegtheiten... in eigertümlicher Weise ausgebildet oder zur Erregtheit gebracht« (Neue Psychol. S. 213 ff.). Es gibt »inneres« und »äußeres Handeln« (Lehrb. d. Psychol.3, § 205 ff., 210; Psychol. Skizz. I, 410 ff.).
VOLKMANN versteht unter Handlung das »realisierte Wollen«. »Die Handlung ist... eine äußere oder innere (actio transiens vel immanens), je nachdem die Veränderung, in der das Wollen sich realisiert, in die Außen- oder in die Innenwelt fällt« (Lehrb. d. Psychol. II4, 460). Nach HÖFFDING ist die Handlung die Ausstrahlung des inneren Wesens des Ich (Psychol. S. 451). Nach WUNDT besteht die äußere Handlung in der »Apperzeption einer Bewegungsvorstellung«. Die äußeren Handlungen sind Folgezustände von Apperzeptionen, von inneren Willenshandlungen (s. d.), Endmomente von Affekten (s. d.) (Eth.2, S. 443; Gr. d. Psychol. S. 215 ff.). ZIEHEN definiert: »Aktionen oder Handlungen (bewußte, willkürliche oder Willenshandlungen): auf einen oder mehrere Reize erfolgt eine meist zweckmäßige, durch intercurrierende Reize und durch Erinnerungsvorstellungen in ihrem Ablauf modifizierte Bewegung mit psychischem Parallelvorgang« (Leitfad. d. physiol. Psychol.2, S. 22). Zu unterscheiden sind Trieb-, intellektuelle und Affecthandlungen (l.c. S. 199). Ähnlich MÜNSTERBERG (Die Willenshandl. 1888) u. a. Nach KREIBIG ist »Handlung« »die in die Außenwelt tretende Wirkung des Willens, welche als Bewegung oder Bewegungshemmung gegeben ist« (Werttheor. S. 73). H. CORNELIUS versteht unter Handlung »eine Änderung, soweit sie durch eine Mitwirkung unserer Persönlichkeit bedingt ist« (Psycholog. S. 387). Nach EHRENFELS ist die Handlung »ein Akt des Strebens oder Wollens, durch welchen beabsichtigte Wirkungen hervorgerufen werden«. Als Absicht kann »jedes einzelne Glied aus der ganzen vorgestellten Kausalkette von dem Strebens- oder Willensakt bis inclusive zum begehrten Zweck herausgehoben werden« (Syst. d. Werttheor. II, 16). Vgl. Willenshandlung, Aktion, Tätigkeit.